Der „Inzest-Prozess“ gegen einen Mann aus Herne ist auf die Zielgerade eingebogen. Der 33-jährige Angeklagte hatte zuletzt am Bochumer Landgericht neben eigenen Missbrauchsübergriffen auf alle drei Kinder seiner Partnerin auch von ihm erzwungene Inzesthandlungen der Geschwister zugegeben. Die Tatorte lagen unter anderem in Herne, Recklinghausen und Bottrop. Noch im Februar soll ein Urteil verkündet werden - im Raum steht die Anordnung von Sicherungsverwahrung.
Der 33-Jährige war Mitte Juni 2023 festgenommen worden. Kurz zuvor hatte die jüngste Tochter seiner Partnerin die Vorwürfe ans Licht gebracht und einer Vertrauensperson von erlittenen Missbrauchsübergriffen berichtet.
Im Anschluss waren unverzüglich polizeiliche Ermittlungen angelaufen. Dabei ging es dann auch bereits um mutmaßliche Übergriffe des Herners auf die zwei Geschwister der heute Neunjährigen, einen Jungen und ein Mädchen.
Im Prozess vor der 8. Strafkammer wurde jetzt bekannt, dass die Ermittler nach den Vorwürfen wenige Tage vor dessen Festnahme den Beruf und die bisherigen Wohnanschriften des tatverdächtigen Herners recherchiert haben.
Laut eines verlesenen Polizeivermerks war der 33-Jährige als Geschäftsführer einer gemeinnützigen Beratungsfirma für Kinder und Jugendliche in Recklinghausen tätig, soll sich auf der Firmen-Homepage sogar unter anderem als „staatlich geprüfter Kinderpfleger“ ausgegeben haben. Ob das stimmt, ist unklar.
Auf einem aktuell (24. Januar) immer noch im Internet abrufbaren Jobprofil weist sich der Herner als „Bachelor of Arts“ im Bereich Sozialpädagogik aus.
Auch mit Blick auf die vorherigen Wohnanschriften und das Strafregister des Herners förderten die Ermittler Bemerkenswertes zu Tage. Denn der 33-Jährige war offensichtlich jahrelang sowohl mit anderem Vor- als auch Nachnamen gemeldet. Auch seine erste Verurteilung wegen Kinderpornoverbreitung und die Einstellung eines Strafverfahrens wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern im Jahr 2015 war auf den Geburtsnamen ausgesprochen.
Hinter der Namensänderung steckt offenbar ein viele Jahre zurückliegender Familienrechtsstreit. Im Jahr 2000 war den Eltern des Angeklagten von einem anderen Gericht im Ruhrgebiet das Sorgerecht entzogen worden, weil Anhaltspunkte für Misshandlungen, Missbrauch und schwere Gesundheitsschädigungen vorlagen. Der 33-Jährige und seine Brüder wurden mithilfe des Jugendamtes aus der Familie genommen.
Die Mutter des Herners soll angeblich unter dem so genannten „Münchhausen-Stellvertretersyndrom“ leiden, also Krankheiten ihrer Kinder erfunden, vorgetäuscht oder bewusst herbeiführt haben, um eine medizinische Behandlung verlangen zu können.
Der heute 33-Jährige soll unter anderem als Kind überdosiert Beruhigungsmittel erhalten haben, auch soll angeblich zeitweise in einen Rollstuhl festgegurtet worden sein.
Verteidiger Simón Barrera González nannte die Vorkommnisse im Prozess „schweren Missbrauch“. Der Skandal um die Mutter und das Schicksal des Angeklagten beschäftige bis heute die Gerichte, hieß es. Anwalt Barrera González: „Mich als Verteidiger hat das sprachlos zurückgelassen.“
Laut Anklage soll der Herner von 2018 bis Juni 2024 die drei Kinder seiner Ex-Partnerin in mindestens 103 sexuell missbraucht haben. Dabei soll der Herner auch so genannte „Dreier“ und auch Inzesthandlungen der Kinder vor seinen Augen erzwungen haben.
Urteil voraussichtlich am 26. Februar
Am 11. Februar 2025 soll das Sachverständigengutachten zur Frage der Sicherungsverwahrung erstattet, voraussichtlich am 13. Februar plädiert und am 26. Februar das Urteil verkündet werden.
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