Unmut über Edathy-Urteil fährt durch NRW
Kamener Unternehmen
Kinderpornos besitzen, und dann wird das Verfahren gegen 5000 Euro eingestellt – darf das sein? Das Prozessende im Fall Edathy sorgt seit Tagen im Internet für Unverständnis und Wut. Ein Spruch wurde Tausende Male in sozialen Netzwerken geteilt – nun fährt er sogar auf einem Lastwagen durch die Lande. Wir sprachen mit der Unternehmerin.
"Da kann E...y ja froh sein, dass er nur Kinderpornos heruntergeladen hat und keine Musik. Sonst hätten sie ihn ja richtig drangekriegt!" In großen roten Buchstaben dahinter: "Schämt euch was".
Zwischen Sauerland und Niederrhein
Zu sehen sein wird der Spruch ab heute großflächig auf einem LKW-Auflieger, meist auf den Strecken zwischen Sauerland und Niederrhein. Er gehört dem Kamener Baustoffgroßhandel Stegemöller. "Wir wollten sowieso was zum Thema Kindesmissbrauch machen. Und das Thema Edathy ist so durch die Presse gegangen, da haben wir uns auf den Zug gesetzt", sagt Geschäftsführein Nadine Stegemöller. Nun haben sie zwei Auflieger in Anspielung auf Edathy bedruckt.
Die Reaktionen seit dem Wochenende, seit ein Foto im Netz auftauchte? "Durchweg positiv" und gewaltig, so Stegemöller: "Ich bin geplättet." Dem Vorwurf, das Unternehmen mache mit der Aussage Werbung, entgegnet sie mit langjährigem Engagement.
"Innocence in Danger"
Mit zwei Aufliegern unterstützten Stegemöllers schon vor zwei Jahren die Kinderschutzinitiative "Innocence in Danger", im letzten Jahr warb ein LKW für den Dortmunder Verein "Kinderlachen". Andere Anhänger protestieren gegen Pelztragen, mit weiteren unterstreichen Stegemöllers ihre Liebe zum BVB.
1200 bis 1500 Euro kostet die Beschriftung jeweils. "Daumen hoch", loben viele im Netz. Sie trifft auf eine Stimmung. Eine Online-Petition gegen das Edathy-Urteil fand bislang rund 200.000 Unterstützer.
Einstellung vor deutschen Gerichten üblich
Zur Erinnerung: Das Landgericht Verden hatte das Verfahren gegen den Ex-Bundestagsabgeordneten wegen des Verdachts des Besitzes von kinderpornografischen Videos und Bildern gegen eine Geldauflage von 5000 Euro eingestellt. Ein heikles Thema sei das, so Nadine Stegemöller. "In dieser Richtung dürfte das durch eine Geldzahlung nicht eingestellt werden."
Gericht und Staatsanwaltschaft hatten die Schuld offenbar als geringfügig eingeschätzt. Die Einstellung des Verfahrens, so sind sich Rechtsexperten einig, sei dann vor deutschen Gerichten üblich.
"Schuster bleib bei deinen Leisten"
Ist das Urteil also ungerecht? Ist das Gesetz zur Kinderpornografie zu lasch? "Mir steht das nicht zu, das zu beurteilen", so Stegemöller. Dazu habe sie zu wenig juristisches Wissen, sagt die 34-Jährige: "Schuster bleib bei deinen Leisten."
7. Februar 2014: Edathy legt überraschend sein Bundestagsmandat nieder und gibt dafür gesundheitliche Gründe an.
10. Februar: Wohnungen und Büros von Edathy werden durchsucht, es fällt erstmals das Wort Kinderpornografie.
2. Juli: Ein Bundestags-Untersuchungsausschuss zur Affäre startet. Er soll klären, ob Edathy frühzeitig informiert worden ist.
17. Juli: Die Staatsanwaltschaft Hannover erhebt Anklage wegen Besitzes von Kinderpornografie.
18. Dezember: Edathy wird als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages befragt.
23. Februar 2015: Am Landgericht Verden beginnt der Prozess gegen Edathy.
2. März: Das Gericht stellt das Verfahren gegen Zahlung von 5000 Euro ein. In einer Erklärung räumt Edathy die Anklagevorwürfe ein.