Starke Frauen triumphierten in Reimann-Oper „Bernarda Albas Haus“ nach Garcia Lorca überzeugte bei Gelsenkirchener Premiere

Starke Frauen triumphierten in Reimann-Oper
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Gab es bei Brittens „Billy Budd“ am Musiktheater im Revier ein reines Männerensemble, so standen bei der Opernpremiere am Samstag nur Frauen auf der Bühne. Gegeben wurde Reimanns „Bernarda Albas Haus“ nach Garcia Lorca, 2000 in München uraufgeführt, aber seit 20 Jahren zu Unrecht in der Versenkung verschwunden.

Altmeister Dietrich Hilsdorf belässt die Oper bei seiner Gelsenkirchener Inszenierung in der Zeit unmittelbar vor dem Spanischen Bürgerkrieg, lässt sie sogar konkret am 19. August 1936 spielen, an dem Garcia Lorca von Anhängern des sich an die Macht putschenden Generals Franco ermordet worden ist. Die Einheitsbühne von Dieter Richter gibt dazu den Blick frei auf den kargen Raum der Mägde und das noble Wohnzimmer im Hause Alba; in der Mitte ein Balkon, über dem eine „Unbefleckte Empfängnis“ des spanischen Barockmalers Murillo thront.

Frauendiktatur

In dem düsteren, authentisch-stimmungsvollen Setting führt Bernarda Alba ein diktatorisches Regiment. Ihre schwachsinnig-hellseherische Mutter hat sie schon weggesperrt.

Nach dem Tod ihres zweiten Mannes verhängt sie eine achtjährige Trauerzeit, die auch ihre fünf erwachsenen Töchter von der Außen-, vor allem der Männerwelt abschirmen soll. Damit ja die Fassade der Familienehre gewahrt bleibt und nichts Unliebsames nach außen dringt.

Oper-Szene
Bernarda Alba (Almuth Herbst, r.) führt ein strenges Regiment. © Monika Forster

Im Haus allerdings geht es hoch her, denn da gibt es den – für die Zuschauer unsichtbaren – jungen Pepe, der gleich drei Schwestern den Kopf verdreht. Hilsdorf bringt mit gekonnter Personenführung die sich zuspitzenden innerfamiliären Spannungen auf den Punkt.

Almuth Herbst als impulsive Bernarda und Sabine Hogrefe als alte, Widerworte gebende Magd bilden starke Gegenspielerinnen. Die junge Soyoon Lee verleiht Tochter Martirio in ihrer Zerbrechlichkeit wie kindischen Boshaftigkeit besonderes Profil. Beeindruckend auch ihre leichte Stimme, die sie in schwindelerregende Höhen treibt.

Hyperexpressiver Gesang

Die musikalische Realisierung ist exzellent, wobei die meist ekstatisch-exaltierten und hyperexpressiven Töne der Sängerinnen auf Dauer auch die Zuhörer stark beanspruchen. Reizvoll ist der häufige Übergang von der Sing- in die Sprechstimme.

Die aparte Orchesterbesetzung aus Bläsern, Klavieren und Celli bringt unter der kompetenten Leitung von Johannes Harneit faszinierende Instrumentalfarben zum Klingen. Und dann gibt es da noch die großartige Mechthild Großmann in der Sprechrolle der Mutter.

Termine: 12. / 18. / 27. 5., 4. / 10. / 24. 6.; Karten: Tel. (0209) 409 72 00.

www.musiktheater-im-revier.de

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