Der Tag des Rückzugs kam für Tim Richter nicht unvorbereitet. Der Sportliche Leiter der Bezirksliga-Fußballer des Holzwickeder SC U23 hatte dem Vorstand im Vorfeld die Empfehlung zum Rückzug gegeben. Dieser folgte am Dienstagabend Richters Hinweis. Gemeinsam mit Sport-Ressortleiter Karl Lösbrock fällte der Dreier-Vorstand um Udo Speer am Dienstag die finale Entscheidung. Nach sieben Jahren zieht sich der Holzwickeder SC mit sofortiger Wirkung aus der Bezirksliga zurück.
„Trainer Claas Hoffmann und ich haben die Entwicklung so kommen sehen“, sagte Richter am Mittwochvormittag. Nach der 1:3-Niederlage in Körne am vergangenen Sonntag hatten Hoffmann und Richter der Mannschaft den baldigen Rückzug bereits angedeutet und verkündet, die Rückzugsempfehlung auszusprechen. So kam es dann schließlich auch.
„Man merkt, dass es einen Kern in der Mannschaft gibt, der bis zum letzten Spiel durchgezogen hat und auch weiter durchziehen würde. Aber das reicht nicht aus. Du merkst als Verantwortlicher einfach, dass die Luft raus war“, sagte Richter. Es gab bereits Abmeldungen und weitere Spieler, die sich nach Alternativen umgeschaut hätten. „Der Schritt des Rückzugs war alternativlos. Mit beschränkten finanziellen Mitteln für eine zweite Mannschaft in der Winterpause 10 bis 15 Neuzugänge zu verpflichten, ist utopisch“, sagte Richter.
Holzwickede im Abstiegskampf
Die U23 steckte seit Jahren im Abstiegskampf. Vergangene Saison hielt der Holzwickeder SC die Klasse, auch dank der Unterstützung aus der ersten Mannschaft und weiterer reaktivierter Holzwickeder Jungs. In die Karten spielte dem HSC auch der Rückzug des Lüner SV II. Richter wird deutlich: „Die U23 hat vor Corona schon um den Klassenerhalt gekämpft. Durch Corona ist der Abstieg nur aufgeschoben worden.“

Zuletzt musste sich die zweite Mannschaft dann immer wieder bei Spielern der dritten Mannschaft bedienen – ein Domino-Effekt. „Die dritte Mannschaft steckt selbst im Abstiegskampf. Und wenn die dritte Mannschaft Spieler abstellt in eine aussichtlos agierende zweite Mannschaft... Der Worst Case wäre, dass auch die Unzufriedenheit in der dritten Mannschaft steigt. Das Risiko war einfach zu groß. Deswegen bin ich froh, dass der Vorstand im Sinne des Vereins gehandelt hat““, sagte Richter.
Richter sieht Schuld bei sich
Seine eigene Zukunft ist offen. Als neuer Sportlicher U23-Chef war er im Frühjahr dazugestoßen. Ob er auch am Aufbau einer Kreisliga-Mannschaft mitwirken wird, ist unklar. Richter übernimmt für die Kaderzusammenstellung die Verantwortung, wie er sagte. „Es gibt Dinge, die ich anders machen würde, und Fehleinschätzungen meinerseits“, gibt Richter unumwunden zu.
Der Zeitpunkt seines Einstiegs Ende Mai sei rückblickend viel zu spät gewesen. „Ich hatte am Anfang im Prinzip keine Zusage. Wir haben dann 18 Neuzugänge geholt in kurzer Zeit, die eigentlich auch Bezirksliga-Niveau haben, aber zu jung und unerfahren waren und nicht die Identifikation für Mannschaft und Verein mitgebracht haben“, erklärte Richter, „ich habe es verpasst, erfahrene Spieler in den Kader aufzunehmen. Es ist nichts geworden, mal aus finanziellen Gründen oder weil die Spieler einfach schon woanders zugesagt hatten.“
Kritik an einigen Spielern
„Tragisch“ sei dann gewesen, dass der spielende Co-Trainer Marcel Böhme kurz nach dem Trainingsauftakt weggebrochen ist. „Das war ein Schritt in die falsche Richtung“, so Richter, der dann zusehen musste, wie sein Kader immer weiter schrumpfte, weil Spieler sich umorientierten.
Hier müssen sich auch Spieler Kritik des Sportlichen Leiters gefallen lassen. „Wenn ein Spieler seinen Lebensmittelpunkt verändert, kann ich das nachvollziehen. Aber Spieler, die hier in der Gegend studieren und immer noch Fußball spielen – da bin ich ein anderer Typ, der dann durchzieht.“ Namen nannte Richter nicht. „Man kann den Spielern, die das sinkende Schiff früher verlassen haben, zu Gute halten, dass sie den Abstiegskampf in den letzten Jahren mitgemacht haben.“
Am Dienstagabend informierte der Verein die Spieler. Inzwischen hat Richter zahlreiche Rückmeldungen über bevorstehende Wechsel und Trainingswünsche seiner Spieler bei anderen Vereinen, sofern sich beide Klubs einig werden. Dass viele bleiben werden, ist unwahrscheinlich.
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