Tokarevs imponiert mit einem Tanz auf den Tasten
Theater Dortmund
Das dritte Klavierkonzert von Rachmaninow, von Musikern „Rach 3“ genannt, gilt als eines der schwersten Werke der Gattung. Bis zu hundert Töne pro Sekunde (davon einige in Akkorden) muss der Solist im Finale spielen. Nikolai Tokarev ist Spezialist für Virtuosen-Literatur und sitzt in Xin Peng Wangs Ballett „Rachmaninow/Tschaikowsky“ im Dortmunder Opernhaus noch vier Mal als Solist mit den Tänzern auf der Bühne. Julia Gaß sprach mit dem 34-jährigen Russen.

Nikolai Tokarev im Ballett „Rachmaninow/Tschaikowsky“ im Dortmunder Opernhaus. Der 34-jährige Russe spielt das dritte Klavierkonzert von Rachmaninow, Xin Peng Wang hat es choreografiert. Das ist etwas ganz Neues für alle.Foto: Stöss © Bettina Stoess
War die Premiere von „Rachmaninow/Tschaikowsky“ das erste Mal, dass Sie mit einem Ballett aufgetreten sind?
Ja, so etwas hat es überhaupt noch nicht gegeben – soweit ich weiß. Ich habe jedenfalls von keinem anderen Pianisten gehört, dass er so etwas schon mal gemacht hat.
Schauen Sie während des Konzerts auf die Tänzer?
Nein, ich gucke nur zum Dirigenten. Auf die Tänzer achte ich gar nicht, dazu ist einfach keine Zeit.
Sie sitzen rund zehn Meter vom Dirigenten Gabriel Feltz entfernt auf der Bühne, weil der Flügel nicht in den Orchestergraben passt und es da auch nicht so gut klingen würde. Wie kann man über eine so große Distanz zusammenspielen?
Wir haben das sehr lange geübt. Ich muss mich darauf verlassen, was Gabriel Feltz mir anzeigt. Ich spiele nur nach Blickkontakt mit ihm.
Hören Sie das Orchester überhaupt?
Kaum. Und wenn, nur die Bässe und die Instrumente, die ganz hinten im Orchestergraben sitzen. Gabriel Feltz hat einen Lautsprecher im Orchestergraben und kann mich deshalb gut hören.
Einige Tänzer kommen dem Flügel ganz nahe, schauen Sie an und tanzen ganz dicht bei Ihnen. Lassen Sie sich von den Tänzern ein bisschen inspirieren, wenn die vor Ihnen hüpfen und lächeln?
Nein. Sie sind Teil der Show, das trenne ich. Ich muss mich ganz auf mein Spiel konzentrieren. Ich habe zwischendurch mal kurz hingeschaut, wenn einer ein Solo getanzt hat und ich nichts zu spielen hatte. Aber richtig darauf einlassen kann ich mich nicht.
Sie haben mir bei der Premiere Leid getan, weil sie so geschwitzt haben. Unter den Schweinwerfern ist es wahrscheinlich sehr viel heißer als in einem Konzertsaal, oder?
Erst einmal ist das Rach 3. Da kann man als Pianist schon mal ins Schwitzen kommen, weil das ein Klavierkonzert ist, das zum Schwersten gehört, was man spielen kann. Aber klar, es ist viel wärmer unter diesen Scheinwerfern als in einem Konzertsaal.
Sie spielen aber nicht alle Vorstellungen des Balletts.
Nein, nur noch vier. Der Termin im Februar passt nicht, weil ich da in der Elbphilharmonie spiele. (Anmerkung der Redaktion: Das Theater Dortmund wollte den Pianisten William Youn nicht nur die Vorstellung am 23. Februar spielen lassen, sondern hat ihm drei Termine gegeben).
Ist das Ihr Debüt in der Elbphilharmonie? Und spielen Sie da auch Rachmaninow?
Nein, Mozart, das „Jeunehomme“-Konzert und das Konzert für Klavier, Trompete und Streichorchester von Schostakowitsch. Mit der Russischen Kammerphilharmonie St. Petersburg unter Leitung von Juri Gilbo. Darauf freue ich mich sehr.
Mozart haben Sie auch schon einmal in Dortmund gespielt. Bei einer Matinee der Mozart-Gesellschaft im Konzerthaus.
Ja, da hat der Konzertmeister des Englisch Chamber Orchestra dirigiert.
Und Sie sind früher schon einmal im Ballettzentrum aufgetreten, als das noch das Sonnenenergie-Forum war. Erinnern Sie sich an diese Klavier-Matinee?
Ja, das ist mir sofort wieder eingefallen, als ich vor der Premiere wieder in diese Räume gekommen bin, um mit dem Ballett zu proben. Ich glaube, ich habe damals dort eine Sonate von Franz Liszt gespielt.