Spielerberater Stefan Backs kritisiert Weltverband „Fifa schießt mit der Flinte auf alle“

Spielerberater Backs kritisiert Fifa: „Schießt mit der Schrotflinte“
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Im Fußball geht es nicht nur um Tore, sondern auch um viel Geld. Die Vermittlung von Spielern ist ein Milliardengeschäft. Aktuell wird vor Gericht darüber gestritten, wer mitmischen darf und welche Vorschriften gelten. Der bekannte Spielerberater Roger Wittmann und der Deutsche Fußball-Bund führen seit Jahren einen Rechtsstreit. Auch gegen den Fußball-Weltverband Fifa laufen Klagen.

Zahlreiche Regeln des DFB und der Fifa sind Wittmann ein Dorn im Auge. Während die Klage gegen die Fifa gerade vor den Landgerichten Mainz und Frankfurt erst anläuft, wird der BGH in der DFB-Sache am 13. Juni 2023 eine Entscheidung verkünden und möglicherweise sogar den Europäischen Gerichtshof anrufen. Der aus Unna stammende Spielerberater Stefan Backs beobachtet die Gerichtsprozesse aufmerksam.

Er berät mit seiner Agentur „Siebert & Backs Fußballmanagement GmbH“ prominente Sportler wie Torwart Alexander Nübel (vom FC Bayern München zum AS Monaco ausgeliehen) oder Fußballtrainer Marco Antwerpen, der zuletzt den Grundstein für den Aufstieg des 1. FC Kaiserslautern in die 2. Bundesliga legte.

„Kann Argumentation von Roger Wittmann verstehen“

Als Mitglied der Deutschen Fußballspieler-Vermittler-Vereinigung (DFVV) zeigt er sich solidarisch mit seinem Kollegen Wittmann und unterstützt die Prozesse: „Die Regeln, die der Verband aufstellt, müssen mit den Gesetzen, die in Deutschland herrschen, in Einklang gebracht werden.“ Dass Wittmann, wie der BGH bereits ankündigte, wohl in vielen Punkten recht bekäme, zeige, dass „Recht und Gesetz wohl auf Roger Wittmanns Seite“ seien.

Der Bundesgerichtshof sieht jedenfalls einige Punkte kritisch. Eine Vorschrift, wonach die Vermittler sich keine Beteiligung an einem künftigen weiteren Transfer ihres Spielers sichern dürften, sei ein „massiver Eingriff in die Preisgestaltungsfreiheit“, erklärte der Vorsitzende BGH-Richter Wolfgang Kirchhoff. Hinterfragt wurde auch, dass alle Zahlungen offengelegt werden müssen. Kirchhoff sagte, die Höhe der Vergütung lasse keine Rückschlüsse zu, ob sportfremde Interessen im Spiel seien.

Dass Spieler und Vereine nur mit beim DFB registrierten Agenten zusammenarbeiten dürfen, könnte dagegen zulässig sein. Gleiches gilt für eine Regel, wonach bei der Vermittlung minderjähriger Spieler zu deren Schutz grundsätzlich keine Provision kassiert werden darf. Aber welche Regeln verstoßen gegen geltendes Recht? „Da bin ich mir nicht in allen Punkten sicher“, sagt Backs, der als Journalist unter anderem für die Sportbild tätig war.

Er könne die Absichten des DFB verstehen, bestimmte Vorgaben für die Transfers von Minderjährigen aufzustellen. Aber er hält auch die Argumentation von Roger Wittmann für nachvollziehbar: „Wenn 16-Jährige in der Bundesliga spielen, dann benötigen sie jemanden, der ihnen zur Seite steht.“ Während er sich zu den DFB-Regularien mit einer Bewertung zurückhält, äußert er sich den neuen Fifa-Regeln wesentlich deutlicher.

Marco Antwerpen, Fußballtrainer, gehört zu den Klienten von Stefan Backs
Der Unnaer Fußball-Trainer Marco Antwerpen zählt der prominentesten Clienten von Stefan Backs. Den 1. FC Kaiserslautern führte er vor einem knappen Jahr in die Relegationsspiele. Unter seinem Nachfolger Dirk Schuster stieg der Klub in die 2. Bundesliga auf. © dpa

Hintergrund: Am 9. Januar dieses Jahres wurde nach jahrelangen Diskussionen ein neues Regelwerk für Fußballagenten eingeführt. Dieses enthält grundlegende Standards, die Berater erfüllen müssen. Außerdem wird wieder ein Lizenzierungssystem eingeführt, um sicherzustellen, dass alle Agenten die notwendigen Qualifikationen besitzen. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, dürfen Agenten nicht mehrere Spieler gleichzeitig vertreten. Zudem gibt es jetzt eine Obergrenze für die Gebühren, die Agenten für ihre Vermittlungsdienste verlangen dürfen.

Für Backs ist klar, dass die Deckelung der Provisionen nicht mit deutschem Recht zu vereinbaren sei. „Wenn Berater nur noch einen bestimmten Prozentsatz an Provision nehmen dürfen, wäre das eine klare Beschneidung unserer unternehmerischen Freiheit“, sagt er entschlossen. Der Kunde müsse entscheiden, ob er eine Provision in bestimmter Höhe bezahle oder nicht: „Man schießt immer mit der Schrotflinte auf alle, anstatt im Einzelfall zu sanktionieren.“ Backs ist sich sicher, dass „von den Fifa-Vorgaben am Ende nicht viel übrig bleiben“ werde. Auch der DFB prüfe momentan genau, welche Vorgaben der Verband eins-zu-eins umsetze.

„Ex-Fußballer mit Führerschein“

Die Fifa möchte mit den mit den Regelungen die Finanzflüsse im Vermittlungsmarkt eindämmen. Im internationalen, milliardenschweren Transfergeschäft wurden 2022 insgesamt rund 586 Millionen Euro für Vermittlerdienste bezahlt – knapp ein Viertel mehr als noch im vergangenen Jahr. Dies hatte der Weltverband Fifa im Dezember mitgeteilt. Für Backs sei diese Argumentation verlogen: „Die Spielerberater haben keinen guten Ruf. Und es ist speziell von der keinesfalls korruptionsfreien Fifa populistisch, solche Regeln aufzustellen.“

Backs verweist darauf, dass Bundesliga-Manager keine Lizenz benötigen, um im Profibereich tätig zu werden: „Das sind oft Ex-Fußballer mit Führerschein. Die sitzen mit am Tisch. Und die verdienen nicht gerade wenig.“ Backs räumt ein, dass es in der Branche viele unseriöse Berater gebe und dass verbindliche Regeln grundsätzlich sinnvoll seien, aber in diesem Fall treffe es die Falschen: „Wo wird denn der unseriöse vom seriösen Berater getrennt, wenn ich das Gehalt begrenze?“ Dieser Schritt führe nur dazu, dass die seriös arbeitenden Berater „auf seriöse Weise deutlich weniger Geld verdienen“ würden als diejenigen, „die immer hintenrum mit Schwarzgeld oder andern Mitteln arbeiten“.

Die Unnaer Bobpilotin Laura Nolte (gewann 2022 Olympia im Zweierbob)
Auch Bobpilotin Laura Nolte (gewann 2022 Olympia im Zweierbob) aus Unna arbeitet mit Stefan Backs zusammen. © picture alliance/dpa

Die Kritiker der Beraterbranche argumentieren, dass die Spieler heutzutage keine eigene Meinung hätten und nur noch auf den Berater hören. Backs will das so nicht stehen lassen: „Wer sind denn DIE Spieler? Es gibt hochintelligente Fußballer und es gibt welche, die eben andere Stärken haben – um es mal so auszudrücken.“ Die Spieler bekämen heute in den Nachwuchsleistungszentren eine gute Ausbildung und seien untereinander bestens vernetzt: „Wenn ein Spieler merken sollte, dass ich ihn verarsche, dann ist er weg.“ Dass Fußballer immer alleine entscheiden, sehen prominente Vereinsvertreter offenbar anders. So kritisierte Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß 2021 den bekannten Berater Pina Zahavi im Vorfeld des Transfers von David Alaba von Bayern München zu Real Madrid als „geldgierigen Piranha“.

Backs kontert mit einer Prise Ironie: „Da kommt dann das Klischee vom bösen Berater, der den Spieler, der unbedingt bei Bayern bleiben will, schlimmerweise nach Madrid verschleppt.“ So einfach dürfe man es sich aber nicht machen. Denn man wüsste als Außenstehender nie, was zusätzlich im Hintergrund noch so alles ablaufe. Die Klubs würden ebenfalls Druck ausüben und in gewissen Situationen auf einen Verkauf drängen.

„Die Fußballfans würden sich wundern......“

Die Vereine müssten keinesfalls vor der Beraterbranche geschützt werden: „Die Fußballfans würden sich wundern, wenn sie wüssten, wie eng Vereine und Berater zusammenarbeiten und wie partnerschaftlich das alles abläuft“. Gleichwohl komme es hin und wieder zu Situationen, in denen Meinungen auseinandergehen würden. Es ginge aber inhaltlich stets um die Sache. „Ich kann mit dem Vereinsmanager Tango tanzen. Aber wenn es um den Vertrag geht und wir liegen weit auseinander, dann scheppert es eben“, erzählt Backs. Wenn es nach ihm geht, würde das aktuelle Regelwerk auch in Zukunft Bestand haben: „So wie es aktuell läuft, kann ich damit gut leben. Man sollte die Regeln so belassen, wie sie sind.“

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