Tausende Pflegekräfte fehlen, Zahl der Pflegebedürftigen steigt Die Zahl der Pflege-Azubis aber sinkt

Tausende Pflegekräfte fehlen, Zahl der Pflegebedürftigen steigt: Die Zahl der Pflege-Azubis aber sinkt
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Das ist schon jetzt beängstigend. Die Zahl der Menschen, die pflegebedürftig sind, ist massiv gestiegen. Gleichzeitig fehlen allein in Nordrhein-Westfalen 23.763 Vollzeit-Pflegekräfte. Und jetzt kommt auch noch die Nachricht, dass die Zahl der Menschen, die eine Ausbildung zur Pflegefachkraft beginnen, sinkt.

Doch von Anfang an. Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Nordrhein-Westfalen hat sich in den vergangenen Jahren massiv erhöht. Lag ihre Zahl im Dezember 2017 noch bei 422.849, ist ihre Zahl bis Ende 2021 auf 1.191.981 Betroffene angestiegen – ein Anstieg um 182 Prozent.

Allerdings müsse man bei diesen Zahlen berücksichtigen, so berichtet ein Sprecher des NRW-Gesundheitsministeriums auf Anfrage unserer Redaktion, dass dabei auch die Zahl der Pflegegeldempfänger, die keine Leistungen der ambulanten oder stationären Pflege in Anspruch nehmen, sondern etwa von Angehörigen gepflegt werden, von 417.328 auf 655.254 gestiegen sei.

Außerdem habe es zwischen 2017 und 2017 eine gesetzliche Änderung gegeben. Seit 2021 flössen auch Menschen der Pflegestufe 1 in die Statistik ein, die keine pflegerischen Leistungen, sondern lediglich Leistungen zur Unterstützung im Alltag erhielten. Pflegerische Leistungen erhielten demnach 402.393 Menschen in NRW.

Mögliche Folge der Corona-Pandemie

Die Zahl der Menschen, die stationär gepflegt werden, ist von 169.616 im Jahr 2017 auf 167.094 im Jahr 2021 leicht gesunken. Dabei spiele möglicherweise die Corona-Pandemie eine Rolle, so das Gesundheitsministerium. Während dieser Zeit hätten sich möglicherweise mehr Menschen entschlossen, Angehörige zu Hause zu pflegen als zuvor. Genaue Daten dazu gebe es allerdings (noch) nicht.

Interessant ist, dass sich die Zahl der in Heimen gepflegten Menschen innerhalb Nordrhein-Westfalens höchst unterschiedlich entwickelt hat. Während beispielsweise die Stadt Hamm hier einen Rückgang um 6,6 Prozent verzeichnete, meldete der Rhein-Sieg-Kreis einen Anstieg um 23,5 Prozent. Hier haben wir die Zahlen für alle kreisfreien Städte und Kreise in NRW:

Bei den Menschen, die in NRW von einem ambulanten Pflegedienst betreut und gepflegt werden, stieg die Zahl von 182.043 Betroffenen im Jahr 2017 um 53.022 auf 235.065 Ende 2021. Ein Anstieg um 29,1 Prozent.

Aber auch hier gibt es landesweit gravierend unterschiedliche Entwicklungen von Region zu Region. In Bielefeld zum Beispiel sank ihre Zahl um 13,4 Prozent. In Dortmund dagegen gab es einen Anstieg um 45,7 Prozent, in Hamm sogar um 75,5 Prozent. Auch hier haben wir eine Karte mit Daten für alle Kreise und kreisfreien Städte in NRW.

Angesichts dieser Daten sind die jetzt vom Statistischen Landesamt IT.NRW veröffentlichten Zahlen zu den begonnenen Ausbildungen zur Pflegefachkraft besorgniserregend. Ihre Zahl ging in Nordrhein-Westfalen nämlich von 15.711 im Jahr 2021 auf 14.298 im Jahr 2022 zurück. Das entspricht einem Rückgang um 9 Prozent.

Dabei ist auch hier die Entwicklung innerhalb von Nordrhein-Westfalen extrem unterschiedlich, wie unsere Karte mit Daten zu allen kreisfreien Städten und Kreisen belegt. Während beispielsweise im Kreis Borken im Münsterland 28,4 Prozent mehr Ausbildungsverträge als im Vorjahr geschlossen wurden, waren es im Kreis Unna 27,5 Prozent weniger als im Jahr 2021.

Mit dieser negativen Entwicklung steht NRW nicht alleine dar. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sank die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Bereich der Pflege von 2021 bis 2022 bundesweit um rund 4.000 auf 52.300. Das bedeutet einen Rückgang um 7 Prozent. Den stärksten Rückgang meldete Hamburg mit minus 16 Prozent.

Der Rückgang bei der Zahl der neuen Auszubildenden ist angesichts des ohnehin grassierenden Fachkräftemangels im Bereich der Pflege besonders bedenklich. Nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums, das sich auf die aktuellste Prognose des Bedarfs bezieht, fehlen 23.763 Pflegefachkräfte in Nordrhein-Westfalen: 13.502 im Bereich der Krankenpflege, 1.451 in der Kinderkrankenpflege und 8.810 in der Altenpflege.

In NRW ist übrigens die Zahl der Pflegeheime von 2019 um 189 auf 3.149 Einrichtungen Ende 2021 gestiegen. Das bedeutet einen Anstieg um 3,5 Prozent. Zugleich ist die Zahl der in Pflegekräften beschäftigten Menschen in dieser Zeit allerdings nur um 2 Prozent gestiegen.

Im ambulanten Bereich ist es ähnlich. Hier stieg die Zahl der Anbieter seit 2019 um 233 auf 3.194 ambulante Pflegedienste. Das bedeutet einen Anstieg um 7,8 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten stieg dagegen lediglich um 6,6 Prozent.

„Begrenzender Faktor im Gesundheitsbereich ist fehlendes Personal“

Gegenüber unserer Redaktion unterstrich ein Sprecher des NRW-Gesundheitsministeriums die Notwendigkeit zum Handeln im Bereich der Pflege: „Um den Aufbau von Pflegeangeboten und Pflegeplätzen – ob ambuant oder stationär – zu fördern, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen aller Beteiligten. Der begrenzende Faktor im gesamten Gesundheitsbereich ist in erster Linie nicht das Geld, sondern fehlendes Personal.“

Welch dramatische Folgen das im konkreten Fall haben kann, zeigt sich aktuell an einem Fall aus Dorsten. Dort muss die Caritas ihren Palliativdienst ruhen lassen, da nicht mehr genügend Fachpersonal zur Verfügung steht. Für die Betroffenen, die sich um eine gute Betreuung eines Sterbenden kümmern wollen, ist das eine einzige Katastrophe.

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