Eigentlich hat sich die Lage auf dem Strommarkt gegenüber dem vergangenen Sommer deutlich entspannt. Die Strom-Preise auf den Weltmarkt sind dramatisch gesunken. Am 29. August kostete eine Megawattstunde Strom (das sind 1.000 Kilowattstunden) für die Energieversorger im Einkauf im Durchschnitt 607,30 Euro, am 28. Januar 174,21 Euro und in diesen Tagen (Stand 25. April) 98,25 Euro.
Trotzdem haben die allermeisten Grundversorger ihre Preise für die Endkunden nicht entsprechend gesenkt. Das zeigt ein von unserer Redaktion erstellter Vergleich der Strompreise von 74 willkürlich ausgewählten Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen. Zwischen Ende Januar und Ende April 2023 haben lediglich 9 Grundversorger ihren monatlichen Gesamtpreis gesenkt. Bei 34 ist er konstant geblieben und in 31 Fällen stieg er sogar.
Demgegenüber haben ausnahmslos in allen 74 untersuchten Orten alternative Anbieter ihre Preise deutlich heruntergeschraubt. Sie liegen jetzt überall mehr als deutlich unter den Preisen der Grundversorger.
„Verbraucher können daher durch einen Wechsel deutlich sparen“
Christina Wallraf ist Energie-Expertin bei der nordrhein-westfälischen Verbraucherzentrale in Düsseldorf. Sie sagt: „Insgesamt gilt: Die Grundversorgung ist nun wieder teurer als alternative Tarife am Markt. Verbraucher können daher durch einen Wechsel deutlich sparen.“
Nach Berechnungen unserer Redaktion könnte man derzeit durch einen Wechsel beispielsweise in Dortmund 550,08 Euro im Jahr sparen und in Werne 546,48 Euro. In den anderen Städten gibt es vergleichbares Einsparpotenzial.
Dabei könne möglicherweise auch ein Wechsel zu einem anderen Tarif des Grundversorgers infrage kommen, sagt die Energie-Expertin. „Ein Teil der Grundversorger hält nämlich Sondertarife bereit, die deutlich günstiger als die Grundversorgung sind“, sagt Christina Wallraf. Das könne eine Option für Verbraucher sein, die gerne bei ihren Stadtwerken vor Ort bleiben wollen.
„Wer noch in einem Vertrag ist, der oberhalb der Preisbremse liegt, gegebenenfalls sogar deutlich mehr zahlt, sollte einen Wechsel in Betracht ziehen“, sagt die Energie-Expertin. Sie bezieht sich dabei auf die Strompreisbremse, die ab einem Preis von 40 Cent pro Kilowattstunde greift. Ab diesem Wert zahlt der Staat die darüber hinaus gehende Summe, allerdings nur bis zu einer Grenze von 80 Prozent des Vorjahres-Verbrauchs.
Ein Wechsel sei insbesondere dann angebracht, wenn die Preise schon länger hoch sind, sagt Christina Wallraf, und ergänzt: „Viele Verbraucher befinden sich in Tarifen mit längeren Laufzeiten, hier sollte man die Kündigungsfrist und das Ende der Vertragslaufzeit in den Blick nehmen, um den Wechselzeitpunkt nicht zu verpassen. Aus der Grundversorgung kann man jederzeit mit zweiwöchiger Kündigungsfrist raus.“
In der aktuellen Situation hält sie einen Tarif mit einjähriger Laufzeit und Preisgarantie für einen guten Mittelweg zwischen Flexibilität und Sicherheit. Allerdings gebe es einige Dinge, die man bei einem Anbieterwechsel berücksichtigen solle.
„Man sollte potentielle neue Anbieter in den Portalen kurz überprüfen: Gab es bei ihnen in der Vergangenheit Probleme? Das findet man über eine Internetrecherche heraus“, sagt Christina Wallraf. Zudem sei es sinnvoll, in den Vergleichsportalen auch ein wenig nach unten zu scrollen und „sich nicht vom allergünstigsten Anbieter locken lassen, genauso wenig von den Werbeanzeigen“. Oft böten eben auch Stadtwerke oder Stadtwerketöchter günstige Tarife an.
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