Steigende Lebensmittelpreise: Welche Produkte jetzt teurer werden

Krieg

Wegen des Krieges in der Ukraine sind die Lebensmittelpreise stark gestiegen. Supermärkte haben bereits ihre Preise erhöht. Einige Produkte sind davon besonders betroffen.

Berlin

von Leonard Laurig

, 22.03.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min
Einkaufen im Supermarkt wird schon bald vermutlich teurer.

Einkaufen im Supermarkt wird schon bald vermutlich teurer. © RND

Der Krieg in der Ukraine hat auch Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft. Die Ukraine und Russland gelten als die Kornkammer Europas. Etwa 30 Prozent der globalen Weizenerzeugung stammt aus diesen beiden Ländern. Kiew hat bereits beschlossen, die Ausfuhr von Grundnahrungsmitteln zu verbieten, um der Versorgung der eigenen Bevölkerung Vorrang einzuräumen. Auch Russland hat angekündigt, die Ausfuhr von Weizen, Gerste, Roggen und anderem Getreide einzuschränken, um den Bedarf im eigenen Land zu sichern.

Schon vor Ausbruch des Krieges lagen die Lebensmittelpreise auf dem höchsten Stand der letzten Jahrzehnte. Allerdings war der Anstieg nicht so sprunghaft wie jetzt. Im Februar lagen Verbraucherpreise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke nach Angaben des Statistischen Bundesamtes um 5,1 Prozent über dem Vorjahresniveau. Grund dafür waren laut Matin Qaim, Agrarökonom und Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung an der Universität Bonn, hohe Energie-, Dünger- und Transportkosten – „gekoppelt mit einer weiter stark steigenden Weltnachfrage und schlechten Ernten in einigen der Hauptanbauregionen“, erklärt Qaim auf Anfrage des RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Seit Ausbruch des Krieges seien die Preise dann nochmal massiv gestiegen, „weil die Exporte aus der Ukraine und aus Russland auf dem Weltmarkt fehlen und davon auszugehen ist, dass ein Großteil der sonst exportierten Mengen auch in der Haupterntezeit im Sommer und Herbst fehlen wird“, so Qaim.

Der Discounter Aldi hat bereits reagiert und die Preise nach oben angepasst. Das bestätigte eine Sprecherin der Unternehmensgruppe Aldi Süd dem RND. „Die Situation in der Ukraine führt zu zusätzlichen Herausforderungen in den Lieferketten und bei der Rohstoffbeschaffung“, erklärte sie. Das wirke sich auch auf das Sortiment in Form von steigender Einkaufspreise aus. „Dort, wo sich die Kosten im Einkauf durch die derzeitige Marktsituation verändern, müssen auch wir die Verkaufspreise erhöhen“, so die Sprecherin.

Vor allem Weizen, Mais, und pflanzliche Öle werden teurer

Zuerst hatte die „Lebensmittelzeitung“ berichtet, dass Aldi bei 400 Produkten die Preise erhöhen will. Demnach soll auch Discounter-Konkurrent Lidl bereits nachgezogen und die Preise angehoben haben – Supermärkte könnten folgen. Auf RND-Anfrage wollte Lidl keine Angaben zur Preisentwicklung machen. Eine Sprecherin des Edeka-Verbundes bestätigte zwar „steigende Erzeugungs- und Herstellungskosten, die sich teilweise in den Verkaufspreisen im Lebensmitteleinzelhandel niederschlagen“, wollte sich aber zu konkreten Preisentwicklungen nicht äußern.

Laut Matin Qaim sind aktuell durch den Krieg in der Ukraine vor allem Weizen, Mais, und pflanzliche Öle von den Preissteigerungen betroffen. „Aber da viel Mais verfüttert wird und damit die Futterkosten steigen, sind auch Milchprodukte und Fleisch deutlich teurer geworden.“ Preise für andere Lebensmittel würden in der Folge auch anziehen, „weil jeder versucht, die teurer werdenden Produkte zu ersetzen und teilweise auf Alternativen umschwenkt“, so Qaim.

Boris Hedde, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung (IFH Köln), betont vor allem die Auswirkungen des Krieges auf den Energiesektor. Die schon vor dem Krieg sichtbaren Tendenzen bei Preiserhöhungen würden durch steigende Energiekosten nochmal verstärkt, sagte er dem RND. „Da der Bereich Energie für viele Waren in der Produktion und Distribution entscheidend ist, werden wir auch bei annähernd allen Produkten Preiseffekte sehen.“ Die Kostensteigerungen bei Transport und Logistik würden alle im Lebensmittelmarkt tätigen Unternehmen betreffen. „Besonders betroffen sind automatisch jene Waren, die besonders energieintensiv produziert werden“, erklärt Hedde. Je länger der Krieg andauere und je teurer damit verbunden die Energiekosten würden, müssten sich Verbraucher in den nächsten Wochen auf weitere Preiserhöhungen einstellen.

Matin Qaim schätzt die Belastung für Verbraucherinnen und Verbraucher eher gering ein. „Wir werden vorübergehend ein paar Cents mehr für Lebensmittel bezahlen müssen, aber die Versorgung ist insgesamt gesichert.“ Grund für Hamsterkäufe gebe es definitiv nicht. Arme Bevölkerungsschichten sollten allerdings für die Preissteigerungen kompensiert werden, „um soziale Härten zu vermeiden.“ Das fordert auch Anne Markwardt, Leiterin Team Lebensmittel des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Für Menschen mit geringem Einkommen könnte die Teuerung zum Problem werden „insbesondere, weil gleichzeitig die Ausgaben für Energie- und Heizkosten in den Haushalten so stark steigen. Eine gezielte Unterstützung einkommensschwacher Familien ist deshalb dringend wichtig“, sagte Markwardt auf RND-Anfrage.

Bauernpräsident: Nahrungsmittelversorgung für Deutschland gesichert

Bauernpräsident Joachim Rukwied zeigte sich mit Blick auf die Versorgungssicherheit in Deutschland gelassen. Aktuell rechne er nicht mit Ausfällen von Nahrungsmitteln. „Die Versorgung sehe ich bis zum Frühjahr 2023 gesichert. Für den Zeitraum danach wage ich keine Prognose“, sagte er im RND-Interview.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir warnte Verbraucherinnen und Verbraucher vor Hamsterkäufen. „Das würde erst recht dafür sorgen, dass die Preise durch die Decke schießen und die Händler gewisse Produkte rationieren.“ Um den steigenden Preisen entgegenzuwirken brachte Özdemir Entlastungen ins Gespräch. „Deshalb muss man schon fragen, ob eine Entlastung hier nicht zielgerichteter ist als beim Benzinpreis und allen zugutekommt, insbesondere denjenigen, die wirklich Not leiden“, sagte der Grünen-Politiker dem „Spiegel“.

Bauernpräsident Rukwied sagte, er sorge sich eher um die Folgen des Krieges für die Welternährung. „Insbesondere geht mein Blick nach Afrika, aber auch in den arabischen und asiatischen Raum. Dorthin, wo die Ukraine ein wesentlicher Lieferant war und jetzt Versorgungsengpässe zu befürchten sind“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. Europa werde diesen Regionen zur Seite springen müssen. Auch Agrarökonom Qaim prognostizierte, dass es in Afrika zu deutlich mehr Hunger kommen könnte. „Da müssen wir als Weltgemeinschaft unterstützen.“

In Deutschland war der Anstieg der Lebensmittelpreise bisher vergleichsweise moderat. Viel größer war der Anstieg der Weltmarktpreise. Hier sind nach Angaben der Vereinten Nationen die Preise im vergangenen Jahr um 28 Prozent gestiegen.

RND/dpa

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