Rassistische Parolen bei Feier auf Sylt Handyvideo geht viral

Rassistische Parolen bei Feier auf Sylt: Handyvideo geht viral
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Abendsonne über Sylt, Kampen - der Hotspot für reiche Urlauber. Eine ausgelassene Feier - aber das, was auf dem kurzen Video zu hören und zu sehen ist, macht fassungslos.

Die jungen Partygäste grölen zu einem Pop-Hit rassistische Parolen, ein Mann macht eine Geste, die an den Hitlergruß denken lässt. Die, die auf dem Video zu sehen sind, haben augenscheinlich nichts gemeinsam mit dem Bild, was die meisten wohl von Rechtsextremen haben dürften. Sie feiern mit Schampus, in hellen Blusen und Hemden, tragen Sonnenbrillen und goldene Kreolen im Ohr. Das Klischee der Sylt-Schickeria, die Insel der Reichen und Schönen. Scheinbar völlig ungeniert und ausgelassen grölen sie „Deutschland den Deutschen - Ausländer raus!“.

Seit Donnerstagabend wird der kurze Clip zigfach in den sozialen Medien geteilt, das Entsetzen ist groß. Politikerinnen und Politiker äußern sich schockiert, der Betreiber der bekannten Bar, in der die Party stattfand, distanziert sich. Laut „Bild“-Zeitung soll das Video zu Pfingsten im Lokal Pony in Kampen entstanden sein.

Ermittlungen nach Video auf Sylt

„Hätten wir von dem Vorfall gewusst, hätten wir die betreffenden Gäste selbstverständlich des Hauses verwiesen. Es gibt keinen Platz für Rassismus!!!“, schrieben die Betreiber des Lokals auf Instagram. Jeder Gast unabhängig von der Ethnie sei herzlich willkommen. Die Betreffenden bekämen Hausverbot, hieß es. In einem weiteren Beitrag schrieben die Betreiber, sie hätten nun die Namen „dieser Nazis zugespielt“ bekommen. „Wir werden dieses widerliche Verhalten anzeigen und alle strafrechtlichen Möglichkeiten nutzen!!!“

Wie die Polizei in Flensburg mitteilte, ermittelt nun der Staatsschutz - wegen Volksverhetzung und des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen. Das Video sei der Polizei zugespielt worden. „Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Flensburg und der Polizei richten sich zunächst gegen die Personen, die auf dem Video offensichtlich die oben genannten Äußerungen mitsingen bzw. Kennzeichen tätigen“, hieß es in der Mitteilung. Es sei aber nicht auszuschließen, „dass im Rahmen der Ermittlungen weitere Tatverdächtige hinzukommen, die auf diesem Video nicht abgebildet worden sind“.

„Schande für Deutschland“

Der Vorfall wirft aus Sicht von Bundesinnenministerin Nancy Faeser ein schlechtes Licht auf das ganze Land. „Wer Nazi-Parolen wie „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“ grölt, ist eine Schande für Deutschland“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es stelle sich die Frage, „ob wir es hier mit Menschen zu tun haben, die in einer wohlstandsverwahrlosten Parallelgesellschaft leben, die die Werte unseres Grundgesetzes mit Füßen tritt.“ Die Frage sei auch, welches hasserfüllte Klima solche Leute dazu ermutige, sich so abgrundtief rassistisch in aller Öffentlichkeit zu äußern.

„Hier darf es keinerlei schleichende Normalisierung geben“, forderte die Ministerin. Rassisten müssten neben möglichen strafrechtlichen Konsequenzen überall – im Freundeskreis, bei der Arbeit, im Sport – lauten Widerspruch erfahren. „Es ist wichtig, den Mund aufzumachen und gegenzuhalten gegen solchen Menschenhass“, rief Faeser zur Zivilcourage auf. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, es sei wichtig, dass die schleswig-holsteinische Polizei ermittle, auch müsse die Echtheit des Videos geprüft werden. „Klar ist jedenfalls: Was man da sehen und hören kann, ist zutiefst rassistisch, ist zutiefst menschenverachtend.“ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die Parolen als „ekelig“ und „nicht akzeptabel“.

Die Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli schrieb auf der Plattform X: „„Deutschland den Deutschen. Ausländer raus. Ausländer raus.“ Ort: Sylt. Und sie fühlen sich so sicher.“ Der TV-Moderator Jan Böhmermann fragte: „Wer und wo sind diese Leute?“ Und die Moderatorin Dunja Hayali twitterte: „Mit Hitlerbärtchen und Schampus, aber ohne „Ausländer“. #Sylt. 2024.“

Auch die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) hat sich in einem Post auf Instagram zu dem Video geäußert. „Es besteht der Verdacht, dass es sich bei einer der beteiligten Personen um eine Studierende unserer Hochschule handelt“, so die HAW. Um die Persönlichkeitsrechte zu wahren, äußerte sich die Hochschule nicht zu konkreten Namen. „Als HAW Hamburg stehen wir gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in jeglicher Form!“, hieß es weiter.

Ermittlungen nach Parolen zu Partyhit

Es ist nicht das erste Mal, dass es im Zusammenhang mit dem Song „L’amour Toujours“ zu rassistischen Ausfällen gekommen ist. In Nordrhein-Westfalen sorgten die ausländerfeindlichen Gesänge bei einer Karnevalsparty in Olfen im Februar für Aufsehen. Ein anschließendes Verfahren wurde eingestellt. Auch in Schleswig-Holstein nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf. Laut Polizei war dort am 17. Januar eine Anzeige eingegangen, nachdem in einer Diskothek zu dem Lied Besucher „Ausländer raus“ gesungen hätten. Der Vorfall soll sich am 7. Januar ereignet haben.

In Niederbayern ermittelte die Polizei nach einem möglichen Vorfall bei einem Faschingszug im Januar. Bei der Veranstaltung in Stulln (Landkreis Schwandorf) habe eine Gruppe von Zuschauern „Ausländer raus“ skandiert, als von einem Wagen das Lied von Gigi D’Agostino gespielt wurde, sagte ein Zeuge örtlichen Pressevertretern. Zuvor hatten ähnliche Vorfälle unter anderem in Landsberg am Lech in Oberbayern Ermittler auf den Plan gerufen. Die Polizei ermittelte wegen des Verdachts der Volksverhetzung und suchte nach Zeugen.

dpa

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