Geheimchat zu US-Angriffsplänen veröffentlicht Pentagon-Chef unter Druck, Trump spielt Skandal herunter

Sicherheitsskandal in den USA: Trump-Minister beraten via Gruppenchat über Militärangriff
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Update 27.3., 7 Uhr: In der Affäre um einen brisanten Geheimchat der US-Regierung gerät Verteidigungsminister Pete Hegseth zunehmend unter Druck. Nach der Veröffentlichung des gesamten Chatverlaufes rund um einen US-Militärschlag gegen die Huthi-Miliz im Jemen wehrt sich der Pentagon-Chef vehement gegen den Vorwurf, er habe über einen unsicheren Kanal geheime Militärpläne offengelegt und damit auch US-Soldaten in Gefahr gebracht.

Hegseth tat die neuen Enthüllungen als belanglos ab und argumentierte, er habe keinerlei „Kriegspläne“ verbreitet. Er habe in der Gruppe „keine Orte, keine Routen, keine Flugwege, keine Quellen, keine Methoden, keine geheimen Informationen“ gepostet. Er habe lediglich das Regierungsteam in Echtzeit informiert und auf dem Laufenden gehalten. Das sei sein Job.

Trump kam ihm zu Hilfe. Auf die Frage eines Reporters, ob Hegseth einen Rücktritt erwägen sollte, entgegnete der US-Präsident: „Hegseth macht großartige Arbeit. Er hat nichts damit zu tun. Das ist alles eine Hexenjagd.“ Trump wies den Vorwurf zurück, die Affäre herunterzuspielen und gab zurück: „Die Medien bauschen es auf.“ Die Aktionen gegen die Huthi-Miliz seien „unglaublich erfolgreich“ - darüber sollten die Medien berichten, mahnte er.

Der Präsident versuchte auch, den Fehltritt seines Sicherheitsberaters Waltz, versehentlich einen Journalisten in den Gruppenchat zu holen, als technische Panne bei der App Signal darzustellen. „Es könnte ein Problem mit der Plattform geben“, sagte Trump. „Wenn es ein Problem mit einer Plattform gibt, sollte niemand sie benutzen.“ Vielleicht sei Signal einfach „nicht sehr gut“.

Geheimchat zu US-Angriffsplänen veröffentlicht

Update 26.3., 14.07 Uhr: Brisante Entwicklung im Sicherheitsskandal um US-Berater: „The Atlantic“ hat alle Nachrichten aus dem Geheimchat der Trump-Berater zu US-Angriffsplänen veröffentlicht. Zuvor hatten Trump und sein Team die Bedeutung des Sicherheitsskandals heruntergespielt.

Da die Informationen in dem Signalchat laut Trump nicht geheim waren, habe sich die Nachrichtenzeitschrift dazu entschlossen, alle Nachrichten aus dem Chat der Öffentlichkeit zu präsentieren, damit die Öffentlichkeit entscheide, ob es Geheiminformationen seien.

Der veröffentlichte Chat zeige laut „The Atlantic“, dass der US-Verteidigungsminister eine SMS an eine Gruppe geschickt hat, zu der eine ihm unbekannte Telefonnummer gehörte - das Handy des Journalisten. Das sei 31 Minuten vor dem Start der ersten US-Kampfflugzeuge und zwei Stunden und eine Minute vor dem Beginn des US-Angriffs auf die Houthis gewesen.

Wäre dieser Text von jemandem empfangen worden, der den amerikanischen Interessen feindlich gesinnt wäre, hätten die Houthis Zeit gehabt, sich auf den geplanten Überraschungsangriff auf ihre Hochburgen vorzubereiten. Die Folgen für die amerikanischen Piloten hätten laut „The Atlantic“ also katastrophal sein können.

Trump spielt Sicherheitsskandal herunter

Update 26.3., 7 Uhr: US-Präsident Donald Trump distanziert sich von der drastischen Sicherheitspanne seiner Regierung mit einem Geheimchat. „Ich war nicht involviert“, sagte er dem rechten Sender Newsmax. Zugleich zeigte er sich zufrieden mit den bisherigen Erklärungen seiner Kabinettsmitglieder zu dem Vorgang. Er fühle sich wohl mit dem, was er gehört habe.

Trumps Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz war eigenen Angaben zufolge dafür verantwortlich, dass der Chefredakteur des „Atlantic“-Magazins, Jeffrey Goldberg, Zugang zu der sensiblen Kommunikation rund um einen militärischen Schlag der USA gegen die Huthi-Miliz im Jemen erhielt. Goldberg wurde - wohl aus Versehen - in den Gruppenchat mehrerer Minister und ranghoher Regierungsmitglieder auf der Messenger-App Signal eingeladen und konnte dort Pläne über die bevorstehende US-Militäraktion im Jemen live mitlesen.

Trump sagte nun, in dem Gruppenchat über den bevorstehenden Militäreinsatz, in den der Journalist aus ungeklärten Gründen geraten sei, seien keine Geheiminformationen ausgetauscht worden, soweit er es verstanden habe. Er betonte aber, er wisse auch nur das, was ihm gesagt worden sei.

Waltz übernimmt volle Verantwortung

Derweil übernahm Waltz die volle Verantwortung dafür, dass der Journalist in den geheimen Gruppenchat gelangt war. Er selbst habe die Gruppe gebildet, sagte Waltz dem Nachrichtensender Fox News. Das sei peinlich. Wie die Nummer des Journalisten in sein Handy und dieser dann in die Gruppe gekommen sei, wisse er aber nicht. Vielleicht sei ein Kontakt in seinem Adressbuch im Handy mit einer anderen Nummer abgespeichert gewesen.

Er habe den „Atlantic“-Chefredakteur Goldberg - einen Trump-Hasser, Abschaum und Verlierer, wie er ihn nannte - nie getroffen und ihm auch nie eine Textnachricht geschickt, sagte Waltz. In Abstimmung mit dem Trump-Vertrauten Elon Musk, der als Tech-Unternehmer reich wurde, würden nun die besten Techniker der Sache auf den Grund gehen.

Trump nimmt Waltz in Schutz

Der Sicherheitsberater machte auch klar, dass er nicht wolle, dass Goldberg den gesamten Verlauf des - bislang nur in Auszügen publik gemachten - Chats veröffentlicht. Trump hatte Waltz zuvor im Weißen Haus in Schutz genommen und gesagt: „Er ist ein sehr guter Mann, und er wird weiterhin gute Arbeit leisten.“

Dass ranghohe Regierungsmitglieder überhaupt sensible Informationen über die kommerzielle App Signal austauschen, löste Empörung aus. Dass dort Details über einen bevorstehenden Militärschlag erörtert wurden und versehentlich ein Journalist mit in die Gruppe aufgenommen wurde, sorgt für Fassungslosigkeit. Der Fehltritt schlägt hohe Wellen und machte über die USA hinaus Schlagzeilen. Mehrere Demokraten fordern personelle Konsequenzen.

Trumps engster Führungszirkel im Gruppenchat

Erstmeldung 25.3. 6.30 Uhr: Teilnehmer der Gruppenunterhaltung über die verschlüsselte Messenger-App Signal sollen unter anderem Vizepräsident J.D. Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth, Außenminister Marco Rubio sowie weitere Kabinettsmitglieder und hochrangige Regierungsbeamte gewesen sein.

Goldberg, war nach eigenen Angaben versehentlich in die Gruppe aufgenommen worden. Demnach hatte ihm ein Signal-Nutzer mit dem Namen von Trumps Nationalem Sicherheitsberater, Michael Waltz, eine Kontaktanfrage geschickt. Wenige Tage später folgte seinen Schilderungen zufolge die Einladung in den Chat. In diesem soll sowohl die militärische Taktik als auch die politische Kommunikation rund um den Schlag gegen die Huthi-Miliz im Jemen diskutiert worden sein.

Sicherheitsbedenken wegen der Verwendung von Signal

Sicherheits- und Rechtsexperten üben unter anderem an Kritik der Verwendung von Signal. John Bolton, dritter nationaler Sicherheitsberater während Trumps erster Amtszeit, erklärte im „Wall Street Journal“, es gebe keine Rechtfertigung für die Nutzung eines nichtstaatlichen Systems. „Das ist entsetzlich.“

Matt Blaze, ein Professor für Informatik und Recht an der Georgetown University, sagte der „Washington Post“, die Verschlüsselung sei bei Signal ziemlich stark, die Plattform jedoch nicht für hochsensible, geheime Gespräche geeignet. Er begründete dies unter anderem damit, dass Signal auf „grundsätzlich unsicheren Geräten“ laufe: Smartphones und Laptops, die mit dem Internet verbunden seien und „allen möglichen Angriffen auf die Geräte ausgesetzt sein können, die nichts mit der Sicherheit der Software zu tun haben“. Wenn das Gerät kompromittiert sei, sei alles, was das Gerät nutzt, kompromittiert.

Üblicherweise gibt es strenge Regularien dazu, wie die US-Regierung mit vertraulichen und streng geheimen Informationen umzugehen hat, die die nationale Sicherheit betreffen. Das gilt umso mehr für konkrete Pläne zu Militäreinsätzen im Ausland. Die Signal-App ist laut „Atlantic“ von der US-Regierung generell überhaupt nicht für den Austausch vertraulicher Informationen zugelassen.

Debatte dreht sich auch um mögliche Straftat

Ryan Goodman, ein ehemaliger Rechtsberater des US -Verteidigungsministeriums, ordnete das Vorgehen im Sender CNN als „grob fahrlässig“ ein. Grobe Fahrlässigkeit im Umgang mit Verschlusssachen sei per Gesetz strafbar, wenn diese an unautorisierte Personen weitergegeben würden. „Und es war ein Journalist mit in der Leitung. Das heißt, dass es wirklich eine Weitergabe gegeben hat.“

Kritik von Demokraten, aber nicht nur

Der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, sprach auf der Plattform X von „amateurhaftem Verhalten“. Die Zeitung „The Hill“ und der Sender ABC zitierten ihn mit den Worten, es handele sich um „eine der unglaublichsten Verletzungen“ militärischer Geheimnisse, die ihm je untergekommen sei.

Der demokratische Senator und Militärexperte Jack Reed erklärte, „wenn diese Geschichte wahr ist, stellt sie eines der ungeheuerlichsten Versäumnisse in Bezug auf die operative Sicherheit und den gesunden Menschenverstand dar, die ich je gesehen habe“. Militäroperationen müssten mit äußerster Diskretion und über genehmigte, sichere Kommunikationswege abgewickelt werden, denn es gehe um das Leben von Amerikanern. „Die Nachlässigkeit, die das Kabinett von Präsident Trump zeigt, ist erstaunlich und gefährlich. Ich werde sofort Antworten von der Regierung einfordern.“

Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, sprach nach übereinstimmenden Medienberichten von einem „Fehler“, den das Weiße Haus zugegeben habe.

Wird es personelle Konsequenzen geben?

„Politico“ zitiert einen hochrangigen Regierungsmitarbeiter damit, dass auch über die Zukunft des Nationalen Sicherheitsberaters Waltz diskutiert werde. Trumps Sprecherin Karoline Leavitt machte nach „Politico“-Angaben allerdings in einem Statement klar: „Präsident Trump hat weiterhin größtes Vertrauen in sein nationales Sicherheitsteam, einschließlich des Nationalen Sicherheitsberaters Mike Waltz“.

Waltz fiel in dem Chat laut dem Goldberg-Artikel auch durch einen teils informellen Ton auf. Der Journalist schrieb, Trumps Nationaler Sicherheitsberater, der ihn in die Gruppe aufgenommen haben soll, habe etwa Emojis eingesetzt, um Zustimmung und Kampfgeist zu signalisieren: eine geballte Faust, eine US-Flagge und ein Flammen-Symbol.

Besonders brisant: Zwei Stunden vor Beginn der Attacken am 15. März soll Hegseth selbst im Chat detaillierte Angaben zu Zielen, Waffensystemen und dem zeitlichen Ablauf der Operation gemacht haben. Kurz darauf begannen tatsächlich Luftangriffe gegen Stellungen der Huthi-Miliz im Jemen, die von den USA kurz zuvor wieder als ausländische Terrororganisation eingestuft worden waren.

Spätestens an diesem Punkt kam Goldberg, der zunächst sehr skeptisch gewesen sein will, nach eigenen Angaben zu dem Schluss, dass es sich bei dem Gruppenchat nicht um einen aufwendig inszenierten Fake handelte.

dpa