TV-Triell: Schlagabtausch bei Klimafrage und Steuererhöhung - Scholz gewinnt Zuschauergunst
Bundestagswahl
Einen heftigen Schlagabtausch gab es beim TV-Triell der Kanzlerkandidaten in Sachen Klimafrage und Steuerpolitik. Am Ende ist Olaf Scholz für die Zuschauer der Sieger des Abends. Ein Überblick.

Streit gab es beim TV-Triell, als es um Klimaschutzmaßnahmen und die Steuerpolitik ging. © picture alliance/dpa
Vier Wochen vor der Bundestagswahl haben sich die drei Kanzlerkandidaten von CDU/CSU, SPD und Grünen einen ersten Schlagabtausch zu allen wichtigen Wahlkampfthemen geliefert. Beim Triell der Sender RTL und ntv diskutierten Armin Laschet, Olaf Scholz und Annalena Baerbock am Sonntagabend konträr über Fragen unter anderem der Außen- und Sicherheitspolitik, der Corona-Strategie, der Bekämpfung des Klimawandels oder der Steuerpolitik. Neben Differenzen wurden dabei auch Gemeinsamkeiten deutlich.
Olaf Scholz gewinnt das Triell in den Umfragen
Am Ende ist Olaf Scholz ist der Sieger des Triells. Das ergab eine aktuelle Zuschauer-Befragung von Forsa im Auftrag von RTL und ntv. Auf die Frage „Wer hat - alles in allem - die TV-Debatte gewonnen?“ antworteten 36 Prozent Olaf Scholz, 30 Prozent Annalena Baerbock und 25 Prozent Armin Laschet. Für keinen der Drei entschieden sich 9 Prozent.
Noch klarer fiel die Entscheidung auf die Frage „Wem trauen Sie am ehesten zu, das Land zu führen?“ aus. Hier votierten 47 Prozent für Olaf Scholz, 24 Prozent für Armin Laschet und 20 Prozent für Annalena Baerbock. Ähnlich das Ergebnis auf die Frage „Wen fanden Sie am sachkundigsten und kompetentesten?“. Hier liegt Olaf Scholz mit 46 Prozent ebenfalls deutlich vor Armin Laschet mit 26 Prozent und Annalena Baerbock mit 24 Prozent.
Das TV-Triell im Video:
Scholz für die Zuschauer am sympathischsten - knapp vor Baerbock
Auch im Hinblick auf Sympathie konnte Olaf Scholz punkten. Auf die Frage „Wen fanden Sie alles in allem am sympathischsten?“ platziert er sich mit 38 Prozent knapp vor Annalena Baerbock (37 %) und Armin Laschet (22 %). Auf die Frage „Wer wirkte auf Sie am glaubwürdigsten?“ entschieden sich ebenfalls mit 36 Prozent eine Mehrheit für den amtierenden Vizekanzler, gefolgt von Annalena Baerbock (32 %) und Armin Laschet (25 %).
Heftiger Schlagabtausch bei der Klimafrage und der sozialen Abfederung von Maßnahmen
Inhaltlich gab es einen besonders heftigen Schlagabtausch bei der Klimafrage. Vor allem zur Frage nach der sozialen Abfederung von Klimaschutzmaßnahmen zeigten sich Unterschiede zwischen Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock und Unionskanzlerkandidat Armin Laschet. Insgesamt warf Baerbock Union und SPD „Nichtstun“ in der Klimapolitik vor und versprach, künftig „keine halben Sachen“ mehr machen zu wollen.
Sie wolle unter anderem den Ausbau erneuerbarer Energien deutlich vorantreiben, den fossilen Verbrenner aufgeben und eine Pflicht durchsetzen, Solarpanele auf Dächern zu installieren, sagte Baerbock. Letzteres habe die Regierungskoalition verhindert. Unionskanzlerkandidat Laschet konterte, indem er der grünen Kandidatin eine Verbotspolitik vorwarf. „Immer neue Verbote“ seien nicht das, was das Land brauche, um ein wettbewerbsfähiger Industriestandort zu bleiben, sagte Laschet. Stattdessen schlug er schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren vor - um etwa den Ausbau von Windenergie voranzutreiben.
SPD-Kandidat Scholz versprach ebenfalls, Bürokratie abbauen und auch Planungssicherheit für die Industrie schaffen zu wollen - etwa beim Strombedarf. Diesen zusätzlichen Strombedarf, den Deutschland brauche, um klimaneutral zu werden, wolle er per Gesetz festlegen, versprach Scholz. Er attackierte Laschet ebenfalls dafür, nicht genug beim Ausbau erneuerbarer Energien getan zu haben.
Baerbock kritisierte vor allem Laschet dafür, eine CO2-Preiskosten-Aufteilung zwischen Mietern und Vermietern verhindert zu haben. Laschet warf der Grünen-Kandidatin im Gegenzug vor, „der Industrie Fesseln anlegen“ zu wollen und stellte das Konzept des grünen Energiegelds in Frage.
Einigkeit bei der Sicherheitspolitik
Nach dem Desaster beim Abzug der Nato aus Afghanistan forderten Laschet, Scholz und Baerbock übereinstimmend eine Stärkung der sicherheitspolitischen Rolle Deutschlands. Laschet bekräftigte seine Forderung nach einem Nationalen Sicherheitsrat, angebunden an das Kanzleramt. „Wir werden unsere Bundeswehr besser ausstatten müssen“, sagte er.
Baerbock warf der Bundesregierung vor, sich in Afghanistan weggeduckt zu haben. „Sie haben innenpolitische Motive über außenpolitische Verantwortung gestellt“, sagte sie. Baerbock kritisierte, dass das Auswärtige Amt nicht schnell genug Visa für Schutzbedürftige ausgestellt habe.
Scholz, dessen Parteifreund Heiko Maas an der Spitze des Auswärtigen Amtes steht, forderte, die internationale Zusammenarbeit zu stärken und auch künftig Bundeswehrsoldaten für Einsätze zum Schutz von Frieden und Sicherheit bereitzustellen. Er nahm für sich in Anspruch, dass mit ihm als Finanzminister der Verteidigungshaushalt über 50 Milliarden Euro gestiegen sei. „Die schlechte Zeit für die Bundeswehr war in der schwarz-gelben Koalition“, sagte Scholz.
Alle drei Kanzlerkandidaten gegen neuen Lockdown
Alle drei Kanzlerkandidaten sprachen sich dafür aus, erneute weitreichende Alltagsbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie zu vermeiden. Scholz sagte, es seien jetzt so viele geimpft, dass man sehr klar sagen könne und müsse: „Es wird keinen neuen Lockdown geben.“ Es gelte aber vorsichtig zu bleiben, etwa mit Masken und Zugang zu Innenräumen nur für Geimpfte, Getestete und Genesene.
Auch Laschet sprach sich dafür aus, alles dafür zu tun, dass es nicht mehr zu einem Lockdown komme. „Ich halte das auch für realistisch.“ Baerbock erklärte: „Stand heute ist es so, dass wir keinen neuen Lockdwon brauchen.“ Alle drei Bewerber um die Nachfolge von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) machten sich auch dafür stark, die Impfquote zu verbessern.
Baerbock schließt Impfpflicht nicht aus
Zwischen den Kandidaten wurden zugleich Unterschiede bei konkreten Krisenmaßnahmen deutlich. Scholz und Laschet lehnten eine mögliche Impfpflicht für bestimmte Berufe wie medizinisches Personal oder Polizisten ab. Baerbock sagte: „Stand heute nein. Aber für die Zukunft sollte man das nicht ausschließen.“
Scholz und Baerbock sprachen sich dafür aus, auch für Fahrten mit Fernzügen einen Nachweis als Geimpfter, Genesener oder negativ Getesteter zu verlangen - die Bundesregierung prüft dies gerade. „Der Wunsch von mir und der Kanzlerin ist, dass es klappen soll“, sagte Scholz. Laschet verwies unter anderem auf rechtliche Bedenken und sagte: „Erst sorgfältig prüfen und dann entscheiden.“
Kinder in der Pandemie
Baerbock forderte, der Bund solle in Notsituationen wie der Corona-Pandemie mehr Verantwortung für Kinder und Familien übernehmen. „Deshalb sollte der Bund in Zukunft zum Beispiel bei der Luftfilterausstattung von Schulen oder bei der Ganztagsbetreuung (...) dauerhaft in die Finanzierung mit einsteigen.“ An die Adresse der amtierenden Koalition von Union und SPD sagte die Grünen-Politikerin: „Eine Politik, die immer sagt, warten wir lieber mal ab, machen wir mal lieber gar nichts, hat dazu geführt, dass Kinder eineinhalb Jahre nicht in die Schule gegangen sind.“
Laschet konterte, Baerbock täusche die Bürgerinnen und Bürger, wenn sie sage, dass der Bund die Schulen nicht abgesichert habe. „Das ist Ländersache, und in elf Ländern regieren die Grünen mit.“ Scholz ließ den Vorwurf nicht auf sich sitzen, dass sich die finanzielle Förderung von Luftfiltern in Schulen wegen ihm als Finanzminister zäh gestaltet habe. „Die Mittel stehen und die stehen auch schon lange zur Verfügung.“
Streit um Steuerpolitik
SPD-Kanzlerkandidat Scholz betonte, es sei jetzt nicht die Zeit für Steuersenkungen für Menschen mit hohen Einkommen. Leute seiner Einkommensklasse sollten vielmehr etwas mehr bezahlen, um damit Steuerentlastungen für jene zu finanzieren, die weniger verdienen. Scholz plädierte für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes um drei Prozent.
Auch Baerbock sprach sich dafür aus, die stärkeren Schultern stärker zu belasten. Man könne nicht einfach hinnehmen, dass jedes fünfte Kind in Deutschland in Armut lebe. Es sei erforderlich, eine Kindergrundsicherung einzuführen, was etwa zehn Milliarden Euro koste.
Laschet sagte, in der Steuerpolitik gebe es einen fundamentalen Unterschied zu SPD und Grünen. Es sei töricht und grundfalsch, einfach zu sagen, die Steuern für Reiche müssten erhöht werden.
dpa/kar