In der untersten Amateurfußball-Liga ist es am Wochenende wieder zu einem Spielabbruch gekommen. Nur eine Woche nach dem ersten nicht verletzungsbedingten Spielabbruch der Saison zwischen der SG Massen III und dem TSC Kamen II wurde die Partie zwischen dem BSV Heeren III und TIU Rünthe III (Anstoß 17 Uhr) in der Kreisliga D2 Unna-Hamm nach unschönen Vorkommnissen kurz vor dem Abpfiff am Sonntagabend gegen 18.40 Uhr abgebrochen. Heeren erhebt Vorwürfe, Rünthe widerspricht.
Fünf Minuten vor dem Abpfiff traf Spielertrainer Dominik Prause per Elfmeter zum 4:3 für den BSV Heeren. Im Anschluss daran soll ein Rünther Spieler auf dem Platz eine Zigarette geraucht haben, obwohl dieser sich noch im Spiel befunden habe – der Ausgangspunkt für die folgende Eskalation. Ein Heerener Spieler machte den Schiedsrichter daraufhin darauf aufmerksam. Augenzeuge Martin Duda, Spieler des BSV Heeren III, erklärte: „Der Spieler hat dann versucht, unseren Spieler zu boxen.“ Doch der Heerener sei dem Schlag ausgewichen, habe infolgedessen aber angekündigt, das Spiel nicht fortsetzen zu wollen.
TIU stellt das etwas anders dar: Der Rünther Spieler habe nicht geraucht, habe stattdessen den Heerener Spieler auf seine angeblich falsche Bezichtigung angesprochen und sei schwer beleidigt worden, wie Spielertrainer Ilyas Torlakoglu am Montagnachmittag sagte. Die Beleidigung habe sich auch gegen die Mutter des TIU-Spielers gerichtet. Daraufhin sei es zu einem Schubser, aber nicht zu einem Schlag gekommen. Auf Nachfrage erklärte Prause, dass der Spieler definitiv geraucht hat. „Auf dem Spielfeld lag noch eine brennende Kippe.“ Beleidigungen seien aus seiner Sicht nicht gefallen, weder in dem Wortgefecht noch bei der darauffolgenden zweiten Aktion.
Heerener Spieler geht K.o.
Denn der Spieler der Rünther Gäste soll noch ein weiteres Mal zugeschlagen haben, diesmal traf er einen anderen Heerener am Hinterkopf. „Er ist umgekippt und hatte Nasenbluten. Er war wie K.o.“, schilderte Heerens Spieler Martin Duda (39), für den es der erste Spielabbruch in seiner Fußball-Laufbahn gewesen sei: „Ich spiele jetzt seit 30 Jahren Fußball, aber sowas habe ich auch noch nicht erlebt.“ Duda spricht von einer aufgeheizten Stimmung zum Zeitpunkt des Abbruchs, die sich aber schnell beruhigt habe.
Auch hier hat Rünthe eine andere Version der Dinge: Der Rünther Spieler sei erneut schwer beleidigt worden. Er habe seinen Gegenspieler am Nacken gefasst, dieser habe den Griff entgegnet. „Aus Notwehr“ habe sich der Rünther Spieler dann laut Torlakoglu losgerissen und seinen Gegner „mit der Innenseite der Hand wahrscheinlich am Kopf getroffen.“ Die Ersatzbank der Rünther sei ebenfalls beleidigt worden und ausgeflippt. Heerens Spielertrainer Dominik Prause: „Dass hier beschönigt wird, kann ich nicht nachvollziehen. Es wird alles ins Milde und Lächerliche gezogen.“
Ein Krankenwagen sei für den verletzten Spieler etwa 15 Minuten später eingetroffen. Wie Prause mitteilte, wurde der verletzte Spieler vom Krankenwagen abgeholt. Es gehe ihm „den Umständen entsprechend. Er hat starke Kopfschmerzen und muss mindestens die Nacht vor Ort zur Überwachung bleiben“, sagte Prause am späten Sonntagabend. Zudem habe der Spieler über starken Schwindel geklagt. Der verletzte Spieler verließ nach Angaben von Prause das Krankenhaus jedoch bereits am Sonntagabend wieder. Diagnose: Kopf- und Ohrenprellung (Vereinsangabe).
Krankenhausbesuch des Täters
Der Tatverdächtige soll den verletzten Heerener Spieler noch einmal im Krankenhaus aufgesucht haben, um sich zu entschuldigen, wie aus Heerener Kreisen bekannt wurde. Er habe angeboten, die Mannschaft und Familie des Opfers als Wiedergutmachung zum Essen einzuladen. Der Heerener Spieler habe das Angebot abgelehnt und dem Raum verwiesen.
Die TIU-Seite bestätigte, dass der Rünther Spieler ein sehr schlechtes Gewissen habe: „Er bereut das.“ Wie der Krankenhausbesuch gelaufen ist, wusste Torlakoglu jedoch am Montag nicht. Zunächst hatte es auch geheißen, dass Rünther Spieler vor dem Krankenhaus gewartet hatten. Dies bestätigte sich allerdings nicht. Der Heerener Spieler habe sich später abholen lassen und Angst gehabt. Auf eine Gegenanzeige wegen Beleidigungen habe der Rünther Spieler verzichtet.
Die Polizei wurde erst eine halbe Stunde nach dem Abbruch verständigt und traf deutlich nach dem Abbruch am Sportplatz an der Heerener Straße ein. Die Leitstelle der Polizei bestätigte am Sonntag, dass es einen Einsatz mit einem Fahrzeug gegeben hat. Es sei eine Anzeige wegen Körperverletzung gefertigt worden, nachdem es zu einer „körperlichen Auseinandersetzung“, so ein Polizeisprecher, gekommen war. Am Montag erklärte sie, dass die Polizei laut Protokoll um 19.17 Uhr verständigt und um 19.24 Uhr zum Einsatz gefahren sei, der um 19.32 Uhr vor Ort begann.
Sonderbericht des Schiedsrichters
Schiedsrichter Senay Oturak hat einen Sonderbericht gefertigt, der der Redaktion vorliegt, die Version des BSV jedoch nur in Teilen bestätigt. Aus diesem geht hervor, dass der Schiedsrichter zunächst nicht sehen konnte, ob der an der Seitenlinie kniende Rünther Spieler wirklich geraucht habe. Weiter schilderte der Schiedsrichter, ein „klatschartiges Geräusch“ vernommen zu haben, dann habe er sich umgedreht und einen Heerener Spieler auf dem Boden liegen gesehen. Den Schlag habe der Schiedsrichter aber nicht gesehen.
Da sich die Tumulte nicht beruhigten, brach er ab: „Ich entschied dann, das Spiel abzubrechen“, schrieb der Unparteiische. Laut Torlakoglu habe der Schiedsrichter die Partie nie richtig im Griff gehabt. Der Spielabbruch sei übertrieben gewesen: „Man hätte weiterspielen können.“ Wie der zuständige Staffelleiter Christian Ritter mitteilte, habe er den Fall bereits an das Kreissportgericht weitergeleitet. „Dort muss entschieden werden, wie das Spiel jetzt gewertet wird“, so Ritter.
Nail Kocapinar, Trainer der zwei Spielklassen höher angesiedelten ersten TIU-Mannschaft, erklärte Sonntagabend, dass die Vorkommnisse innerhalb der Vorstandsgruppe Thema waren. Man berate über die Folgen. Sollte sich das Fehlverhalten bewahrheiten, fordert Kocapinar allerdings Konsequenzen: „Wenn sich Spieler nicht unter Kontrolle haben, müssen wir harte Entscheidungen treffen.“ Auch Torlakoglu rechnet mit einer Bestrafung in Form einer Suspendierung, bemerkte aber: „Er steht zu seinem Fehler.“
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