Als er kam, wusste er nichts vom Ascheplatz Sedat Sener: Vom Wandervogel zum Erfolgstrainer

Sedat Sener: Vom Wandervogel zum Erfolgstrainer
Lesezeit

Der Weg von Sedat Sener zum SC Fröndenberg-Hohenheide war alles andere als gewöhnlich. Als er zur Saison 2019/20 den Trainerposten beim ambitionierten Kreisliga-Verein übernahm, wusste er nicht, dass er in den folgenden Jahren nicht nur eine Mannschaft, sondern auch den Verein selbst prägen würde.

Sedat Sener im Trikot von Westfalia Herne
Sedat Sener spielte 2011 bei Westfalia Herne. © imago

Bei seinem ersten Besuch am Fröndenberger Sportplatz staunte Sener nicht schlecht, als er entdeckte, dass der Verein zu diesem Zeitpunkt noch über einen Ascheplatz verfügte. „Da dachte ich: Das ist nicht euer Ernst“, erinnert sich Sener, der zu diesem Zeitpunkt bereits in höherklassigen Ligen gespielt und als Trainer erste Erfolge gefeiert hatte.

Sedat Seners Weg zum Erfolg: Viele Stationen, viel Erfahrung

Der Ascheplatz an der Hohenheide, der zu dieser Zeit noch das Herz des SC Fröndenberg bildete, war jedoch kein Hindernis für Sener. Im Gegenteil: Der junge Trainer sah dies als Herausforderung und Chance. Mit einem klaren Plan, einer Vision und dem unbedingten Willen, etwas zu bewegen, stürzte er sich in die Arbeit. „Wir haben viel in die Mannschaft reingesteckt“, sagt Sener heute stolz. Die erste große Belohnung ließ nicht lange auf sich warten: Der Aufstieg in die Kreisliga B gelang bereits in seiner ersten Saison.

Sedat Sener, mittlerweile 34 Jahre alt, blickt auf eine wechselhafte Karriere als Spieler und Trainer zurück. In seiner Jugend spielte er unter anderem beim MSV Duisburg, wo er nach einem herausragenden Auftritt bei einem Turnier zum besten Spieler gewählt wurde. So wurde Arminia Bielefeld auf den Juniorenspieler aufmerksam. Später ging es für ihn zu Rot Weiss Ahlen, wo er schnell in die U23 aufstieg und in der Oberliga spielte – unter anderem auch einmal zusammen mit Weltmeister Kevin Großkreutz.

Doch der Wechsel von Verein zu Verein gehörte bei Sener lange Zeit zur Routine. Bei fast zehn Vereinen spielte er in den nächsten Jahren, unter anderem für den Holzwickeder SC und den SSV Mühlhausen. „Ich bin sehr häufig gewechselt“, gibt er heute zu und reflektiert: „Ich konnte mich nicht richtig durchsetzen. Ich hatte oft nicht die Geduld, was im Nachhinein absolut verkehrt war. Ich habe dann immer schnell meine Tasche genommen und war weg. Das war mein Fehler, warum ich als aktiver Spieler nicht so weit gekommen bin.“

Es waren aber auch körperliche Hürden, die ihn in seiner Spielerkarriere bremsten. Häufig hatte er mit Sprunggelenksverletzungen zu kämpfen, die er nie vollständig ausheilen konnte. Doch Sener sieht es heute als einen der größten Fehler an, dass er sich nicht durchgebissen hat: „Es lag nie an den Trainern, sondern nur an mir selbst.“

Der Schritt zum Trainer: Eine neue Perspektive

Mit 25 Jahren stand Sener vor einer entscheidenden Wende in seiner Karriere. Nachdem er sich erneut am Sprunggelenk verletzt und unlängst mit der Eröffnung eines Restaurants selbstständig gemacht hatte, entschloss er sich, seinen Verein, den SV Brackel, als U19-Co-Trainer zu unterstützen. „Das hat mir richtig Spaß gemacht. Bis dahin hätte ich nie gedacht, dass ich mal Trainer werde“, gesteht er. Der frühe Schritt in die Trainerrolle sollte Sener jedoch auf den richtigen Weg führen.

Hendrik Wießner und Sedat Sener beim Trainingsauftakt zur Saison 2024/25.
Hendrik Wießner und Sedat Sener (r.) beim Trainingsauftakt zur Saison 2024/25. © Heese

Seine erste Station als Coach im Herrenbereich war später der FC Roj, wo er zunächst Co-Trainer war und später den Cheftrainerposten übernahm. Mit ihm hielt der Verein seinerzeit die Bezirksliga. Danach führte sein Weg weiter zum Dortmunder A-Ligisten K.F. Sharri. Dort hatte er eigentlich für eine weitere Saison zugesagt, doch der unaufhörliche Drang von Pal Delia, dem Vorsitzenden des SC Fröndenberg, nach einem Trainer führte ihn schließlich in die Ruhrstadt. „Pal hat mich immer wieder angerufen und nie locker gelassen. Er meinte, Fröndenberg braucht einen Trainer. Als er mir dann sagte, es ist Kreisliga C, dachte ich: ‚Krass‘“, erinnert sich Sener.

Die beiden hatten sich Jahre zuvor bei einem Hobbyturnier kennengelernt, Delia war im späteren Jugendbereich fortan an Seners Seite: „Er hat mich überallhin begleitet, hat für mich Gespräche mit Vereinen geführt. Ich schuldete ihm also einen großen Gefallen.“

Der große Sprung: Von der C-Liga in die Kreisliga A

Der Wechsel nach Fröndenberg war ein entscheidender Schritt. Er zögerte lange. „Hätten die bei Sharri keinen Nachfolger für mich gefunden, hätte ich zu 100 Prozent weitergemacht“, so Sener. Doch innerhalb weniger Wochen war ein geeigneter Nachfolger gefunden und der Weg für Sener nach Fröndenberg frei.

Mit seiner Verpflichtung begannen die Fröndenberger, ihre Ziele konsequent umzusetzen. Der erste große Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Der Aufstieg in die Kreisliga B wurde in Seners erster Saison gefeiert. Doch der Aufstieg in die A-Liga war das, was Sener wirklich antrieb. Das Ende des Ascheplatzes war zudem absehbar, „und der Verein lässt mir viel Spielraum“, sagt Sener im Juni 2020. „Heute kann ich sagen: Wir haben unsere Ziele übertroffen.“

Beim Königsborner SV II machte der SC Fröndenberg vergangene Saison den Aufstieg in die Kreisliga A perfekt. Nicht mit dabei: Sedat Sener, der zu diesem Zeitpunkt im Urlaub weilte.
Beim Königsborner SV II machte der SC Fröndenberg vergangene Saison den Aufstieg in die Kreisliga A perfekt. Nicht mit dabei: Sedat Sener, der zu diesem Zeitpunkt im Urlaub weilte. © Schürmann

Mit 85 Punkten gelang vergangene Saison der Aufstieg in die Kreisliga A, der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte des SC Fröndenberg in den letzten Jahren. Unter seiner Führung gewann das Team zweimal die Hallenstadtmeisterschaft – ein weiterer Meilenstein in Seners erfolgreicher Amtszeit.

Doch er sieht all dies nicht als seinen alleinigen Erfolg an. „Das habe ich nicht alleine geschafft“, so Sener. „Meine Co-Trainer Marco Baptista, Valter Viera, Hendrik Wießner und Marcel Hofmann haben auch alle einen großen Anteil daran, dass wir so erfolgreich sein konnten.“

„Sedat war und bleibt mit Herz und Seele Fröndenberger“, sagt SCF-Boss Pal Delia, als er zu Wochenbeginn das Aus von Sener am Saisonende bestätigt. „Wir hätten uns gewünscht, dass er weitermacht. Als er 2019 anfing, hätte niemand für möglich gehalten, was er und sein Team in dieser Zeit aufgebaut haben.“

Pal Delia, nachdem die Rückkehr des SC Fröndenberg in die Kreisliga A feststand.
Pal Delia, nachdem die Rückkehr des SC Fröndenberg in die Kreisliga A feststand. © Schürmann

Nicht immer gab es nur Harmonie zwischen den beiden. Es gab auch Zeiten, in denen der SCF-Chef seinen Trainer bremsen musste, rüffelte ihn im Oktober 2021 öffentlich, nachdem Sener mit einem Schiedsrichter verbal aneinandergeraten war.

Es ist ein tiefes Bedauern in seiner Stimme zu hören, als er von Seners bevorstehendem Abschied spricht. „Es wird nicht leicht, noch einmal so einen Trainer und Menschen zu finden. Er war wie ein Ziehsohn für mich. Ich habe ihn betreut, seitdem er 14 Jahre alt war“, sagt Delia.

Sedat Sener hat Angebote von höherklassigen Vereinen

Sedat Sener ist nun bereit für den nächsten Schritt in seiner Karriere. „Ich habe Angebote von höherklassigen Vereinen, aber ob ich eines davon annehme oder vielleicht sogar eine Pause mache, steht noch nicht fest“, sagt er. Der Trainer reflektiert viel über seine Karriere, seine Fehler und die Erfahrungen, die ihn zu dem gemacht haben, der er heute ist. „Ich war in der Vergangenheit sehr arrogant. Ich dachte, ich bin der Beste und muss spielen. Aber heute weiß ich, dass das nicht der richtige Weg war.“

Rechts im Bild: Sedat Sener nach seinem ersten von zwei HSM-Titeln mit dem SC Fröndenberg im Januar 2024.
Rechts im Bild: Sedat Sener nach seinem ersten von zwei HSM-Titeln mit dem SC Fröndenberg im Januar 2024. © Darius Palschinski

In Zukunft wird Sener sicherlich einen neuen Verein finden, der von seiner Erfahrung und seiner Leidenschaft profitieren kann. Ob es ihn direkt zu einem höherklassigen Klub zieht oder er sich eine Auszeit nimmt: offen. Doch sicher ist, dass er eine wertvolle Bereicherung für jedes Team sein würde.

Zum Thema

Sedat Sener sprach mit der Redaktion und im Podcast

Nachdem bekannt wurde, dass Sedat Sener den A-Kreisligisten SC Fröndenberg am Saisonende verlassen wird, sprach der Trainer mit unserer Sportredaktion. Vor einigen Wochen war er zudem Gast im Podcast des TuS Hemmerde „Chancentod“. Wir haben einige Zitate aus der Folge für dieses Porträt verwendet.