Schriftsteller Siegfried Lenz ist tot

Im Alter von 88 Jahren

Der Schriftsteller Siegfried Lenz ist tot. Der bedeutende Autor der deutschen Nachkriegsliteratur starb am Dienstag im Alter von 88 Jahren im Kreise der Familie, wie der Verlag Hoffmann und Campe mitteilte. Sein Themen waren Krieg, Versöhnung und Verantwortung.

Hamburg

07.10.2014, 11:54 Uhr / Lesedauer: 2 min
Siegfried Lenz

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Sein Leben in Bildern: Siegfried Lenz

Mit seinen Büchern verarbeitete er seine Erlebnisse im Krieg. Auch politisch war er aktiv. Der Schriftsteller Siegfried Lenz ist am 7. Oktober verstorben. Sein Leben in Bildern.
07.10.2014
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Mit seinen Büchern verarbeitete er seine Erlebnisse im Krieg. Auch politisch war er aktiv. Der Schriftsteller Siegfried Lenz ist am 7. Oktober verstorben. Sein Leben in Bildern.
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 Lenz' Werke sind nach Angaben des Hamburger Verlags Hoffmann und Campe vom Dienstag in mehr als 20 Sprachen übersetzt worden, die Weltauflage liegt laut dem Verlag bei mehr als 25 Millionen. Günter Grass, sein langjähriger Freund, hätte Lenz für das Amt des Bundespräsidenten als sehr gut geeignet empfunden.

Zum 85. Geburtstag von Lenz (am 17. März 2011) hatte der damalige Bundespräsident Christian Wulff die Verdienste des Autors für das wiedergewonnene Ansehen Deutschlands gewürdigt. Lenz war Ehrenbürger der Hansestadt Hamburg und seiner masurischen Geburtsstadt Lyck, die heute zu Polen gehört und jetzt Elk heißt. In Hamburg lebte Lenz seit dem Zweiten Weltkrieg. Über seine Jugend in Lyck (Masuren) hat Lenz ungern gesprochen. Mit 17, nach dem Notabitur, kam Lenz zur Kriegsmarine. Anfangs begeistert, weckte das Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 bei ihm Zweifel: „An diesem Tag stürzte ich aus einer Illusion.“ Und auch das Elend und Sterben im Krieg verändert ihn: „Ich musste die Tode anerkennen, die Verzweiflung der Flüchtlingstrecks, die Schiffstragödien.“ In den letzten Kriegswochen wird der Soldat Lenz nach Dänemark geschickt. Dort desertiert er nach einer Hinrichtung und verbringt mit Hilfe dänischer Bauern das Kriegsende in Wäldern.

Das nach Kriegsgefangenschaft in Hamburg begonnene Lehrerstudium brach Lenz 1948 ab, um Journalist zu werden. Nach kurzer Arbeit als Kulturredakteur der Zeitung „Die Welt“ begann er 1951 als freier Schriftsteller in der Elbmetropole, die seine neue Heimat werden sollte. Ein zentrales Thema des Autors wird die Auseinandersetzung mit dem Pflichtbegriff. Auch in seinem in 35 Sprachen übersetzten Welterfolg „Deutschstunde“ (1968) geht es neben einem Vater-Sohn-Konflikt vor allem um die Folgen eines unkritischen Pflichtbewusstseins. Konsequent versuchte Lenz den Anspruch, verantwortungsvoll die Welt mitzugestalten, für sich umzusetzen. In Wählerinitiativen engagierte er sich in den 60er und 70er Jahren für die SPD. Insbesondere die auf dem Versöhnungsgedanken basierende Ostpolitik Willy Brandts unterstützte der gebürtige Ostpreuße energisch.

Neben „ernsten“ Werken - seit 1951 entstanden 14 Romane, zahlreiche Erzählungen, Essays, Hörspiele und einige Theaterstücke. Im hohen Alter konnte Lenz mit der Novelle „Schweigeminute“ (2008) noch einmal einen großen Bestseller landen. Der Freund und Kritiker Marcel Reich-Ranicki sprach vom möglicherweise schönsten Buch - vielleicht ein Trost nach dem Verlust seiner Frau. Sie starb 2006, das Paar war 57 Jahre verheiratet. Lenz bezeichnete die Novelle als seine „Selbstrettung“, weil er damals geglaubt hatte, die für jeden Autor notwendige Vorstellungskraft habe ihn verlassen. Gewidmet hat Lenz die Novelle Ulla Reimer. Die langjährige Freundin seiner Frau heiratete er am 12. Juni 2010.

Die letzten Jahren war Siegfried Lenz gesundheitlich schwer angeschlagen und auf den Rollstuhl angewiesen. In einer Seniorenresidenz an der Elbchaussee hatte er in seinem Appartement immerhin einen freien Blick auf den so sehr von ihm geliebten Elbstrom. Sein persönliches Archiv übergab Siegfried Lenz in diesem Jahr dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach.  Oft ist SiegfriedLenz mit Heinrich Böll und Günter Grass in einem Atemzug genannt worden. Auch wenn er selber nicht zu Nobelpreisehren gelangte, prägte der Autor die deutsche Nachkriegsliteratur stark mit. Lenz starb am Dienstag im Alter von 88 Jahren in Hamburg im Kreise seiner Familie. „Jetzt bleibt die Erinnerung an eine einzigartige Freundschaft, an einen großen Menschen und als Zeugnis dafür seine Bücher“, würdigte Lenz' Verleger und langjähriger Freund Thomas Ganske den Schriftsteller.