So viele Schüler bleiben in NRW sitzen
Mit Grafik
Sitzenbleiben ist nicht gleich Sitzenbleiben. Wie viele Schüler in NRW ein Jahr wiederholen müssen, unterscheidet sich je nach Schulform oder Geschlecht mitunter sehr stark. Wir zeigen den Verlauf der vergangenen zehn Jahre und gehen der Frage nach, wie sinnvoll Sitzenbleiben ist.

Wie sinnvoll ist Sitzenbleiben? Diese Diskussion ist neu entfacht.
In NRW hat sich die Quote der Sitzenbleiber in den vergangenen zehn Jahren verringert - wobei im Jahr 2016 wieder ein leichter Trend nach oben zu betrachten ist. Zwischen den einzelnen Schulformen sind deutliche Unterschiede -zu verzeichnen. Während die Quote der Sitzenbleiber in der Hauptschule prozentual am höchsten ist und auch entgegen des Gesamttrends gestiegen ist, bewegt sich die Zahl in Gymnasium und Gesamtschule auf einem niedrigen Niveau.
Hier sehen Sie die Ergebnisse der vergangenen Jahre:
Auch bei der Verteilung nach Geschlecht gibt es deutliche Unterschiede. So waren im Jahr 2016 60,8 Prozent der NRW-Sitzenbleiber männlich (39,2 weiblich). In den vergangenen Jahren hat sich das Gefälle noch verstärkt. 2007 betrug die Verteilung noch 57,1 Prozent bei den Jungs und 42,9 Prozent bei den Mädchen.
Die neue Schulministerin Yvonne Gebauer betonte: "Weder ist Sitzenbleiben ein Stigma, noch ein Eingeständnis der Schwäche." Sitzenbleiben sei allerdings der letzte Schritt, wenn keine anderen pädagogischen Maßnahmen greifen.
Aber egal ob letzte Möglichkeit oder nicht: Bringt das Wiederholen einer Klasse wirklich etwas? Mit dieser Frage beschäftigt die Politik schon lange. So hatten die Grünen in Niedersachsen zum Beispiel bereits im Jahr 2003 gefordert, das Sitzenbleiben komplett abzuschaffen und stattdessen lieber auf spezielle Förderkonzepte zu setzen. Der Vorschlag setzte sich nicht durch, in abgeschwächter Form wird er aber auch Heute noch diskutiert. Aktuell wird darüber verhandelt, das Sitzenbleiben bis Klasse 7 abzuschaffen.
In Hamburg wird schon seit 2013 in den Klassen 1 bis 9 kein Schuljahr mehr wiederholt. Ab diesem Jahr sollen auch die Klassen 10-13 dazukommen. In Rheinland-Pfalz können Schüler an integrierten Gesamtschulen selber entscheiden, ob sie sitzenbleiben wollen oder nicht.
Sitzenbleiben ist teuer
Für den Dortmunder Erziehungswissenschaftler Prof. Wilfried Bos steht im Grundsatz fest: "Sitzenbleiben bringt nichts." Normalerweise würden die Schüler in den ersten Wochen besser, fielen dann aber wieder zurück und kämen am Ende oft nur mit Mühe und Not durch. Lediglich in Ausnahmefällen könne Sitzenbleiben sinnvoll sein. "Manche Schüler brauchen in der Pubertät einen Schuss vor den Bug."
Hinzu kommt außerdem noch der Kostenfaktor. Nach Angaben des Bildungsforschers Andreas Schleicher gibt Deutschland im internationalen Vergleich zusammen mit Belgien, den Niederlanden, Frankreich und Spanien das meiste Geld für Klassenwiederholer aus. "Deutschland liegt weiterhin in der Spitzengruppe bei den Sitzenbleibern", berichtete der Bildungsdirektor der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Allerdings, so findet Gesundheitsforscher Bos, die "Ehrenrunde" komplett abzuschaffen, nütze allein aber auch nichts, wenn die Ressourcen zur Förderung nicht zur Verfügung gestellt würden.
mit dpa