Schmusekurs: Handball-Clubs mit Machtzuwachs

Die Clubs sind (fast) am Ziel: Ein unerwarteter Schmusekurs im Welthandball hat den Vereinen die langersehnte Macht beschert.

Kopenhagen (dpa)

26.09.2010, 12:18 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der EHF-Kongress fand in Kopenhagen statt.

Der EHF-Kongress fand in Kopenhagen statt.

Dank einer umwälzenden Reform und der Gründung des «Professional Handball Board» (PHB) hat Europas Dachverband EHF auf seinem Kongress in Kopenhagen den Vereinen die Mitsprache bei Finanzen und Terminen ermöglicht. Schatten auf den revolutionär anmutenden Kongress warf die Peinlichkeit, dass kein Gastgeber für die Frauen-EM 2014 gewählt werden konnte. Aus finanziellen Gründen hatten die Bewerber Slowenien und Türkei in einem bislang einmaligen Vorgang kurzfristig ihre Kandidatur zurückzogen. Die Männer-EM 2014 richtet Dänemark aus.

Der Meilenstein aber wurde gleich am ersten Kongresstag gesetzt: Mit überwältigender Mehrheit stimmten die Delegierten aus 49 Ländern für die Einführung des PHB für den Männer-Handball. Das Gremium wird mit je zwei Vertretern der Clubs, der nationalen Ligen, Spielerorganisationen, Nationalverbände und der EHF-Exekutive besetzt. Der PHB-Vorsitzende wird Mitglied in der EHF-Exekutive. Somit bekommen die Topvereine erstmals in einem internationalen Verbandsgremium Mitspracherechte in allen wesentlichen Entscheidungen.

«Das war für den gesamten Profi-Handball ein sehr wichtiger Schritt», sagte Uli Derad, Geschäftsführer von Champions-League- Sieger THW Kiel, der Nachrichtenagentur dpa. Nun streben die Vereine und Ligen eine ähnliche Mitsprache auch beim Weltverband IHF an. «Gerade was den Terminkalender betrifft, müssen die Entscheidungen weltweit abgestimmt werden», meinte Derad.

Die Clubs haben ihre Vertreter für das neue Gremium bereits benannt: den Deutschen Gerd Butzeck, Geschäftsführer der «Group Club Handball» (GCH), und den Slowenen Tomas Jersic, Präsident des «Forum Club Handball» (FCH). «Wir sind sehr zufrieden, aber es wird vieles auf dieses Gremium zukommen, zum Beispiel auch die Höhe der Abstellgebühren», sagte Reiner Witte, Präsident der Männer-Bundesliga HBL sowie des europäischen Ligenverbandes EPHLA. Er hat gute Chancen, einer der beiden Ligavertreter im PHB zu werden.

Nur eine Woche nach dem unerwarteten Konsens von Clubs und IHF über Abstellgebühren in Höhe von einer Million Schweizer Franken (736 000 Euro) sowie Versicherung der Spieler ab der WM 2011 in Schweden haben die Vereine einen weiteren Erfolg erkämpft. Der Weltverband war damit dem Vorbild der EHF gefolgt, die 400 000 Euro EM-Kompensation zahlt und die Spieler versichert.

Seit Gründung der «Group Club Handball» 2006 ringen die Vereine erbittert um Aberkennung und Einfluss bei den internationalen Verbänden. IHF-Präsident Hassan Moustafa lehnte Gespräche mit den Clubs ab, weil nur Verbände dafür legitimiert seien. Im Gegenzug boykottierten die Clubs ein Spiel der Weltauswahl und reichten Klage bei der EU-Wettbewerbskommission ein, die inzwischen zurückgezogen worden ist. Eine Kernforderung der Vereine ist noch nicht erfüllt: Die Reduzierung der großen Turniere in einem olympischen Zyklus von fünf auf maximal vier.

Zum Abschluss des Kongresses nutzte Dänemark seinen «Heimvorteil» und erhielt mit 24:22 Stimmen gegenüber dem Mitbewerber Ungarn/Kroatien den Zuschlag für die Männer-EM 2014. Gut möglich, dass die Dänen daher ihre Bewerbung für die Männer-WM 2013 zurückziehen. Über die Vergabe dieses Turniers entscheidet der IHF- Rat kommenden Samstag. Derweil ist die Entscheidung über die Frauen- EM 2014 vertagt. «Eine Frauen-Europameisterschaft ist nicht finanzierbar, weil man die geforderten großen Hallen kaum füllen kann und zudem kaum Werbeeinnahmen erzielt», sagte Witte.

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