So teuer ist das Leben in der Region

Heimat-Check

Was kostet das Leben in meiner Stadt? Wie hoch sind die Energiekosten der Stadtwerke? Was verlangt die Kommune für Abfallentsorgung und Kinderbetreuung? In unserer Serie „Heimat-Check“ nehmen wir das Leben in der Region kritisch unter die Lupe. Im ersten Teil geht es ums Geld – um die Haushaltskosten. Wir haben 34 Städte und Gemeinden verglichen.

von Benedikt Reichel, Björn Althoff

NRW

, 07.06.2016, 04:22 Uhr / Lesedauer: 5 min
Im ersten Teil der neuen Serie Heimat-Check nehmen wir die Haushaltskosten unter die Lupe.

Im ersten Teil der neuen Serie Heimat-Check nehmen wir die Haushaltskosten unter die Lupe.

Für eine vierköpfige Muster-Familie haben wir diese Kosten verglichen:

(Über die einzelnen Links können Sie direkt zu verschiedenen Punkten springen.)

  • Unsere Familie besteht aus Vater, Mutter und zwei Kindern (4 und 7 Jahre alt). Wir haben zwei Varianten durchgerechnet. Im einen Fall hat die Familie ein verfügbares Jahreseinkommen von 50.000 Euro, im zweiten Fall von 80.000 Euro. Das ist allerdings nur bei Kita- und OGS-Gebühren wichtig.
  • Die Familie verbraucht pro Jahr 4100 kWh Strom.
  • Der jährliche Gasverbrauch liegt bei 18.000 kWh.
  • Die Familie hat einen Wasserverbrauch von 170 Kubikmetern pro Jahr.
  • Die Abwasserkosten sind gerechnet für 170 Kubikmeter Abwasser sowie eine versiegelte Fläche von 80 Quadratmetern für die Ableitung von Regenwasser.
  • Müll: Die Familie hat eine 120-Liter-Restmülltonne und eine 80-Liter-Biotonne. Leerung: 14-tägig.
  • Diese Verbrauchswerte sind Richtwerte. Sie sind ein Mittelwert aus den durchschnittlichen Energie- und Wassermengen für einen 4-Personen-Haushalt, wie er auf mehreren Verbraucherportalen ausgewiesen wurde. 
  • Das vierjährige Kind geht pro Woche 45 Stunden in eine Kita. Das zweite Kind ist Grundschüler und besucht die Offene Ganztagsschule.

 

Strom und Gas: Teure Grundversorgung - aber hier lässt sich sparen

Die Energiekosteneiner vierköpfigen Familie summieren sich schnell auf fast 3000 Euro im Jahr, wie eine Erhebung unserer Redaktion belegt. Teuer wird es vor allem dann, wenn die Verbraucher noch im Grundversorgertarif der örtlichen Stadtwerke oder des regionalen Versorgers sind.

Und das sind nicht wenige. Laut einem Bericht der Bundesnetzagentur war im Jahr 2014 noch jeder Dritte Stromkunde und jeder vierte Gasabnehmer in der Grundversorgung. Dieser Tarif sichert die lückenlose Belieferung mit Strom und Gas zu – selbst wenn bei einem Wechsel mal etwas schiefgeht. Und wer sich noch nie aktiv um seinen Strom- beziehungsweise Gasliefervertrag gekümmert hat, ist automatisch im Grundversorgertarif.

Doch der ist teuer. Für 4100 Kilowattstunden werden etwa in Unna mehr als 1300 Euro im Jahr fällig. In Münster* und Hamm gibt es die Grundversorgung für 200 Euro weniger. Und oft genügt ein einfacher Anruf beim örtlichen Versorger, um in einen noch deutlich günstigeren Tarif zu wechseln.

Die folgende Übersicht vergleicht die Energiekosten in der Region. Aufgelistet sind sowohl die Preise für die Strom- und Gas-Grundversorgung, als auch der günstigste Tarif des örtlichen Versorgers mit einer Bindung von maximal einem Jahr. Wer sich gleich zwei Jahre bindet, spart mitunter noch mehr. (*in einer ersten Version der Grafik waren für die Strom-Grundversorgung in Münster falsche Zahlen hinterlegt, nämlich der Tarif für gewerbliche Kunden. Dadurch war die Grundversorgung in Münster am teuersten, was sie nicht ist. Die Werte sind inzwischen korrigiert.)

 

In der Regel sind die örtlichen Stadtwerke für die Grundversorgung zuständig. Aber nicht alle Kommunen haben eigene Stadtwerke. Zahlreiche Gemeinden haben etwa RWE als Versorger oder Gelsenwasser für die Gaslieferung. Daher kann es sein, dass in einigen Städten die Preise identisch sind. Grundsätzlich sind Verbraucher in der Wahl ihres Strom- und Gasversorgers frei. Jutta Gülzow von der Verbraucherberatung in Lünen empfiehlt etwa, regelmäßig den Strom- und Gas-Tarif zu prüfen.

 

 

Wasser und Abwasser: Keine Wahl und große Unterschiede

Anders als bei Strom und Gas haben Verbraucher bei der Versorgung mit Trinkwasser und der Entsorgung von Abwasser kein Sparpotenzial durch einen Wechsel. Der Markt ist nicht liberalisiert. Es gibt nur einen Versorger pro Ort.

Doch unter diesen Versorgern gibt es ebenfalls erhebliche Preisunterschiede. Die Versorgungsbetriebe für Stadtlohn, Vreden und Südlohn im Münsterland können eine vierköpfige Familie mit 170 Kubikmeter Wasser im Jahr für etwas mehr als 260 Euro im Jahr beliefern. Die Stadtwerke Essen wollen für die gleiche Menge Trinkwasser fast 560 Euro – das ist mehr als das Doppelte.

Neben den Wasserversorgern wollen die Kommunen dann auch Geld dafür, dass sie das Wasser über die Kanalisation ableiten. Auch hier sind die verlangten Gebühren in den Städten sehr unterschiedlich. Die folgende Grafik zeigt die Trinkwasser und Abwasserkosten – und die gesamten Wasserkosten.

 

 

Müllabfuhr: Angebot ist fast in jeder Stadt anders

Auch die Abfallgebühren werden von der Gemeinde festgelegt. Jedes Jahr veröffentlicht der Bund der Steuerzahler eine Vergleichstabelle zu den Abfallgebühren der Kommunen und jedes Jahr ist der Aufschrei groß und die Rechtfertigungsbemühungen der Städte sind es ebenso. Für dieses Jahr liegt ein solcher Vergleich noch nicht vor. Doch die nackten Zahlen haben ihre Tücken.

Unsere vierköpfige Familie hat eine 120-Liter-Tonne für den Restmüll und eine 80-Liter-Tonne für den Biomüll vor der Tür stehen. Beide Tonnen werden alle zwei Wochen geleert. Das kostet im Jahr zwischen 200 und fast 500 Euro – je nachdem wo sie wohnen.

Die städtischen Gebührensatzungen sind die Grundlage für die Zahlen. Doch wie gesagt: Sie sind nur begrenzt vergleichbar. So wird etwa in Ahaus der Müll nur alle vier Wochen abgeholt. In unseren Berechnungen haben wir die Tonnengröße daher verdoppelt, damit genauso viel Müll hinein passt. In Essen dagegen wird standardmäßig wöchentlich geleert. Auch das konnte auf das Müllvolumen umgerechnet werden. In Münster etwa gibt es keine 80 Liter Bio-Tonne, sondern nur 90 Liter und in Haltern ist die Bio-Tonne eine Grüne Tonne, die aber nur für Gartenabfälle ist.

Zudem rechnen einige Städte die Kosten für die Bewirtschaftung der Wertstoffhöfe und Sperrmüllsammelstellen auf die Abfallgebühren um, andere verlangen eine Sondergebühr für Sperrmüll. Kurzum: Ein völlig objektiver Vergleich ist kaum möglich. Dennoch liefert die Übersicht Richtwerte, ob Ihre Stadt eher teuer oder eher günstig ist:

 

 

 

Kita- und OGS-Gebühren: Riesige Unterschiede - auch bei Ermäßigungen

Wer mehr Geld hat, zahlt auch höhere Kita-Gebühren. Dieses Prinzip ist in allen Städten und Gemeinden gleich. Doch da hören die Gemeinsamkeiten schon auf. 2006 führte die NRW-Regierung aus CDU und FDP die "Kommunale Gestaltungsfreiheit mit Blick auf die Kinderbetreuung" ein. Hatte es bis dahin einheitliche Gebühren gegeben, gibt es nun von Ort zu Ort riesige Unterschiede.

Das fängt an bei den Einkommens-Staffelungen. Unsere Beispielfamilie mit einem verfügbaren Jahreseinkommen von exakt 50.000 Euro etwa hätte in Schwerte Pech. Dort endet eine Kita-Gebühren-Kategorie bei 49.000 Euro, die nächste geht bis 61.000 Euro. Die Folge: monatliche Kosten von 194 statt 125 Euro allein für den 45-Stunden-Kita-Besuch eines Kindes. In Dorsten hingegen reicht eine Kategorie exakt bis 50.000 Euro, die nächste beginnt bei 50.001 Euro. Ein winziger Euro, der den Unterschied ausmacht zwischen 145 und 179 Euro Gebühr pro Monat.

Wie viele Kategorien es überhaupt gibt, bis zu welchem Einkommen sie reichen - das ist uneinheitlich. In vielen Orten sind Familien mit 80.000 Euro Jahreseinkommen schon in der Top-Verdiener-Kategorie. In Dortmund hingegen beginnt die erst bei 150.000 Euro. Bergkamen schließlich macht sich als einzige untersuchte Stadt die Mühe, jeden einzelnen Beitrag auf das Elterneinkommen umzurechnen.

 

 

Um die Spannbreite besser abbilden zu können, haben wir uns für zwei Varianten entschieden: einmal 50.000, einmal 80.000 "verfügbares Jahreseinkommen". Das ist das jährliche Bruttoeinkommen minus Werbungskosten. All die Sonderausgaben, die man in der Steuererklärung geltend machen kann, sind den Städten bei der Errechnung der Kita- und OGS-Gebühren egal.

Kompliziert wird es, wenn wie in unserem Beispiel zu den Kita-Kosten noch OGS-Kosten kommen. In vielen Städten - etwa Werne, Castrop-Rauxel, Selm, Ahaus, Münster, Recklinghausen und Gelsenkirchen - zahlen Eltern grundsätzlich nur einen Beitrag. Den für das teuerste Kind. 

In Bochum, Herne, Waltrop oder Nordkirchen reduziert sich der OGS-Beitrag immerhin um 50 Prozent, wenn gleichzeitig ein Kind aus dem Elternhaus eine Kita besucht. Anderswo - zum Beispiel in Haltern am See - müssen Eltern in jedem Fall den vollen OGS-Beitrag zahlen.

Und dann sind da noch viele Kommunen im Münsterland, die den OGS-Beitrag nicht an das Einkommen gekoppelt haben, sondern ihn pauschal erheben. Diese Summe liegt in Olfen bei 5 Euro pro Kind und Monat, in Legden bei 35 Euro, in Schermbeck bei 55 Euro, in Vreden bei 120 Euro. Ausnahmen gibt es nur für Hartz-IV-Empfänger und Asylbewerber.

Nicht eingerechnet in unserem Beispiel: die Essenskosten. Und die können pro Kindergarten- oder Schulkind zusätzlich 50 bis 100 Euro betragen.