Spielerberater über eine als gierig verruchte Branche: „Meine Eltern haben darunter gelitten“

© Timo Janisch

Spielerberater über eine als gierig verruchte Branche: „Meine Eltern haben darunter gelitten“

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Quereinsteiger Stefan Backs hat einen vollen Alltag. Er ist Spieler- und Trainerberater im Profifußball. Im Interview gibt der gebürtige Unnaer tiefe Einblicke in seinen Beruf.

Unna

, 26.12.2021, 04:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Man könnte Stefan Backs als einen absoluten Quereinsteiger bezeichnen. Lange Zeit wusste er überhaupt nicht, dass es so etwas wie Spielerberater im Fußball überhaupt gibt. Heute ist der 56-Jährige selbst einer von ihnen. Der gebürtige Unnaer weiß um den Ruf, den seine Branche mitunter in der Öffentlichkeit innehat. Doch er wehrt sich im Interview dagegen.

Herr Backs, Sie haben früher als Journalist gearbeitet. Wie und warum sind Sie Spielerberater geworden?

Als ich angefangen habe, als Journalist zu arbeiten, wusste ich überhaupt nicht, dass es den Beruf des Spielerberaters überhaupt gibt. Am Ende bin ich wie jeder meiner Kollegen dazu gekommen, wie die Jungfrau zum Kinde. Mich hat irgendwann ein Spieler gefragt, ob ich ihn nicht managen möchte. Da habe ich ihn erstmal gefragt: ‚Wie meinst du denn das?‘ Dann haben wir uns hingesetzt, uns unterhalten und dann meinte ich: Okay, mach ich!‘

Fiel es Ihnen schwer, dem Journalismus danach den Rücken zu kehren?

Ich habe damals bei Sat.1 ran gearbeitet. Die Produktion zog jedoch von Berlin nach München um. Nichts gegen München, aber da wollte ich partout nicht hinziehen. Da musste ich mir also eh etwas anderes überlegen. So kam mir die Anfrage von dem Spieler damals gerade recht.

Welcher war Ihr erster Deal, den Sie abgewickelt haben? Und wie lief der ab?

Das war Hanno Balitsch und dessen Wechsel zu Hannover 96 (2005, Anm. d. Red.). Ich saß danach im Zug und dachte mir: Wie? Das war alles? Ich hatte mir das im Vorhinein immer sehr mysteriös vorgestellt, aber das Gespräch verlief total unprätentiös, total sachlich. Insgesamt ging es schnell über die Bühne und hat mir Spaß gemacht. In diesem Fall war es aber auch so, dass die Gehaltsforderung des Spielers und das Angebot des Vereins nah beieinander lagen. So konnten wir schnell einen Konsens finden.

Hanno Balitsch war der erste Spieler, den Berater Stefan Backs unter Vertrag hatte. Mit ihm wickelte Backs den Deal mit Hannover 96 ab.

Hanno Balitsch war der erste Spieler, den Berater Stefan Backs unter Vertrag hatte. Mit ihm wickelte Backs den Deal mit Hannover 96 ab. © dpa

Wie genau muss man sich den Ablauf eines Transfers vorstellen? Wie geht es los? Wer kontaktiert da wen?

Die Vereine kontaktieren mich und hinterlegen bei mir ihr Interesse an einem Spieler. Ich spreche dann mit dem Spieler und frage ihn, ob er sich das vorstellen kann. Ich führe dann weitere Gespräche mit den Vereinen, bis es dann nur noch um Einzelheiten geht.

Sie haben nicht nur Profi-Spieler wie Alexander Nübel (AS Monaco) und Amateurspieler unter Vertrag, sondern auch Profi-Trainer wie Marco Antwerpen vom 1. FC Kaiserslautern, der wie Sie ebenfalls aus Unna stammt. Wo liegt bei Ihrer Agentur eher der Fokus?

Inzwischen auf den Trainern. Mit den Spielern ist es immer schwieriger geworden. Nicht wegen der Spieler selbst, sondern oft wegen der Eltern, die meistens unglaubliche Vorstellungen haben. Die sehen ihre Kinder am liebsten sofort beim FC Bayern als Stammspieler. Wenn ich denen aber sage, Sandhausen ist auch ein schöner Klub, dann rappelt‘s da schon das erste Mal. So etwas hast du bei Trainern nicht. Das sind gestandene Menschen, die bringen auch selten ihre Eltern mit zu den Gesprächen. Bei der Arbeit mit Trainern kommt mir auch mein früherer Job als Journalist zugute, weil ein großer Teil der Trainerarbeit im Profifußball mittlerweile Medienarbeit ist. So kann ich als Berater schon eine Menge wegnehmen.

Das Transferfenster öffnet und schließt irgendwann. Wie sieht ihr Alltag zwischen diesen Perioden aus?

Das Transferfenster spielt für uns Spielerberater eigentlich gar keine Rolle. Ich habe keinen freien Tag, bin immer für meine Klienten erreichbar und häufig auf Reisen, um mir Spieler anzuschauen. Durch Corona waren wir lange zur Untätigkeit verdammt, weil wir nicht in die Stadien konnten. In der Zeit lief meine Arbeit viel über das Telefon, das Tablet oder den Fernseher ab. Ich genieße jeden Stadionbesuch und bin genau so gerne bei einem Regionalliga- oder Jugendspiel wie bei einem Bundesligaspiel. Der Vorteil bei Trainern ist: Für die gibt es gar keine Transferperioden.

Kaiserslautern-Trainer Marco Antwerpen (Foto) und Stefan Backs waren gemeinsam beim Termin in der Sportredaktion. Backs ist der Berater von Antwerpen. Beide kommen aus Unna und sind seit längerer Zeit miteinander befreundet.

Kaiserslautern-Trainer Marco Antwerpen (Foto) und Stefan Backs waren gemeinsam beim Termin in der Sportredaktion. Backs ist der Berater von Antwerpen. Beide kommen aus Unna und sind seit längerer Zeit miteinander befreundet. © Timo Janisch

Wie häufig sind Sie im Austausch mit Ihren Klienten? Doch nicht nur, wenn es um Wechselabsichten oder neue Verträge geht...

Nein, ich bin ja nicht nur Vermittler, sondern eben Berater und stehe den Spielern auch bei Höhen und Tiefen bei. Es gibt Spieler, mit denen bin ich im ständigen Austausch, manche wollen das täglich. Manch anderer vielleicht nur einmal im Monat. Das ist ganz unterschiedlich.

Die Spielerberaterbranche gilt in der Öffentlichkeit mitunter als gierig verrucht. Wie gehen Sie damit um?

Das war am Anfang schwer für mich. Meine Eltern haben anfangs darunter gelitten, weil meine Branche ja nicht den besten Ruf hat. Aber sie kennen mich und ich habe ihnen schnell erklären können, wie unprätentiös das Geschäft meistens abläuft, aber auch, dass es eben schwarze Schafe in der Branche gibt - wie in jeder Branche auch. Ich bin selbst dafür verantwortlich, welchen Ruf ich habe.

Wie ist Ihre Herangehensweise in den Gesprächen mit Vereinen?

Ich bin Fußballfan. Und ich weiß, dass man sich im Fußball immer zwei-, dreimal im Leben sieht. Darum gebietet es auch die Fairness, nicht immer das letzte rauszuholen, nicht immer den gierigen Profi raushängen zu lassen. Denn es gibt auch so etwas wie Dankbarkeit - gerade in Zeiten von Corona.

Haben Sie in der Pandemie berufliche Sorgen?

Nein. Es wäre unverschämt, das zu behaupten. Wir waren auch mit die erste Agentur, die in der ersten Rutsche der Pandemie bei den Drittligisten auf die Provision verzichtet hat. Es mag populistisch klingen, aber die 3. Liga ist finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet. Es gab Feedback von den Klubs und die fanden es großartig.

Das komplette Interview mit Spielerberater Stefan Backs finden Sie hier:

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