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SPD-Chef: „Rüdiger Weiß hat einen großen politischen Fehler gemacht“
Briefkopf-Affäre
In der SPD herrscht großes Kopfschütteln über die Briefkopf-Affäre des Landtagsabgeordneten Rüdiger Weiß. Nur in seiner Heimat kann oder will man die Aufregung nicht verstehen.
Die Briefkopf-Affäre des SPD-Landtagsabgeordneten spielt vor allem in Düsseldorf. Aber sie hat sich bis nach Berlin herumgesprochen. Zum Beispiel zum Bundestagsabgeordneten Oliver Kaczmarek, der auch dem SPD-Unterbezirk Unna vorsitzt. Er fällt ein deutliches Urteil darüber, dass Weiß versucht hat, auf dem offiziellen Landtagsbriefpapier 200 Euro Storno-Gebühr von der Vermieterin einer Ferienwohnung zu bekommen.
„Rüdiger Weiß hat einen politischen Fehler begangen – und zwar einen großen“, sagt Kaczmarek im Gespräch mit unserer Redaktion. Daraus müsse er jetzt die Konsequenzen ziehen. Wie die aussehen könnte, lässt Kaczmarek erst einmal offen.

Der Chef des SPD-Unterbezirks, Bundestagsabgeordneter Oliver Kaczmarek, erwartet, dass sich Rüdiger Weiß öffentlich erklärt. © Carsten Janecke
Aber er erwarte, dass Weiß sich nun schnell zu der Affäre erkläre: „Gegenüber der Öffentlichkeit und gegenüber den Gremien der Partei.“
Immerhin will die SPD im Kreis Unna nach der Bundestagswahl im September entscheiden, wer für sie bei der Landtagswahl im kommenden Jahr antritt.
Und dass der Direktkandidat für den Wahlkreis Kamen, Bergkamen, Bönen und Hamm-Herringen wieder Rüdiger Weiß heißt, ist nun vermutlich nicht mehr selbstverständlich. Dessen Stornogebühren-Brief habe in der Partei heftige Debatten und Reaktionen ausgelöst, berichtet Kaczmarek. Das habe er auch in der Bundeshauptstadt gespürt.
Der Ortsverband Oberaden schweigt
Bis zur Bergkamener SPD scheint das aber noch nicht vorgedrungen zu sein. Dabei spielt Weiß dort eine wichtige Rolle als Vorsitzender der Ratsfraktion und als Chef des mächtigen Ortsvereins Oberaden.
In letzterem will man die Angelegenheit offenbar am liebsten totschweigen. Zumindest war keiner der drei stellvertretenden Vorsitzenden des Ortsvereins am Donnerstag bereit, eine Stellungnahme gegenüber unserer Redaktion abzugeben. Die nahezu gleich lautende Begründung von Christian Blom, Michael Jürgens und Dieter Mittmann: Sie hätten noch gar keine Kenntnis von dem Sachverhalt.

Auch der Vorsitzende des SPD-Stadtverbandes, André Rocholl, meint, dass Rüdiger Weiß einen Fehler gemacht hat. © Stefan Milk
Da ist der Vorsitzende des SPD-Stadtverbandes, André Rocholl, schon besser informiert. Auch er spricht in Zusammenhang mit Weiß‘ Brief von einem „Fehler“, verzichtet aber im Gegensatz zu Kaczmarek auf ein bewertendes Adjektiv. Außerdem erwartet Rocholl nicht, dass die Affäre Konsequenzen für seinen Fraktionsvorsitzenden hat: „Er hat den Gang nach Canossa schon gemacht.“
Weiß habe sich bei den Hauptbetroffenen, der SPD-Landtagsfraktion und dem Landtagspräsidenten, entschuldigt. Gleichwohl werden sich auch die Bergkamener Parteigremien noch mit der Sache befassen.
Auch der Bürgermeister hält sich zurück
Dort gehört sie auch nach Ansicht von Bergkamens Bürgermeister Bernd Schäfer (SPD) hin. Er war Weiß‘ Amtsvorgänger an der Spitze der SPD-Fraktion. Als Stadtoberhaupt will er sich aber lieber nicht öffentlich äußern.
Interessant zu erfahren wäre, was Bernd Schäfers Vorgänger Roland Schäfer über die „Briefbogen-Affäre“ denkt. Er ist bekanntermaßen kein Freund von Rüdiger Weiß. Der war vor über 20 Jahren – ebenfalls als Fraktionschef – maßgeblich an dem Versuch beteiligt, Schäfer im Zuge der „Internet-Affäre“ aus dem Amt zu treiben. Zudem entschied sich Schäfer 2014 wohl auch deshalb zu einer erneuten Kandidatur bei der Bürgermeisterwahl, um den Bewerber Rüdiger Weiß zu verhindern.
Als Ruheständler verzichtet Roland Schäfer aber auf die Gelegenheit, nachzutreten und will sich ebenfalls nicht zu der Sache äußern: „Das sollen die tun, die noch politisch aktiv sind.“
1967 in Ostwestfalen geboren und dort aufgewachsen. Nach Abstechern nach Schwaben, in den Harz und nach Sachsen im Ruhrgebiet gelandet. Erst Redakteur in Kamen, jetzt in Bergkamen. Fühlt sich in beiden Städten wohl.
