Der Kreml hat die Berichte über eine angeblich pro-ukrainische Gruppierung hinter den Anschlägen auf die Nord-Stream-Gaspipelines unglaubwürdig genannt. „Was den pro-ukrainischen „Doktor Evil“ betrifft, der das alles organisiert haben soll, so ist das schwer zu glauben“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Solch eine Aufgabe könnten nur wenige Geheimdienste bewerkstelligen, fügte er hinzu.
Ende September kam es zu Explosionen unter Wasser an der Ostseepipeline, die von Russland nach Deutschland führt. Dabei wurden beide Stränge der Pipeline Nord Stream 1 und ein Strang von Nord Stream 2 leck geschlagen. Ermittlern zufolge ist ein Sabotageakt für die Explosion verantwortlich. ARD, SWR und die „Zeit“ hatten zuletzt darüber berichtet, dass eine aus sechs Personen bestehende Gruppierung ein Schiff angemietet und wohl darauf den Sprengstoff zu den Pipelines in der Ostsee befördert habe. Zwei der Personen hätten ukrainische Pässe. Eine Verbindung zu staatlichen Stellen lasse sich aber nicht herstellen.
Vorwurf gegen die USA
Peskow erneuerte vielmehr den Vorwurf gegenüber den USA und Großbritannien. „Sie sehen, dass die Angelsachsen, über die wir von Anfang an geredet haben, geschäftig werden. Sie haben viele Unannehmlichkeiten in den Beziehungen mit den Deutschen wegen des Terroranschlags, das ist offensichtlich“, sagte Peskow.
Auch Außenminister Sergej Lawrow zog die Theorie in Zweifel. Es sei „peinlich“, dass die „unter Kontrolle stehenden westlichen Medien“ versuchten, die Schuld von eigenen Geheimdiensten auf einen ukrainischen Oligarchen abzuwälzen.
Kremlchef Wladimir Putin hatte bereits kurz nach dem Anschlag die „Angelsachsen“ - also Briten und Amerikaner - für die Attacke verantwortlich gemacht. Russland, dessen Beziehungen zum Westen vor allem wegen des Kriegs gegen die Ukraine tief zerrüttet sind, gilt jedoch selbst als möglicher Verdächtiger. Immerhin hatte das Land zum Zeitpunkt der Sprengung die Gaslieferungen nach Europa durch die Ostsee bereits eingestellt.
Bundestags-Gremium kommt zusammen
In Berlin befasst sich das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages am Freitag mit den Ermittlungen zum Anschlag auf Nord Stream. Dafür ist eine Sondersitzung angesetzt. Das Gremium, dessen Aufgabe die Kontrolle der Geheimdienste ist, tagt wie üblich geheim. Dem Vernehmen nach wurden die Mitglieder bislang nicht über Erkenntnisse der Bundesanwaltschaft zu einer Jacht informiert, die möglicherweise für den Sprengstoffanschlag im vergangenen September gemietet worden war.
Der Betreiber eines Hafens in Wiek auf der Ostsee-Insel Rügen ist nach eigener Aussage im Januar von Ermittlern des Bundes befragt worden - möglicherweise im Zusammenhang mit dem Angriff auf die Nord-Stream-Pipelines. Es sei um Schiffsankünfte im September vergangenen Jahres gegangen, sagte René Redmann, der zu den Betreibern des Jachthafens im Norden der Insel gehört, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Befragt worden seien seine Kollegen, er selbst sei persönlich nicht dabei gewesen. Ein Sprecher des Bundeskriminalamts sagte auf Anfrage, das BKA äußere sich grundsätzlich nicht zu Ermittlungsverfahren, und verwies an den Generalbundesanwalt.
Bundesanwaltschaft bestätigt Durchsuchung eines Schiffs
In den Medienberichten ist unter anderem von Rostock als Startpunkt und einem Aufenthalt in Wieck (Darß) die Rede. Der dortige Hafenmeister Martin Rurik sagte der Deutschen Presse-Agentur allerdings, er sei nicht von Ermittlern befragt worden.
Die Befragungen auf Rügen hingegen erfolgten laut Redmann persönlich, postalisch und telefonisch. „Erkenntnisse, die wir zu diesem Zeitpunkt zu irgendwelchen Ankünften oder Nicht-Ankünften hatten, die haben wir sozusagen dem BKA mitgeteilt und mehr kann ich dazu weiter nicht sagen.“ Zu den Ankünften selbst wollte Redmann keine Angaben machen.
Ebenfalls im Januar hat die Bundesanwaltschaft bei ihren Ermittlungen ein verdächtiges Schiff durchsuchen lassen. Es bestehe der Verdacht, dass es zum Transport von Sprengsätzen verwendet worden sein könnte, die am 26. September 2022 an den Pipelines explodiert waren, hatte eine Sprecherin der Karlsruher Behörde am Mittwoch auf Anfrage mitgeteilt. Die Auswertung der sichergestellten Spuren und Gegenstände dauere an.
dpa
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