
Heute wage ich mich auf ein Minenfeld. Der erste Sprengstoff ist dabei allerdings nicht einmal das Thema selbst, über das ich schreiben will. Das erste Riesenproblem ist vielmehr eine Tatsache, die ich weder ändern kann, noch ändern will: Ich bin ein Mann.
Als solcher kann mir leicht unterstellt werden, dass ich alles durch die rein männlich gefärbte Brille eines Machos betrachte. Ich kann Ihnen versichern, dass dem ganz und gar nicht so ist, und trotzdem: Mit diesem Handicap muss ich leben und schreibe daher dennoch über eine Sache, die mir am Herzen liegt: die deutsche Sprache.
Genauer gesagt geht es um das Gendern. Sie wissen schon: Wer heute sagt: „Die Lehrer bekommen eine Gehaltserhöhung“ wird sofort von einer zunehmend rigorosen, teils geradezu militanten Sprachpolizei – wer auch immer als treibende Kraft dahinter stecken mag – abgestraft und mit Protesten überzogen.
Man schließe damit alle „Lehrerinnen“ aus, ätzen Gender-Anhänger. Das „generische Maskulinum“, bei dem der grammatikalisch männliche Begriff geschlechtermäßig sowohl Männer als auch Frauen einschließt, ist für alle Vorkämpfer einer geschlechterneutralen Sprache das Feindbild schlechthin. Damit manifestiere sich die Unterdrückung der Frau in der Sprache und werde auf ewig zementiert, so die Gender-Verteidiger.
Mehrheit der Deutschen lehnt das Gendern ab
Stattdessen müsse man grundsätzlich „Lehrerinnen und Lehrer“ sagen. Und wem das zu lang sei, der müsse LehrerInnen, Lehrer_innen oder Lehrer*innen schreiben und beim Sprechen an der Stelle des großen I, des _ oder des * eine Pause einlegen, den „Glottisschlag“.
Für mich ist klar: Die Motive dieses Kampfes für die Gleichberechtigung der Geschlechter mögen im Einzelfall durchaus ehrenwert sein. Sie rechtfertigen aber nicht im Geringsten, unsere Sprache in eine unsprechbare, unlesbare und unverständliche Stotter- und Trümmerwüste zu verwandeln. Das sieht im Übrigen auch eine klare Mehrheit der Deutschen so, wie erst vor wenigen Wochen repräsentative Umfragen des WDR (Infratest dimap) und des Magazins Chrismon (Kantar) bestätigten.
Neue Erkenntnisse zum „generischen Maskulinum“
Und jetzt bekomme ich Rückendeckung von zwei renommierten Sprachwissenschaftlern. Dr. Ewa Trutkowski vom Berliner Leibniz-Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft und Prof. Dr. Helmut Weiß von der Goethe-Universität Frankfurt haben, wie der Spiegel in diesen Tagen berichtet, mit einer Studie eines der Hauptargumente der Gender-Befürworter widerlegt.
Gender-Fans behaupten nämlich regelmäßig, dass das „generische Maskulinum“ Frauen sprachlich unsichtbar mache. Zudem handle es sich nur um eine sehr junge Übereinkunft im Sprachgebrauch. Mehr nicht. Deshalb zerstöre man sprachlich nichts Wertvolles, wenn man gendere.
Unfug, sagt die neue Studie. Die beiden Wissenschaftler gingen mit ihrer Forschung bis ins 9. Jahrhundert zurück und fanden eine Fülle an Beispielen für die Verwendung des generischen Maskulinums auch dann, wenn es – wie etwa bei Worten wie „Sünder“, „Freund“ oder „Lügner“ – auch eine weibliche Form gab. Das generische Maskulinum ist also laut dieser Studie definitiv keine neumodische Erfindung zur Unterdrückung von Frauen, wie Gender-Befürworter behaupten.
Die Sprachforscher folgern daraus auch, dass es den Gender-Anhängern gar nicht um unsere Sprache geht, sondern um ein rein politisches Statement für Geschlechtergerechtigkeit. Dabei nutzten Firmen, Politiker und auch manche Journalisten das Gendern, so erläutern die Forscher, um zu demonstrieren, wie fortschrittlich und moralisch integer sie doch handelten. Aber: Ausgerechnet dort, wo besonders stringent gegendert werde, würden Frauen oft weiter für die gleiche Leistung schlechter bezahlt als Männer. Das riecht verdächtig nach Heuchelei.
Drei Schlussfolgerungen aus der neuen Studie
Was sagt uns das jetzt? Drei Dinge: Erstens: Nicht jeder, der gendert, meint es wirklich ernst mit der Gleichberechtigung. Zweitens: Nicht jeder, der nicht gendert, will Frauen Böses. Drittens: Solange Sprache zuallererst dazu dient, möglichst verständlich mit anderen zu kommunizieren, und nicht, eine Waffe im politischen Kampf zu sein, werde ich den Gender-Irrsinn nicht mitmachen.
Und was ist mit Schiller und Reinhard Mey?
Schillers Lied von der Glocke möge auch weiterhin so beginnen wie seit 1799 und eben nicht in der Gender-Version:
„Fest gemauert in der Erden
Steht die Form aus Lehm gebrannt.
Heute muss die Glocke werden!
Frisch, Gesellinnen und Gesellen, seid zur Hand!
Von der Stirne heiß
Rinnen muss der Schweiß,
Soll das Werk den Meister oder die Meisterin loben;
Doch der Segen kommt von oben.“
Und auch Reinhard Mey soll weiter singen „Gute Nacht, Freunde“ und nicht „Gute Nacht, Freundinnen und Freunde“.
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