Wenige Themen werden in Deutschland so hitzig diskutiert wie ein mögliches Tempolimit auf Autobahnen. Eine neue Studie des Umweltbundesamtes könnte die Debatte nun wieder entfachen: Demnach würde eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 120 km/h deutlich mehr klimaschädliches CO2 einsparen als bislang angenommen.
Tempolimit auf Autobahnen: Fast 7 Millionen Tonnen CO2 können gespart werden
Rund ein Viertel aller CO2-Emissionen der EU entfallen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes auf den Straßenverkehr. Möchte man mit Blick auf den Klimawandel den Ausstoß von schädlichen Gasen verringern, kommt man um diesen Bereich also gar nicht herum.
Ein vergleichsweise einfach umzusetzendes Instrument dafür wäre ein Tempolimit auf den Autobahnen in Deutschland. Die Effekte, die eine solche Maßnahme haben könnte, sind sogar noch größer als bisher angenommen, wie aus einer Studie des Umweltbundesamtes hervorgeht.
Demnach könnten jedes Jahr etwa 6,7 Millionen Tonnen CO2 und andere Treibhausgase eingespart werden. Das wären 4,2 Prozent aller durch den Straßenverkehr entstandenen Emissionen. Bislang war das Umweltbundesamt noch von einer Einsparung von rund 2,6 Millionen Tonnen ausgegangen.
Autobahnen würden durch Tempolimit gemieden
Die neue Studie berücksichtigt neben anderen Emissionsfaktoren allerdings "Routenwahl- und Nachfrageeffekte". Das bedeutet: Durch ein Tempolimit auf Autobahnen würden einige Autofahrer wohl auf Landstraßen ausweichen, weil sich längere Umwege zu den Autobahnen angesichts der geringeren Maximalgeschwindigkeit dort nicht mehr lohnen würden. Die Fernstraßen würden "an Schnelligkeit und somit an Attraktivität" verlieren, heißt es in der Studie.
Die Forscher gehen davon aus, dass die Autobahnen durch ein Tempolimit zu 1,1 Prozent weniger genutzt würden. Im Gegenzug würde die Nutzung anderer Straßentypen steigen. Auch andere Verkehrsmittel wie die Bahn könnte für einen kleinen Teil der Bevölkerung attraktiver werden.
"Keine andere Maßnahme im Verkehr liefert einen größeren Beitrag zum Klimaschutz. Sie ist zudem sofort umsetzbar und fast umsonst zu haben", meint Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Ein Tempolimit sei "unverzichtbar", um den Verkehr "endlich auf Klimakurs zu bringen, erklärt Müller-Görnert weiter. "Mit den neuen Zahlen gibt es keine Ausrede mehr."
Mehrheit der Deutschen für Tempolimit auf Autobahnen
Die Bundesregierung hat sich bislang nicht für die Einführung eines Tempolimits auf Autobahnen ausgesprochen. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien ist ein solches Vorhaben nicht zu finden. Allerdings sprach sich in einer Umfrage die Mehrheit der Deutschen (57 Prozent) für eine Begrenzung der Maximalgeschwindigkeit aus, während nur 33 Prozent dagegen waren (zehn Prozent unschlüssig).
Vor wenigen Tagen scheiterte der Versuch eines Mannes und einer Frau, ein Tempolimit durch eine Verfassungsbeschwerde durchzusetzen. Die Kläger waren der Ansicht, dass der Gesetzgeber bei einer Nichteinführung gegen das Klimaschutzgebot und Freiheitsrechte verstoße. Das Bundesverfassungsgericht wies die Beschwerde allerdings zurück, weil die beiden das nicht ausreichen begründet hätten.