
Was muss eigentlich noch passieren, damit es endlich zu einem generellen Tempolimit auf deutschen Autobahnen kommt? Sowohl bei der SPD als auch bei den Grünen stand ein solches Tempolimit im Wahlprogramm. Nur die FDP als Lobbyisten-Partei der Autoindustrie stemmte sich mit aller Macht dagegen, dass das Tempolimit in den Koalitionsvertrag rutschte.
Als im Herbst 2021 der Koalitionsvertrag ausgehandelt wurde, mag das noch ein gerade noch akzeptables Zugeständnis an den Junior-Partner in dieser Koalition gewesen sein. Seit dem 24. Februar 2022 aber ist das Beharren der FDP auf „freie Fahrt für freie Bürger“ auch nicht mehr im Ansatz akzeptabel. Im Gegenteil: Alle, wirklich alle Argumente sprechen dafür, ein solches Tempolimit sofort umzusetzen.
Hier die wichtigsten sechs Argumente:
Sechs Argumente für ein Tempolimit auf Autobahnen
1. Das neueste Argument lieferte jetzt das Bundesumweltamt mit einer neuen Studie. Nicht nur 2,6 Millionen Tonnen klimaschädlicher Gase wie Kohlendioxid, Methan und andere könnten durch ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen jährlich eingespart werden, sondern 6,7 Millionen Tonnen. Insgesamt würde der durch den Autoverkehr verursachte Ausstoß klimaschädlicher Schadstoffe um 4,2 Prozent reduziert.
Natürlich löst ein Tempolimit allein die Umweltkrise nicht, aber es wäre ein beachtlicher Beitrag, um die Klimaziele zu erreichen.
Drei Prozent des Kraftstoffverbrauchs könnten eingespart werden
2. Als am 24. Februar Russland die Ukraine überfiel, brach auch über Deutschland die Energiekrise herein. Die Preise explodierten. Plötzlich war klar, dass man zum einen die Wende zu erneuerbaren Energien jetzt unbedingt zur Aufgabe Nummer eins in diesem Staat machen musste. Zum anderen wurde allen bewusst, dass Rohstoffe wie Gas, Öl und Kohle knapp werden würden. Sparen war und ist das Gebot der Stunde.
Ich wundere mich noch heute, mit welcher unfassbaren Abgebrühtheit die FDP seinerzeit argumentierte und es bis heute gebetsmühlenartig wiederholt, dass der Spareffekt gering sei. Wie wäre es mit Zahlen? Ein Tempolimit auf Autobahnen würde nach Berechnungen des Umweltbundesamtes 800 Millionen Liter Sprit einsparen. Das wären drei Prozent des gesamten Kraftstoffverbrauchs in Deutschland. Und das soll „nichts“ sein?
3. Immer wieder war das Argument aus Auto- und FDP-Kreisen zu hören: Auf den Autobahnen in Deutschland gibt es doch ohnehin an zig Stellen Tempolimits, zumeist wegen Baustellen. Wenn ich dieses Argument höre, muss ich immer lachen: Wenn es ohnehin egal ist, ob es ein Tempolimit gibt oder nicht, sollte es doch niemanden stören, wenn man es sofort überall einführt, zumal man sich damit jede Menge Verkehrsschilder sparen könnte.
Alle Umfragen sprechen für ein Tempolimit
4. Das ebenfalls häufig ins Feld geführte „Die Autofahrer in Deutschland wollen das nicht“ ist seit letztem Jahr definitiv ebenso überholt wie falsch. Bei einer bundesweiten Umfrage sprachen sich 70 Prozent der Bevölkerung für ein Tempolimit aus.
Und als der ADAC, dem immerhin 21,3 Millionen Autofahrer in Deutschland als Mitglieder angehören, bei ihnen nachfragte, votierten 2022 mit 52 Prozent der Befragten erstmals seit Jahrzehnten mehr als die Hälfte der Mitglieder für ein Tempolimit.
5. Auch wenn das viele Auto-Verblendete nur am Rande zu interessieren scheint: Die Zahl der Verletzten und Toten auf deutschen Straßen würde durch ein Tempolimit deutlich sinken. Im Übrigen auch die durch Unfälle entstandenen Kosten. Die Folge: Das könnte sich günstig auf die zu zahlenden Versicherungsprämien auswirken.
Ein Tempolimit wäre sofort umsetzbar und würde sofort wirken
6. Ein bundesweit einheitliches generelles Tempolimit von 120 auf Autobahnen, gerne auch von 80 auf Landstraßen, wäre eine Maßnahme, die wirklich sofort umsetzbar wäre. Der Aufwand wäre minimal, die Wirkung riesig. Zeige mir einer, wie man mit einer anderen Maßnahme ähnlich einfach und schnell einen solchen Effekt erzielen kann.
Die FDP ist die einzige Partei in der Ampel, die sich noch immer gegen ein Tempolimit sperrt. Bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 erreichte die FDP 11,5 Prozent der Stimmen. Wenn jetzt, also am Sonntag (22. Januar) gewählt würde, käme die FDP gerade noch auf etwas mehr als die Hälfte der Stimmen und läge bei 6 Prozent. Das ist das Ergebnis der Umfrage von Infratest dimap, die am Freitag (19. Januar) veröffentlicht wurde.
Ich bin davon überzeugt, dass viele Wählerinnen und Wähler einfach die Nase von der starrköpfigen, fundamentalistischen, Fakten stumpf ignorierenden Klientel-Politik der Liberalen für die Autolobby gestrichen voll haben.
Was ist eigentlich mit Ihrem Eid, Herr Lindner und Herr Wissing?
Es muss endlich Schluss sein damit, dass in der Ampel-Koalition der Schwanz mit dem Hund wackelt und die FDP nur noch ihre eigenen Interessen im Blick hat.
Vielleicht ist es an der Zeit, die FDP-Abgeordneten im Deutschen Bundestag an den von ihnen abgelegten Eid zu erinnern. Der Eid, den Minister bei ihrem Amtsantritt vor dem Deutschen Bundestag ablegen, lautet:
„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“
Sie haben das auch gelobt, Christian Lindner und Volker Wissing. Also beenden Sie endlich ihre Blockade eines Tempolimits!
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