Thyssenkrupp-Chef Hiesinger will gehen

Seit sieben Jahren steht er an der Spitze des Dax-Konzerns. Und erst vor einigen Tagen feierte Hiesinger den lang erhofften Durchbruch bei der Stahlfusion mit Tata. Es sollte der Befreiungsschlag für den Konzernumbau sein. Doch der Druck einiger Aktionäre war groß.

,

Essen

, 05.07.2018, 18:50 Uhr / Lesedauer: 2 min

Erst am Wochenende feierte Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger den Durchbruch bei der lange angestrebten Stahlfusion - jetzt will er an der Spitze des Industriekonzerns überraschend aufhören. Hiesinger bat den Aufsichtsrat um Gespräche, „die zur einvernehmlichen Auflösung seines Mandats als Vorsitzender des Vorstands der Thyssenkrupp AG führen sollen“, wie der Dax-Konzern am Donnerstag in Essen mitteilte. Am Freitag werde der Aufsichtsrat über das Gesuch beraten. Hiesinger erklärte, er „gehe diesen Schritt bewusst, um eine grundsätzliche Diskussion im Aufsichtsrat über die Zukunft von Thyssenkrupp zu ermöglichen.“ Der Aktienkurs von Thyssenkrupp reagierte in einer ersten Reaktion positiv.

Hiesinger war im Zuge der Fusion der Stahlsparte mit dem Konkurrenten Tata zuletzt immer wieder unter Druck geraten, weil Anteilseigner wie der US-Hedgefonds Elliott oder Cevian Capital aus Schweden mehr Tempo bei dem seit langem angekündigten Umbau des Ruhrkonzerns gefordert hatten. Einzelne Investoren wie der als aktivistisch geltende US-Investor Paul Singer und sein Hedgefonds Elliott hatten den Thyssenkrupp-Chef scharf attackiert.

Für den seit sieben Jahren an der Spitze von Thyssenkrupp stehenden Hiesinger war die Vereinbarung mit Tata ein lang erwarteter Befreiungsschlag. Die Stahlfusion soll den Weg für einen Konzernumbau ebnen. Die Strategie dafür soll bis Mitte Juli vorgelegt werden.

Hiesinger erklärte nun laut der Pressemitteilung, „ein gemeinsames Verständnis von Vorstand und Aufsichtsrat über die strategische Ausrichtung des Unternehmens ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Unternehmensführung“. Die breite Unterstützung der Aktionäre und im Aufsichtsrat sei Grundlage für den Erfolg der strategischen Weiterentwicklung von Thyssenkrupp seit 2011 gewesen. Die Einbringung des Stahlbereichs in das Gemeinschaftsunternehmen mit Tata war laut Hiesinger „ein ganz wesentlicher Schritt“, um Thyssenkrupp zu einem starken Industrieunternehmen zu entwickeln.

Aufsichtsratschef Ulrich Lehner dankte Hiesinger und betonte, der Vorstand unter Leitung Hiesingers habe Thyssenkrupp aus einer existenzbedrohenden Krise befreit und das Unternehmen in Umsetzung der mit dem Aufsichtsrat vereinbarten Strategie zukunftsfähig gemacht: „Ohne Heinrich Hiesinger würde es Thyssenkrupp nicht mehr geben.“

Die beiden Konkurrenten schließen sich vor dem Hintergrund von weltweiten Überkapazitäten beim Stahl zusammen und gründen den zweitgrößten Stahlkonzern Europas. Thyssenkrupp und Tata sollen zunächst mit je 50 Prozent an dem fusionierten Stahlkonzern mit etwa 17 Milliarden Euro Umsatz und rund 48 000 Beschäftigten beteiligt sein. Das Gemeinschaftsunternehmen mit dem Namen Thyssenkrupp Tata Steel B.V. soll seinen Sitz in den Niederlanden haben.

Aktionärsvertreter waren noch davon ausgegangen, dass Hiesinger nach der Fusionsentscheidung wieder deutlich fester im Sattel sitze. Der Manager habe nun alle Probleme gelöst, die er sich vorgenommen habe, hieß es etwa bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpaperbesitz (DSW). Auch die Bilanz des Konzerns sehe nun deutlich besser aus. Nun werde die Strategie mit Spannung erwartet.

Die deutschen Stahlkocher hatten zuvor eine Beschäftigungsgarantie bis zum 30. September 2026 sowie eine langfristige Standortsicherung erhalten. Geplant ist aber auch der Abbau von bis zu 4000 Stellen, davon etwa die Hälfte in Deutschland.