„Mein Mann wird das Ende dieses Jahres wohl nicht mehr erleben“, sagt eine Dorstenerin. Mit Tränen in den Augen sitzt die Frau in der Redaktion. Sie möchte unerkannt bleiben, um sich, aber vor allem ihren schwer kranken Mann zu schützen. Erzählen möchte sie ihre Geschichte dennoch. Denn sie fühlt sich im Stich gelassen von der Dorstener Caritas.
Die lässt nämlich ihren ambulanten Palliativ-Pflegedienst zum 30. Juni ruhen, wie Caritas-Geschäftsführer Patrick Domin bestätigt. Die Dorstenerin erzählt, dass ihr Mann und sie seit Ende 2022 die Leistungen des Dienstes in Anspruch genommen haben. Zuvor ist die Krebserkrankung ihres Mannes als nicht mehr heilbar eingestuft worden.
Angehörige ist sauer
„Ich finde es ein Unding, dass die Caritas uns fallen lässt“, sagt die Dorstenerin. Sie sei zwar Krankenschwester und auch die familiäre Situation sei gut, aber sie sei dennoch froh um jede Hilfe, die sie bekommen könne.
Das Problem: Die Aufgaben des ambulanten Palliativ-Dienstes der Dorstener Caritas solle nun der Medizinische Dienst aus Gelsenkirchen übernehmen. Und der muss im Fall der Fälle erstmal einen verhältnismäßig weiten Weg fahren. Die Dorstenerin sagt dazu: „Es gibt hier in der Stadt keine Alternative.“
Auch Patrick Domin sagt, dass der ambulante Palliativ-Dienst der Caritas der einzige Dienst dieser Art in Dorsten sei. Domin: „Es gibt keinen weiteren ausgewiesenen ambulanten palliativen Pflegedienst.“ Umso schwieriger war die Entscheidung, diesen Dienst zum 30. Juni nicht mehr anzubieten.
Qualifiziertes Personal fehlt
Domin betont jedoch, dass der ambulante Palliativ-Pflegedienst nicht vollständig eingestellt sei. Er ruhe derzeit lediglich. „Zum jetzigen Zeitpunkt gab es keine andere Lösung“, sagt der Caritas-Geschäftsführer. Als Grund für diese Entscheidung nennt er den Mangel an qualifiziertem Personal.

Denn, so Domin: Mit der Pflegekasse gebe es Verträge, dass ein ambulanter palliativer Pflegedienst nur angeboten werden kann, wenn 4,5 Stellen mit Mitarbeitenden besetzt werden können, die eine entsprechende palliative Ausbildung haben.
Diese Anforderung könne die Caritas aktuell nicht erfüllen. „Durch Renteneintritte, Kündigungen und Krankheitsfälle sind nur noch 0,7 Stellen übriggeblieben, die mit der geforderten Qualifikation besetzt werden können“, erläutert Domin weiter.
Die Stellenanzahl von 4,5 sei außerdem nicht an die Zahl der betreuten Patienten geknüpft. Wäre das der Fall gewesen, hätte die Caritas ihren Dienst möglicherweise aufrechterhalten können. Schließlich habe es zuletzt nur noch wenig zu betreuende Patienten gegeben.
Kurzfristige Schulung unmöglich
Kurzfristig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schulen, sei aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich. Da wäre zunächst der zeitliche Aspekt. „Je nach Anbieter dauert eine solche palliative Ausbildung neun Monate bis anderthalb Jahre“, sagt Domin.
Des Weiteren kämen persönliche Präferenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinzu. Der Caritas-Geschäftsführer erklärt: „Beispielsweise sagen einige, dass sie aufgrund ihres Alters nicht nochmal auf die Schulbank wollen. Andere wiederum wollen nicht dauerhaft mit Sterbenden arbeiten.“
Dienst soll wieder aufgebaut werden
Es solle allerdings nicht zum Dauerzustand werden, dass die Caritas keinen ambulanten Palliativ-Pflegedienst mehr in Dorsten anbietet. „Unser klares Ziel ist es, den Dienst wieder aufzubauen“, sagt Domin. Er bezeichnet diesen sogar als sein Herzensprojekt. Die Caritas sei daher auf der Suche nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die die geforderte Zusatzqualifikation haben oder machen wollen.
Helfen werden die Caritas-Bemühungen der Dorstenerin und ihrem kranken Ehemann in nächster Zeit nicht mehr. Sie müssen sich jetzt Gedanken darüber machen, wie es in dieser schweren Zeit weitergehen kann.
Dorstener stirbt bei Unfall: Gina Lauenroth startet Spendenaktion für Mutter des Unfallopfers
Dienstälteste Standesbeamtin Dorstens: Britta Humberg traut seit 30 Jahren ganz persönlich
„Endlich am Ziel“: Open-Air-Konzerte und neu gestaltete Terrassenbar im Bürgerpark Dorsten (mit Vide