Die Spitzenkandidaten bei der NRW-Landtagswahl Thomas Kutschaty (SPD) und Hendrik Wüst (CDU).

SPD zieht mit CDU gleich – Machtwechsel in NRW ist rechnerisch möglich

rnNRW-Check zur Landtagswahl

Die Affäre um eine Geburtstagsfeier auf Mallorca während der Hochwasserkatastrophe kostet die CDU im Wahlkampf Wählerstimmen. Aber weniger als befürchtet. Trotzdem könnte es eng werden.

von Maximilian Plück

NRW

, 13.04.2022, 14:54 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ein Machtwechsel in Nordrhein-Westfalen am 15. Mai ist rechnerisch möglich. Das legt der „NRW-Check“ nahe, bei dem Wahlberechtigte repräsentativ zur politischen Stimmung fünf Wochen vor der Landtagswahl befragt wurden. Die Umfrage fand in der Woche des Rücktritts von NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser statt und lässt damit Schlüsse auf die Wirkung der Affäre zu.

Die CDU-Politikerin hatte ihr Amt wohl auf Druck von NRW-Ministerpräsident Hen drik Wüst (CDU) zur Verfügung gestellt, nachdem scheibchenweise die Umstände ihres Aufenthalts auf der Ferieninsel Mallorca während der Flutkatastrophe bekannt geworden waren. Das Fass zum Überlaufen gebracht hatte der Umstand, dass zu einer Geburtstagsfeier von Heinen-Essers Ehemann zwei weitere Minister und eine Staatssekretärin angereist waren. Die wichtigsten Ergebnisse des „NRW-Checks“ im Überblick:

CDU lässt bei der Sonntagsfrage Federn

Die CDU muss erstmals seit Beginn des „NRW-Checks“ im November 2021 Federn lassen. Die Christdemokraten büßen im Vergleich zur letzten Umfrage zwei Prozentpunkte ein und kommen nur noch auf 30 Prozent. Die SPD kann im Vergleich zur Umfrage Anfang März deutlich mehr Wähler überzeugen: Ein Plus von drei Prozentpunkten lässt sie mit der CDU gleichziehen. Zu den Gewinnern zählen auch die Grünen, die um einen Punkt auf 18 Prozent klettern. Die FDP bleibt konstant bei acht Prozent, die Linke nähe rt sich mit zwei Prozent immer mehr der politischen Bedeutungslosigkeit, die AfD würde mit unverändert sechs Prozent erneut in den Düsseldorfer Landtag einziehen.

Verschiedene Koalitionsmöglichkeiten

Damit rücken die Grünen massiv in den Fokus. Sind doch abgesehen von der ungeliebten großen Koalition rechnerisch zwei Zweierbündnisse möglich: Sowohl eine Neuauflage von Rot-Grün, als auch ein Bündnis Schwarz-Grün hätte eine Mehrheit. Sollte das Wahlergebnis der Umfrage entsprechen, stellt sich die Frage, ob eine affärengebeutelte CDU oder eine wiedererstarkte SPD den Grünen in Koalitionsverhandlungen mehr entgegenkommt.

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Spitzenkandidaten: Bürger dürfen direkt entscheiden

In NRW wird der Ministerpräsident zwar vom Landtag gewählt, aber dürften die Bürger direkt entscheiden, läge Wüst weiterhin vor seinem SPD-Herausforderer Thomas Kutschaty, allerdings schmilzt der Abstand. Der amtierende Regierungschef kommt auf 41 Prozent (minus drei Prozentpunkte), der Oppositionsführer legt um vier Punkte auf 34 Prozent zu.

Interesse an „Mallorca-Gate“

Die Opposition hat die Landesregierung im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Juli massiv unter Druck gesetzt. Der Rücktritt von Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) am vergangenen Donnerstag hat die Menschen in NRW durchaus interessiert: 48 Prozent der Befragten zumindest etwas, 29 Prozent sehr. 23 gaben an, sich nicht für die Affäre zu interessieren.

Weitere Rücktrittsforderungen

Ursula Heinen-Esser hat nicht nur ihren Rücktritt erklärt, sondern später auch bekannt gegeben, dass sie das zuvor angestrebte Landtagsmandat nicht antreten wird. Zuletzt gerieten aber auch Kommunalministerin Ina Scharrenbach (Listenplatz zwei) und Europa-Minister Stephan Holthoff-Pförtner unter Druck, weil sie am 24. Juli an der Geburtstagsfeier von Heinen-Essers Ehemann auf Mallorca teilnahmen. Ein Rücktritt der beiden ist aber aus Sicht der großen Mehrheit der Befragten nicht nötig. So gaben 56 Prozent an, sie könnten im Amt bleiben, nur 36 sprachen sich für einen Rücktritt aus. Das gilt selbst für die Wähler der Opposition: 50 Prozent der SPD-Wähler sind gegen weitere Rücktritte, bei den Grünen sind es 54 Prozent. Einzig die AfD-Wähler verlangen mit 60 Prozent einen Rückzug der beiden aus dem Kabinett.

Folgen für Wüst und CDU

Die Wähler gehen zu einem großen Teil davon aus, dass Heinen-Essers Rücktritt auch Folgen für den Ministerpräsidenten haben könnte. 49 Prozent der Befragten gaben an, dieser werde zumindest etwas Wüsts Ansehen beeinträchtigen, 16 Prozent gehen sogar davon aus, dass sich die Vorgänge „sehr“ niederschlagen werden. 35 Prozent sehen keine Folgewirkungen.

Befragt direkt nach den Wahlchancen für die P artei gehen 20 Prozent von einem großen Schaden für die CDU aus, 57 Prozent glauben, dass zumindest etwas die Wahlchancen eingetrübt werden, nur 23 Prozent erwarten keinen Effekt. Erwartungsgemäß gehen die Wähler der Oppositionsparteien am stärksten davon aus, dass die Affäre deutliche Spuren am Wahltag bei der CDU hinterlässt.

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Kompetenz der Parteien und der Regierung

Eine Folgewirkung auf die politische Kompetenz der Parteien ist nicht erkennbar. Alle Parteien mit Ausnahme der FDP blieben unverändert bei ihren Vormonatswerten. Leichte Einbußen musste die Landesregierung bei der Zufriedenheit mit ihrer Arbeit hinnehmen. 50 Prozent sind unzufrieden, 48 zufrieden, zwei Prozent unentschlossen.

Für den NRW-Check wurden in der Zeit vom 4. bis zum 11. April insgesamt 1821 wahlberechtigte Nordrhein-Westfalen befragt. Mehr als die Hälfte von ihnen beantwortete die Fragen der Demoskopen nach dem Rücktritt der Ministerin am 7. April.

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ZUR SACHE

DAS IST DER „NRW-CHECK“ DER TAGESZEITUNGEN

  • Aktuelle Umfrage: Für den „NRW Check“ wurden in der Zeit vom 4. bis 11. April 2022 insgesamt 1.821 Wahlberechtigte befragt – 865 in der Zeit vom 4. bis 7. April (also vor dem Rücktritt von Heinen-Esser) und 956 am 8. und 11. April (also nach dem Rücktritt von Heinen-Esser).
  • Folgeumfragen: Bis zur Landtagswahl am 15. Mai 2022 wird Ende April eine weitere Befragungswelle folgen, in denen neben der „Sonntagsfrage“ und der Zufriedenheit mit der Landesregierung auch die Meinung der Menschen zu den wichtigsten landes- und bundespolitischen Themen erhoben wird.
  • Auftraggeber: Hinter dem „NRW-Check“ stehen 39 Zeitungstitel mit einer täglichen gedruckten Auflage von rund zwei Millionen Exemplaren und einer durchschnittlichen wöchentlichen Gesamtreichweite in gedruckten wie digitalen Angeboten von rund 9,8 Millionen Lesern – unter anderem Ruhr Nachrichten, Hellweger Anzeiger, Dorstener Zeitung, Münsterland Zeitung, Halterner Zeitung und das Medienhaus Bauer.
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