Tanzende Adamsäpfel

Schwule Chöre im Konzert

Die Farbe Rosa spielte in seinen bunten Shows bislang keine prominente Rolle. Dass Münsters erster schwuler Männerchor Homophon sein traditionelles Herbstkonzert sacht in diesem Farbton kolorierte, resultierte nicht aus einer plötzlichen Begeisterung für Prinzessin Lillifee. Es war eine Hommage an die Gäste, den Stuttgarter Chor Rosa Note.

von Wolfgang A. Müller

, 27.10.2014, 18:41 Uhr / Lesedauer: 2 min
In originellen Kostümen stellte sich »Homophon« in der Friedenskapelle in Münster dem Publikum vor.

In originellen Kostümen stellte sich »Homophon« in der Friedenskapelle in Münster dem Publikum vor.

Innenansichten eines schwulen Gesangsvereins passierten Revue. Eigene, augenzwinkernde Texte verbanden sich mit vertrauten Melodien. Da wurden „Die Finger des Pianisten“ gepriesen, der in Gestalt von Marius Traus die tanzenden Adamsäpfel begleitete. Oder es ging, bei einem irrwitzigen Blick unter die Gürtellinie und unter schallendem Gelächter des Publikums, um „Die Glocken von Tom“. Nach kurzer anfänglicher Unsicherheit meisterten die Rosa Noten stimmgewaltig auch komplexe Strukturen, durch die sie ihr künstlerischer Leiter Amadeus Hoffmann behände dirigierte. Zum Dahinschmelzen: „Hushabye Mountain“ aus dem Musical „Chitty Chitty Bang Bang“, das hier trotz völlig unterschiedlichem Text und Kontext die ursprüngliche, sehnsuchtsvolle Melancholie bewahren konnte.

Während die Stuttgarter sich uniform kleideten, gestaltete sich bei Homophon einiges anders. In individuellen Fummeln vom Schlauchkleid bis zum Feinrippunterhemd, in dem Chorleiter Benno steckte und nicht nur gespielt ostentativ den Ton angab, persiflierten die Sänger schwulen Alltag und Vorurteile. Der Disco-Schlager „The Greatest Lover“ des niederländischen Trios Luv etwa wurde zur rasanten Satire auf soziale Kontrolle – Tratsch im Hinterhof. Begeisterung herrschte bei Liedern aus ihrem seit drei Jahren erfolgreich laufenden Programm „Divendämmerung“, ein Lobpreis auf die Werke von Mireille Mathieu oder Hildegard Knef. Mit zündendem Witz über Mathematikermentalität wurde deren „Eins und eins, das macht zwei“ eingeleitet. Homophon würden jetzt nachhaltig, also „sich nachhaltig in Erinnerung bringen“, hieß es dann (und war nicht zu viel versprochen), als der Chor mit dem irischen Traditional „The Lark In The Clean Air“ neben die heiteren Schlager ein pastorales, feinfühlig intoniertes Ausrufungszeichen setzte. Nicht enden wollenden Beifall und Standing Ovations gab es für diesen grandiosen Abend, an dem die Zeit wie im Fluge verging.

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