Kilometerlange Menschenkette gegen Braunkohle am Tagebau Garzweiler

Demonstration

Das neue „Hambi“ heißt Garzweiler: Mit einer Menschenkette haben tausende Klimaschützer im Rheinischen Revier eine rote Linie markiert und einen schnelleren Kohleausstieg gefordert.

Erkelenz

von Ulrike Hofsähs

, 07.08.2021, 16:28 Uhr / Lesedauer: 2 min
Aktivisten halten einen Ballon, der NRW-Ministerpräsident und CDU-Kanzlerkandidat Laschet darstellen soll.

Aktivisten halten einen Ballon, der NRW-Ministerpräsident und CDU-Kanzlerkandidat Laschet darstellen soll. © picture alliance/dpa

Mehrere Tausend Menschen haben am Samstag (7.8.) am Tagebau Garzweiler für einen schnelleren Ausstieg aus der Braunkohleförderung demonstriert. Bei der Protestaktion verbanden die Teilnehmer mit einer Menschenkette die vier Kilometer voneinander entfernten Dörfer Lützerath und Keyenberg. Damit sollte zugleich symbolisch die Abbaugrenze gezeigt werden, mit der die Ziele des Pariser Klimaabkommens eingehalten werden könnten.

Polizei: Kraftvoller und friedlicher Protest

Zu der Protestaktion hatten unter anderem der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die örtliche Organisationen wie „Alle Dörfer bleiben“ aufgerufen. Der BUND gab die Zahl der Demonstranten mit 2500 an. Von einem „kraftvollen, friedlichen Protest“ sprach am Nachmittag die Polizei. Angemeldet waren 3000 Teilnehmer.

Die Kette der Demonstranten schlängelte sich in einer bunten Reihe, unter Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen, durch grüne Wiesen, an Grünland und weidenden Kühen vorbei. Zahlreiche Teilnehmer trugen Transparente wie „Stoppt Braunkohle“, „Klimaschutz heißt Kohleausstieg“ oder „Stoppt die Grünflächenzerstörung“. Bei trockenem Wetter waren viele mit Fahrrädern unterwegs.

Scharfe Kritik an Armin Laschet

Immer wieder wurde Armin Laschet, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident und Unions-Kanzlerkandidat, kritisiert. Am Rand der Menschenkette hüpfte ein großer Ballon mit seinem Porträt im Wind auf und ab.

„Wenn wir jetzt hier die Chance verpassen, dann werden wir dafür bitter bezahlen“, erklärte Verena Graichen für den BUND. Für Greenpeace verlangte deren Energie-Experte Bastian Neuwirth, die „schmutzigen Kohlemeiler“ müssten schneller vom Netz.

Hier entscheide sich, ob Deutschland seine Verpflichtung aus den Pariser Klimazielen einhalte. Eine Frau aus einem nahen Ort meinte, die Unsicherheit und der Druck in den Dörfern seien kaum auszuhalten.

Mehrere Dörfer sollen weichen

Lützerath soll als erstes Dorf am Tagebau Garzweiler für den Kohleabbau verschwinden. Ob die zur Stadt Erkelenz gehörenden Dörfer Keyenberg, Kuckum, Ober- und Unterwestrich und Berverath noch weichen müssen, soll bis Ende 2026 entschieden werden. Der Betrieb in den drei Tagebauen im Rheinischen Revier soll nach und nach auslaufen und bis spätestens 2038 beendet sein.

Lange war der Hambacher Forst am Tagebau Hambach das Symbol für den Protest gegen die Kohleverstromung. Doch nachdem entschieden ist, dass der an der Abbaukante gelegene Wald erhalten bleibt und der Abbau früher enden soll, steht „Hambi“ nicht mehr im Brennpunkt. Stattdessen ist der Tagebau Garzweiler mit den angrenzenden Dörfern das Zentrum der Proteste.

Bäcker bringt Brot für Aktivisten

David Dresen, Sprecher von „Alle Dörfer bleiben“, sieht das gerne: „Ich bin froh, dass sich der Widerstand herüber verlagert hat“. Auch der Bäcker von Keyenberg ist einverstanden mit den jungen Klimaschützern, die in der Nähe zelten. „Superfreundlich“ seien sie gewesen, als er Brot vorbeibrachte.

Kürzlich meldete sich sogar der Aachener Bischof Helmut Dieser zu Wort: Er verlangte einen früheren Entschluss für den Erhalt der Dörfer im rheinischen Braunkohlerevier. Fünf weitere Jahre Ungewissheit seien für die Menschen schwer zu ertragen. Eine Verlängerung des Schwebezustands lasse die Menschen „mit ihrem Lebensglück dafür bezahlen“, erklärte der katholische Geistliche.

dpa

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