Eine Foto-Montage zeigt Lundquist Neubauer, Energieexperte des Vergleichsportals Verivox, und eine Glühlampe

Lundquist Neubauer, Energieexperte des Vergleichsportals Verivox, verrät, wann der Wechsel des Stromanbieters empfehlenswert ist und wann man besser noch warten sollte. © Fotos. Verivox, dpa / Montage: Martin Klose

Strompreise in NRW: Experte verrät, wann ein Anbieter-Wechsel sinnvoll ist

rnInteraktiver Strompreis-Vergleich

Die Strompreise schießen in die Höhe. Wir haben die Preise in 70 NRW-Städten abgefragt. Die Unterschiede sind riesig. Oft könnte ein Anbieter-Wechsel Geld sparen. Aber nicht überall.

NRW

, 24.07.2022, 08:05 Uhr / Lesedauer: 3 min

Nicht nur die Preise für Gas, sondern auch für Strom sind in den vergangenen Monaten extrem stark gestiegen. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigt auch hier seine Wirkung. Und anders als beim Gas ist von Erhöhungen bei den Strompreisen nahezu jeder betroffen, denn: Nur die absolut wenigsten können vollkommen autark ihren Strom etwa durch Photovoltaik-Anlagen und große Speicher komplett selbst produzieren.

Daher haben wird die aktuellen Strompreise in 70 ausgewählten Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen untersucht. Die Datenbasis lieferte das Vergleichsportal Verivox. Wir haben die Daten in der Woche zwischen dem 8. und 22. Juli 2022 erhoben.

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Wir haben zwei Musterhaushalte zugrunde gelegt. Zum einen einen Haushalt, der 2.500 Kilowattstunden Strom im Jahr verbraucht. Das ist die Strommenge, die im Durchschnitt ein Zwei-Personen-Haushalt benötigt. Zum anderen einen Haushalt, der 4.250 Kilowattstunden Strom im Jahr verbraucht. Das entspricht dem durchschnittlichen Bedarf eines Vier-Personen-Haushalts.

Wir haben für beide Musterhaushalte zwei Tarife abgefragt: Zum einen den Grundtarif des jeweiligen örtlichen Versorgers. Er kann mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Hier sind Preiserhöhungen (und -senkungen) jederzeit möglich. Der Grundtarif ist der Tarif, in den man automatisch zurückfällt, wenn der bisherige Stromanbieter beispielsweise Konkurs anmeldet.

Zum anderen haben wir den Tarif des vom Vergleichsportal Verivox für den jeweiligen Ort ermittelten günstigsten Alternativ-Anbieters aufgenommen. Dabei haben wir nur solche Angebote mit einer zwölfmonatigen Preisgarantie berücksichtigt. In den Tarifen sind jeweilige Boni berücksichtigt.

Ein Blick auf die so entstandene Strompreis-Karte zeigt, dass es kein einheitliches Bild gibt. So sind die Preisunterschiede gerade bei den Grundversorgern zwischen den einzelnen Kommunen sehr, sehr groß.

Wo die Strompreise in NRW besonders günstig, wo besonders teuer sind

In der 2.500-Kilowatt-Kategorie beispielsweise haben wir in unserem Vergleich die günstigsten Grundversorger in Kleve (54,82 Euro im Monat), Düsseldorf (57,77 Euro) und Steinfurt (59,79 Euro) gefunden. Am meisten – und zwar mehr als doppelt so viel – verlangen die Grundversorger in Attendorn (133,25 Euro); Bochum (123,48 Euro) und Duisburg (121,05 (Euro).

„Im Moment steigen die Großhandelspreise noch. Irgendwann werden wir in eine Konsolidierungsphase kommen, in der sich die Preise dann auch angleichen“, sagt Lundquist Neubauer von Verivox im Gespräch mit unserer Redaktion. Es gebe Versorger mit einen hohen Bestandskundenanteil, die durch einen guten, langfristigen Einkauf noch günstigere Tarife anbieten könnten, während für Neukunden die Tarife mit den aktuellen, hohen Einkaufspreisen kalkuliert werden müssten.

Grundsätzlich, so erläutert Neubauer, beobachte man beim Strom das gleiche Phänomen wie beim Gas, allerdings in abgeschwächter Form. In erster Linie habe man es im Moment mit einer Gaskrise zu tun. Deshalb sei Strom nicht direkt, sondern nur indirekt betroffen.

Trotzdem gebe es Auswirkungen auf den Strompreis. Zum einen, weil noch immer 10 Prozent des Stroms in Deutschland über Gaskraftwerke gewonnen würden. Zum anderen, weil auch die Preise für Kohle und Öl gestiegen seien.

„Verknappung lässt Preise klettern“

Das sorge für hohe Einkaufspreise bei den Stromanbietern, „zumal wir im Moment auch den Umstieg auf mehr Strom haben wollen, etwa bei Autos“, sagt Neubauer. Das führe zu einer Verknappung und lasse die Preise klettern. Allerdings nicht so stark wie beim Gas: „Das liegt auch daran, dass zum 1. Juli die EEG-Umlage abgeschafft wurde. Das gab dann bei den Strompreisen einen kleinen Knick nach unten“, sagt Neubauer.

Der Verivox-Sprecher rät allen Kunden, die Entwicklung des Strompreises vor Ort sehr genau zu verfolgen, denn die Lage könne sich sehr schnell ändern. Dabei müsse man bedenken, dass man beim Grundtarif des Grundversorgers, anders als bei den meisten Alternativanbietern, keine Preisgarantie habe.

Experte: In zwei Fällen ist ein Wechsel des Stromanbieters ratsam

Daher rät Neubauer in zwei Fällen zum Wechsel vom Grundversorger zu einem seriösen Alternativ-Anbieter: „Das ist dann sinnvoll, wenn der Alternativ-Anbieter günstiger oder ähnlich teuer ist wie der Grundversorger, weil man dann eine Preisgarantie für eine gewisse Zeit hat.“

Wenn der Alternativanbieter deutlich teurer sei, empfehle er, eher noch ein paar Monate beim Grundversorger zu bleiben und zu beobachten, wie sich die Preise entwickeln. In dem Fall könne man später noch immer wechseln.