Statt Schläger: In Essen wird mit dem Fuß gegolft

18 Bahnen auf dem Rutherhof

„Oh nein!“ Das ist wohl der häufigste Ausruf an diesem Tag auf dem Rutherhof in Essen. Auf 18 Bahnen versuchen sich viele im Fußballgolfen. Die Mischung aus Golfen und Fußballspielen erfordert viel Geschick und ab und an auch einen harten Schuss.

Essen

, 12.06.2016, 06:13 Uhr / Lesedauer: 4 min
Durch diesen Holzstoß muss der Ball durch.

Durch diesen Holzstoß muss der Ball durch.

Es ist nicht überliefert, dass Zlatan Ibrahimovic jemals Fußballgolf gespielt hat. Fakt ist aber: In der Heimat des extravaganten Schweden steht die Wiege dieses sportlichen Zeitvertreibs, der auch in Deutschland immer mehr Anhänger findet. Und spätestens seit Oliver Kahn in der Werbung für einen Sportwettenanbieter den Fußball über das unwegsame Gelände tritt, ist klar, hier bahnt sich eine neue Sportart ihren Weg. Warum auch nicht? Die Spieler sind in der schönen Natur, laufen viel, können sich reichlich ärgern und noch mehr freuen, wenn es klappt. Und Fußball geht immer. Zum Glück müssen aber die Filigrantechniker nicht so eine modisch fragwürdige Montur anziehen, wie Oliver Kahn es im Fernsehen vormacht.

Wie aus dem Handbuch für Minigolf

Wer dem Titan nacheifern möchte, kann nach Essen-Kettwig auf den Rutherhof fahren. An diesem Tag steht Uwe Schlieper in seiner Hütte, braungebrannt, die Hände lässig aufgestützt, er könnte glatt als Surfbrettverleiher auf Big Island durchgehen. Doch statt Boards reicht der Essener Bälle über den Tresen. Fußbälle. Einen gelben, einen grünen, einen roten. Bei der anstehenden Runde Fußballgolf soll schließlich niemand durcheinander kommen.

Ein paar Schritte sind zu laufen, ehe die Bahnen erreicht sind. Rechts schaukelt ein Rapsfeld im Wind, und vorne liegen die Hügel, in denen gleich gegen den Ball getreten werden soll. Die Regeln hat Uwe Schlieper den Anfängern noch mit auf den Weg gegeben. Die wichtigste lautet: „Habt Spaß und genießt es.“ Die anderen könnten auch aus einem Handbuch für Minigolf stammen: Ziel ist es, den Ball mit so wenigen Schüssen wie möglich über die Bahn und die Hindernisse in Richtung Fahne zu bewegen. Dort befindet sich im Boden ein Loch. Da muss das Leder rein.

70 Meter lang und schnurgerade

Wenn der Ball auf dem Weg zum Ziel im hohen Gras neben der Bahn landet, muss er von dort weitergeschossen werden. Hat der Kicker dermaßen hart zugetreten, dass das Spielgerät gar auf einer benachbarten Bahn zum Liegen kommt, darf er zurückgeholt werden. Dann gibt es allerdings einen Strafpunkt. Obwohl der Parcours im Grunde selbst erklärend ist, steht an jeder Bahn noch einmal ein Schild, das auf die Besonderheiten hinweist. Denn klar ist: Fußballgolf soll ja nicht langweilig und eintönig sein, sondern die verschiedenen Fähigkeiten des Kickers testen. Mal ist die Bahn 70 Meter lang und schnurgerade, mal deutlich länger, kurvig und mit einigen Hindernissen vollgestellt. Die kommen auf dem Rutherhof allerdings vermehrt am Ende des 18-Loch-Platzes. Dann, wenn es ans Eingemachte geht und viele Fehlversuche den Spielstand noch einmal gehörig durcheinander würfeln können.

Also los. Abschlag. Loch eins: Der erste Fußball fliegt durch die Luft und landet – natürlich – auf dem ungemähten Gelände neben der Bahn. Zum Glück geht es in diesem Fall den anderen Spielern genauso. Und da liegen sie dann ziemlich einträchtig nebeneinander in den hohen Halmen. Der gelbe, der rote und der grüne Ball. Doch schon nach kurzer Zeit hat man den Dreh raus. Dann weiß man, wann man das Leder besser über den Rasen rollen lässt. Und, wann die Zeit gekommen ist, etwas kräftiger zuzutreten. An der Fahne sind in jedem Fall Konzentration, Ruhe und viel Fußspitzengefühl gefragt. Erst recht, weil die Bahn keineswegs eben wie ein Brett oder wie ein in Beton gegossener Minigolf-Parcours ist, sondern oft zur Seite abfällt. Wer schafft es, das Grün am besten zu „lesen“ und den natürlichen Drall beim Hinabkullern am genauesten im Voraus zu berechnen?

Echte Herausforderungen

Langsam, aber sicher füllt sich die Score-Karte. Ein kurzer Blick auf die notierte Anzahl der Schüsse genügt zur Feststellung: Die Vorgaben für die Bahnen – wie beim richtigen Golf gibt es Par-5-, Par-4- und Par-3-Löcher – liegen längst in unerreichbarer Ferne. Das hat natürlich im Wesentlichen mit den Hindernissen zu tun, mit denen Uwe Schlieper seine Bahnen verschönert und zu echten Herausforderungen getrimmt hat. Wenn der Ball auf dem Weg zum achten Loch durch eine Lücke in einer aufgestapelten Steinmauer gekickt werden muss, kommen sich die Neu-Fußballgolfer so vor, wie ein Profikicker vor der Torwand im Aktuellen Sportstudio. Das Leder will partout nicht so wie der Schütze.

Einige Löcher später hat der Ball dann gefälligst über eine hölzerne Rampe zu rollen, ehe er weiter in Richtung Loch gekickt werden darf. Und schon wieder wird deutlich, wie uneinig sich Spielgerät und Schütze an diesem Tag sind. Zum Glück ist man nicht alleine in seinem Dilemma. Von der Nachbarbahn poltert eine Frau: „Wer soll das schaffen? Also, da würde ich gerne mal einen Profifußballer sehen, der kriegt das bestimmt auch nicht hin.“ Richtig heiß wird es dann aber am Ende. An Loch 18 wartet der Vulkan. Das Loch befindet sich in der Mitte eines begrünten Erdwalls. Das heißt: Wer beim Lupfen nicht trifft, kann zugucken, wie der Ball auf der anderen Seite des Walls wieder Fahrt aufnimmt und nach unten kullert. Zehn Versuche und mehr sind hier sicher keine Seltenheit. So mancher, der bis dahin locker in Führung lag, hat hier schon sein blaues Wunder erlebt.

Gepflegter Kick

Fußballgolf ist die jüngste der vielen Leidenschaften des Essener Landwirts. Erst hatte Uwe Schlieper seinen Hof zur Straußenfarm gemacht, dann hat er mit Swin-Golf eine Jedermann-Variante des einstigen Elitensports etabliert und jetzt läuft alles nebeneinander – und das richtig gut. So gut, dass sich der Chef zur Fußball-Europameisterschaft ein Schmankerl einfallen lassen hat: Die Preise für den gepflegten Kick werden auf die Hälfte reduziert. „Aber nur, solange die deutsche Mannschaft noch im Turnier ist“, sagt Uwe Schlieper. Ein bisschen Anreiz muss es ja doch geben.

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Wer bei der rund zweistündigen Tour über die 18 Bahnen übrigens ins Schwitzen kommt, muss nicht sehnsüchtig in Richtung des doch ein paar Hundert Meter entfernten Hofgeländes gucken, wo im Kühlschrank die Getränke warten. Auf Wunsch gibt es am Verleih neben den Bällen gleich auch einen Bollerwagen mit Bier, Wasser und anderen Erfrischungstränken. Das hält den Quengelfaktor bei Kindern im Rahmen, denn die Fußballgolfer machen ordentlich Kilometer auf ihrer Runde und das erleichtert auch bei den Geburtstagsgruppen, die hier regelmäßig auflaufen, den Transport.

Adresse: Rutherhof, Rutherweg 39, 45133 Essen. Tel (0201) 49 24 68. E-Mail: info@rutherhof.de
Öffnungszeiten: April bis September 10 bis 21 Uhr, März & Oktober: 11 bis 19 Uhr. Preise: Einzelspiel ab 15 Jahren 8 Euro, bis 14 Jahren 6 Euro, Familienkarte 25 Euro. www.rutherhof.de