Separatisten kündigen Abzug schwerer Militärtechnik an

Die Konfliktparteien in der Ostukraine zögern mit der Umsetzung des Friedensplans von Minsk. Das Misstrauen ist groß. Die Bundesregierung fordert Militär und Separatisten auf, das Abkommen umzusetzen. Kremlchef Putin äußert sich in einem Interview zur Lage im Kriegsgebiet.

Donezk (dpa)

23.02.2015, 21:43 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ukrainische Armeefahrzeuge verlassen die Region um die ostukrainische Stadt Debalzewo. Foto: Anastasia Vlasova

Ukrainische Armeefahrzeuge verlassen die Region um die ostukrainische Stadt Debalzewo. Foto: Anastasia Vlasova

Die prorussischen Separatisten im Kriegsgebiet Ostukraine haben für diesen Dienstag den Abzug schwerer Artillerie angekündigt.

Die Militärtechnik solle unter Kontrolle der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) von den Frontlinien der «Volksrepubliken Donezk und Lugansk» abgezogen werden, sagte Separatistensprecher Eduard Bassurin der Agentur Interfax am Montag. Bereits jetzt seien aus einzelnen Orten Dutzende Einheiten mit Technik von der Linie entfernt worden.

Insgesamt seien 4 Sektoren und 16 Kontrollpunkte festgelegt worden für eine Überwachung der Waffenruhe und den Abzug von Militärtechnik. Bassurin forderte die OSZE auf, bei der Umsetzung des Minsker Friedensplans auch die ukrainische Seite aktiver zu kontrollieren. Er warf dem ukrainischen Militär vor, bisher keine Schritte für den Abzug von Technik unternommen zu haben. Die ukrainischen Sicherheitskräfte würden vielmehr ihre Stellungen festigen und an allen Seiten Panzertechnik und Personal aufstellen, behauptete Bassurin.

Der Separatistenführer Alexander Sachartschenko beschuldigte die Regierungstruppen, ungeachtet des Minsker Abkommens weiter Stellungen der Aufständischen zu beschießen. Er äußerte die Vermutung, dass die ukrainischen Truppen sich auf einen neuen Angriff vorbereiteten - «Ende März, Anfang April».

Indessen sieht Kremlchef Wladimir Putin mehr als eine Woche nach den Ukraine-Friedensgesprächen in Minsk eine Chance für eine Normalisierung der Lage im Kriegsgebiet Donbass. «Wenn das Minsker Abkommen für eine Lösung des Konflikts in der Ostukraine erfüllt wird, dann bin ich überzeugt, dass die Situation sich schrittweise normalisiert», sagte Putin. Russland sei wie Europa nicht an Krieg interessiert, betonte der Präsident nach Kremlangaben am Montag in einem Interview des Staatsfernsehens.

«Ich denke, dass ein solch apokalyptisches Szenario wohl kaum möglich ist - und hoffe, dass es dazu nicht kommt», sagte Putin. Demnach sieht der Kremlchef auch Anzeichen dafür, dass allmählich wieder Vertrauen zwischen Russland, Deutschland und Frankreich durch die jüngsten Verhandlungen in Minsk entstehe. In der weißrussischen Hauptstadt war am 12. Februar ein Friedensplan für den Donbass verabschiedet worden.

Seinen ukrainischen Kollegen Petro Poroschenko forderte Putin auf, mit der Ostukraine auf «zivilisierte Weise» ein Verhältnis aufzubauen und die Rechte und Interessen der Menschen im Donbass zu schützen. Zugleich warnte er vor «revanchistischen» Versuchen, die vor einem Jahr von Russland einverleibte Schwarzmeerhalbinsel Krim zurückzuerobern.

Poroschenko hatte zuvor angekündigt, das seit März von Russland «okkupierte Gebiet» wieder unter ukrainische Kontrolle zu bringen. Der Westen hatte die Annexion als Völkerrechtsbruch kritisiert und Russland deshalb mit Sanktionen belegt.

Putin kritisierte zudem Aussagen Poroschenkos, der Kreml selbst habe vor einem Jahr die Gewaltexzesse bei den proeuropäischen Protesten auf dem Maidan in Kiew ausgelöst. «Ich wundere mich manchmal einfach nur etwas über die öffentlichen Äußerungen der Führung der Ukraine», sagte Putin. Poroschenko hatte behauptet, Putins Berater Wladislaw Surkow habe in Kiew Scharfschützen kommandiert, um auf Demonstranten schießen und die Lage dort eskalieren zu lassen.

«Das ist absoluter, völliger Blödsinn, derart weit weg von der Wirklichkeit, dass du dich nur wundern kannst, woher so etwas kommt», meinte Putin. Er forderte seinen ukrainischen Kollegen auf, sich Vorlagen seiner Geheimdienste etwas genauer anzuschauen.

Panzer der regulären ukrainischen Armee auf ihrem Weg in den Westen des zerrissenen Landes. Foto: Anastasia Vlasova

Panzer der regulären ukrainischen Armee auf ihrem Weg in den Westen des zerrissenen Landes. Foto: Anastasia Vlasova

Trotz einer Vereinbarung wollen Separatisten und Armee vorerst nicht mit dem Abzug schwerer Waffen im Kriegsgebiet Ostukraine beginnen. Foto: Alexander Ermochenko

Trotz einer Vereinbarung wollen Separatisten und Armee vorerst nicht mit dem Abzug schwerer Waffen im Kriegsgebiet Ostukraine beginnen. Foto: Alexander Ermochenko

Der «Marsch der Würde» mit Bundespräsident Joachim Gauck und weiteren Staats- und Regierungschefs in Kiew. Foto: Jacek Turczyk

Der «Marsch der Würde» mit Bundespräsident Joachim Gauck und weiteren Staats- und Regierungschefs in Kiew. Foto: Jacek Turczyk

In der Nähe der Separatistenhochburg Lugansk übergaben Separatisten der ukrainischen Armee 139 Offiziere, das Militär ließ dafür 52 Aufständische frei. Foto: Andrei Leble

In der Nähe der Separatistenhochburg Lugansk übergaben Separatisten der ukrainischen Armee 139 Offiziere, das Militär ließ dafür 52 Aufständische frei. Foto: Andrei Leble

Waffenausstellung in Kiew mit von den prorussischen Separatisten sichergestellten Panzern. Foto: Sergey Dolzhenko

Waffenausstellung in Kiew mit von den prorussischen Separatisten sichergestellten Panzern. Foto: Sergey Dolzhenko

Abzug aus Debalzewo: Die ukrainische Armee gibt sich geschlagen. Foto: Anastasia Vlasova

Abzug aus Debalzewo: Die ukrainische Armee gibt sich geschlagen. Foto: Anastasia Vlasova