
Was sich die großen Energiekonzerne gerade leisten, ist empörend. In diesen Tagen verkündeten die drei Energieriesen E.ON, RWE und EnBW massive Gewinnsteigerungen im ersten Halbjahr 2023. Und für den Rest des Jahres blicken sie auf glänzende Aussichten und weiter wachsende Gewinne. Sie sollten sich schämen.
Für Durchschnitts-Menschen sind die hohen Energiekosten ein dreifaches Übel: Erstens müssen sie Strom, Gas, Fernwärme und Benzin selbst teuer bezahlen. Zweitens treiben hohe Energiekosten auch die Preise für alles andere in die Höhe. Und drittens bezahlen sie über ihre Steuern auch die Gelder, die dank der Preisbremsen an die Energieversorger fließen. Die Energiekonzerne aber feiern sich und ihre Milliarden-Gewinne. Das ist skandalös.
Hier die frischen Zahlen, die einfach nur wütend machen:
E.ON meldet für das erste Halbjahr 2023 eine Steigerung seines Gewinns vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebdita) im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 um 40 Prozent auf 5,7 Milliarden Euro. Für das gesamte Jahr korrigierte E.ON seine Prognose vom Jahresanfang nach oben und rechnet jetzt mit einem Gewinn von bis zu 8,8 Milliarden Euro.
EnBW erhöhte den Gewinn (Ebitda) im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum um mehr als 60 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro. RWE hat im ersten Halbjahr seinen (Ebitda-)Gewinn gegenüber 2022 von 2,1 auf 4,5 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Allerdings verkauft RWE seit 2016 seinen Strom nicht mehr an Endkunden.
Gewinnsprünge jenseits von Gut und Böse
Selbstverständlich dürfen Energieversorger, zu denen ja neben den großen Konzernen auch die vielen kleinen Stadtwerke überall im Land zählen, Gewinne machen, müssen es sogar. Nur so können sie den Umbau weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien wie Wind, Sonne und Wasser finanzieren.
Die aktuellen Gewinnsprünge aber sind jenseits von Gut und Böse, denn: Die Einkaufspreise, die die Energieversorger an den Börsen bezahlen müssen, sind kräftig gesunken: Bei Strom von durchschnittlich 465,18 Euro pro Megawattstunde (1.000 Kilowattstunden) im August 2022 auf jetzt 77,60 Euro. Bei Gas von 315,86 Euro pro Megawattstunde im August 2022 auf aktuell rund 35 Euro. Statt die stark gesunkenen Einkaufspreise an ihre Endkunden weiterzugeben, erhöhen die Konzerne lieber ihre Gewinne.
Seit Anfang Januar sind die Preisbremsen in Kraft. Das heißt beispielsweise für Privatleute: Für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs übernimmt der Staat die Kosten, die bei Strom über 40 Cent pro Kilowattstunde, bei Gas über 12 Cent pro Kilowattstunde und bei Fernwärme über 9,5 Cent pro Kilowattstunde liegen.
Wie Stephan Gabriel Haufe , Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums, auf Anfrage unserer Redaktion berichtet, hat der Staat bis jetzt rund 18 Milliarden Euro aus Steuermitteln für diese Preisbremsen ausgegeben. Wenn man die Sonder-Hilfen aus dem Dezember 2022 hinzurechnet, sind es sogar 22,7 Milliarden Euro.
Die Argumente der Konzerne
Gegenüber unserer Redaktion verteidigt E.ON seine Preispolitik damit, dass man zum 1. September 2023 die Kundenpreise um 28 Prozent bei Gas und um 18 Prozent bei Strom senken werde. Den Einwand, dass das im Vergleich zu einem Gewinnsprung um 64,3 Prozent doch arg wenig sei, lässt der E.ON-Pressesprecher nicht gelten. Das sei ein Äpfel-Birnen-Vergleich. Stimmt: Ich vergleiche die trotz sinkender Einkaufspreise mit weiterhin hohen Verkaufspreisen erwirtschafteten Rekord-Gewinne der Energie-Riesen mit den einfachen Menschen, die diese Gewinne bezahlen müssen.
EnBW verweist auf Anfrage darauf, dass man beim Strom in der Grundversorgung mit 37,31 Cent pro Kilowattstunde unterhalb der Strompreisbremse von 40 Cent und beim Gas mit 13,74 Cent nur leicht über der Preisbremse von 12 Cent liege. Das sei weniger als die durchschnittlichen Marktpreise. Im Übrigen argumentiert EnBW mit den hohen Kosten für den Umstieg auf regenerative Energien.
Verbraucherzentrale: „Spielraum für Preissenkungen nicht genutzt“
Die Verbraucherzentrale NRW lässt die Argumente der Stromriesen so nicht gelten: „Aufgrund der bereits im März von den Konzernen kommunizierten hohen Gewinne für das Geschäftsjahr 2022 und der stark sinkenden Börsenpreise hatten wir bereits im Frühjahr von E.ON gefordert, die Preise auf Preisbremsenniveau abzusenken und von weiteren Preiserhöhungen abzusehen“, antwortet Christina Wallraf, Referentin Energiemarkt der Verbraucherzentrale NRW, auf unsere Fragen.
Stattdessen habe E.ON die Preise in vielen Regionen weiter erhöht, teils sogar noch im Juni 2023. „Aus unserer Sicht ist es nicht nachvollziehbar, dass E.ON seinen offenbar vorhandenen Spielraum für Preissenkungen nicht früher genutzt hat“, sagt Christina Wallraf, die auch von EnBW erwartet, dass der Versorger vor allem den Gaspreis noch vor Beginn der Heizperiode senkt.
Auch den Energie-Riesen RWE, an dem zahlreiche nordrhein-westfälische Städte und Kreise Anteile besitzen, kritisiert Christina Wallraf heftig: „RWE ist ein Profiteur der Krise. RWE konnte seinen erzeugten Strom sehr teuer verkaufen und so sehr hohe Margen im Bereich der Erneuerbaren und der Braunkohleverstromung erzielen.“
Bundeskartellamt leitet Verfahren gegen Versorger ein
Die Dreistigkeit, mit der Energieversorger ganz offensichtlich die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Krise ausnutzen, ist kaum noch zu toppen. Wieso müssen Sie und ich über unsere Steuern den Energieversorgern seit Januar 18 Milliarden Euro zahlen, wenn diese gleichzeitig doch ihre Gewinnmargen in exorbitante Höhen schrauben?
Diese Frage stellt sich auch das Bundeskartellamt. Andreas Mundt, Präsident der Behörde mit Sitz in Bonn, stellt dazu auf Anfrage fest: „Der Staat stellt gewaltige Entlastungsbeträge zur Verfügung und unsere Aufgabe besteht darin, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vor Ausbeutung zu schützen. Mittlerweile laufen drei Tranchen von Prüfverfahren bei Gas, Fernwärme und Strom.“ Ergebnisse der Prüfungen lägen noch nicht vor.
Bund der Steuerzahler: „Das passt nicht zusammen“
Jens Ammann vom nordrhein-westfälischen Bund der Steuerzahler bringt das, was sich gerade auf dem Energiemarkt abspielt, sehr höflich auf den Punkt: „Energie ist Teil der Daseinsversorgung. Staatliche Hilfen einerseits, Milliardengewinne andererseits passen nicht zusammen.“ Man kann es auch etwas weniger diplomatisch ausdrücken: Die Energiereisen fahren derzeit nicht nur maximal hohe, sondern auch maximal unanständige Gewinne ein. Es wird allerhöchste Zeit, dass das ein Ende hat.
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