Sondersitzung der SPD zu Rüdiger Weiß: „So sind wir Sozialdemokraten nicht“

© Alexander Heine (Archiv)

Sondersitzung der SPD zu Rüdiger Weiß: „So sind wir Sozialdemokraten nicht“

rnBriefkopf-Affäre

Der Landtagsabgeordnete und Bergkamener SPD-Fraktionsvorsitzende Rüdiger Weiß muss sich seiner Fraktion und dem Stadtverband stellen. Klar ist schon im Vorfeld: Viele Freunde hat er nicht mehr.

von Michael Dörlemann

Bergkamen

, 10.05.2021, 17:41 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Bergkamener SPD will sich in einer Sondersitzung der Fraktion gemeinsam mit Vertretern des Stadtverbandes mit der Briefkopf-Affäre ihres Landtagsabgeordneten und Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Weiß befassen.

Die Stoßrichtung ist klar: Die Vertreter der Ortsvereine nehmen zwar das Wort „Abwahl“ nicht in den Mund, die zumindest für die Funktion des Fraktionsvorsitzenden möglich wäre. Es ist jedoch klar: Fast alle erwarten, dass Weiß sich nicht nur entschuldigt, sondern bestenfalls von sich aus Konsequenzen zieht.

Wegen der Brisanz Versammlung mit persönlicher Anwesenheit

Dem Stadtverbandsvorsitzenden André Rocholl kommt die Aufgabe zu, die Versammlung zu organisieren. Wegen der Brisanz der Thematik habe er sich nicht zu einer Online-Konferenz entschlossen, sondern zu einer Versammlung mit persönlicher Anwesenheit, sagte er.

Das bedeutet, dass er nach eigenen Angaben etwa 30 bis 40 Menschen zu der Versammlung zusammenbringen und dabei trotzdem alle Verhaltensmaßregeln während der Corona-Pandemie beachten muss. Da allein die SPD-Fraktion 21 Mitglieder hat, dürften zusätzlich einige Vertreter der Ortsvereine eingeladen sein.

Rüdiger Weiß bei der konstituierenden Sitzung des Stadtrats: So einsam wie es wegen der Abstandsvorschriften in der Corona-Pandemie um den Fraktionsvorsitzenden zu sein scheint, ist es mittlerweile wohl auch.

Rüdiger Weiß bei der konstituierenden Sitzung des Stadtrats: So einsam wie es wegen der Abstandsvorschriften in der Corona-Pandemie um den Fraktionsvorsitzenden zu sein scheint, ist es mittlerweile wohl auch. © Marcel Drawe

Zum Ort und zum genauen Zeitpunkt der Versammlung wollte Rocholl nichts sagen. Sie ist unter Ausschluss der Öffentlichkeit geplant. Der Stadtverbandsvorsitzende kündigte aber bereits eine öffentliche Erklärung der Bergkamener SPD nach der Sitzung an.

Dem Vernehmen nach war schon an diesem Montagabend ein Treffen der Ortsvereinsvertreter geplant, um die Sitzung vorzubereiten. Bei den Ortsvereinen herrscht offenbar durchgängig Entsetzen über das Vorgehen des Landtagsabgeordneten in der sogenannten Briefkopf-Affäre. Sie kam ins Rollen dadurch, dass Weiß mit einem Schreiben auf seinem offiziellen Briefpapier als Abgeordneter mindestens einen Teil der Anzahlung für eine stornierte private Urlaubsreise zurückgefordert hatte. Die Höhe der Anzahlung betrug 200 Euro.

Weiß soll Stellung zu den Vorwürfen nehmen

Rüdiger Weiß soll in der Versammlung noch einmal Stellung zu den Vorwürfen gegen ihn beziehen. Die Vorwürfe seien so schwerwiegend, dass seine „Phantasie relativ begrenzt“ sei, wie jetzt noch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Weiß möglich sei, sagte Rocholl. „Das alles kann nicht ohne Folgen bleiben.“

Auch die Vertreter fast aller SPD-Ortsvereine gehen deutlich auf Distanz zu ihrem Landtagsabgeordneten und Fraktionsvorsitzenden.

Die Rünther SPD-Ortsvereinsvorsitzende Monika Wernau etwa sagte, die könne Weiß´ Verhalten nicht nachvollziehen. „So sind wir Sozialdemokraten nicht“, sagte sie. Die Partei stehe für soziale Gerechtigkeit und so müssten sich auch ihre Mitglieder und Mandatsträger verhalten.

Rüdiger Weiß muss sich deutliche Kritik aus den SPD-Ortsvereinen gefallen lassen.

Rüdiger Weiß muss sich deutliche Kritik aus den SPD-Ortsvereinen gefallen lassen. © Stefan Milk (Archiv)

Über das Thema Rücktritt müsse gesprochen werden. „Das ist eine Entscheidung, die er treffen muss“, sagte Wernau. Ähnliche Worte fand auch Kay Schulte, der stellvertretende Bürgermeister und Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Bergkamen-Mitte. „Das Ganze ist eine Katastrophe“, sagt er. „Rüdiger Weiß muss sich jetzt bewegen.“

Keine Unterstützung von den anderen Ortsvereinen

Diesmal kann der Abgeordnete, der auch Vorsitzender des einflussreichen SPD-Ortsvereins Oberaden ist, auch nicht auf Unterstützung der Sozialdemokraten aus Weddinghofen hoffen. Deren Ortsvereinsvorsitzender Jens Schmülling will Weiß auf jeden Fall anhören – ebenso wie der Overberger SPD-Ortsvereinsvorsitzende Rainer Bartkowiak. „Die Frage eines Rücktritts darf dabei sicher nicht unbeleuchtet bleiben“, sagte er. Welche Konsequenzen Weiß dann ziehe, müsse er mit sich selbst ausmachen.

Jetzt lesen

Der SPD-Ortsverein Oberaden, dessen Vorsitzender Weiß ist, will sich erst am kommenden Freitag in einer Vorstandssitzung mit der Angelegenheit befassen und dann Stellung nehmen, wie der stellvertretende Ortsvereinsvorsitzende Dieter Mittmann sagte. Bei der Sondersitzung am Dienstag könnten nicht alle Vertreter aus Oberaden da sein, aus unterschiedlichen Gründen.

Jetzt lesen

Rüdiger Weiß ist seit 2010 direkt gewählter Abgeordneter für den heimischen Landtagswahlkreis. Von diesem Amt könnte er nur selbst zurücktreten. Seit der Kommunalwahl im vergangenen Jahr ist er auch wieder Vorsitzender der SPD-Fraktion im Stadtrat und Vorsitzender des einflussreichen Stadtentwicklungsausschusses. Aus diesen Ämtern könnte ihn die Fraktion abberufen.