Russland hat Deutschland den Krieg erklärt Putins Cyber-Soldaten attackieren unsere Wahlen

Russland hat unserem Land den Krieg erklärt: Putins Cyber-Soldaten attackieren unsere Wahlen
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Ulrich Breulmann

In der Empörung über die Deportations-Phantasien der AfD und die so ausgelöste Protestwelle blitzte vor einigen Tagen eine Nachricht nur kurz auf. Dann ging sie wieder unter im nie versiegenden Nachrichtenstrom. Zu Unrecht.

Überspitzt formuliert bedeutete die Nachricht nämlich nichts anderes, als dass Russland uns den Krieg erklärt hat, den Cyberkrieg. Das ist das Fazit dessen, was Spezialisten des Auswärtigen Amts entdeckt haben.

Auf der Nachrichtenplattform X (vormals Twitter) enttarnten sie eine riesige russische Desinformationskampagne. Zwischen 20. Dezember und 20. Januar fanden sie über 50.000 gefälschte Nutzerkonten. Darüber berichtete der „Spiegel“ zuerst.

Diese Konten machten in den vier Wochen in mehr als einer Million Tweets Stimmung gegen die Ampel-Regierung. Immer und immer wieder wurde der Vorwurf erhoben, Deutschland vernachlässige seine eigenen Bürger, um die Ukraine zu unterstützen.

Einer der am meisten verbreiteten Tweets lautete laut Spiegel: „Ich finde es enttäuschend, dass die Regierung mehr für andere Länder tut als für die eigenen Bürger“.

Desinformation als weltweite Bedrohung

„Desinformation ist zu einem globalen Bedrohungsfaktor geworden“, wird ein Sprecher des Auswärtigen Amts im Spiegel zitiert. „Sie wird von denjenigen, die unsere Werte nicht teilen, gezielt eingesetzt, um ganze Gesellschaften zu destabilisieren.“

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) reagierte so: „Wir wissen, dass Putins Propaganda-Apparat seit Jahren Desinformation verbreitet, um das Vertrauen in unsere Demokratie zu erschüttern, Wut zu schüren und die öffentliche Meinung zu manipulieren.“

Die gefährliche Macht der „Doppelgänger“

Diese Propaganda beschränkt sich nicht auf zig tausende Tweets. Was jetzt aufgedeckt wurde, knüpft vielmehr nahtlos an die 2022 enttarnte Kampagne „Doppelgänger“ an. Dabei werden etwa Facebook-Seiten wie von Außenministerin Annalena Baerbock täuschend echt nachgebaut.

Über diese „Doppelgänger“ werden gefälschte Aussagen der Ministerin gespielt und dann über gefälschte Social-Media-Konten gestreut. Das Gleiche geschieht mit gefälschten Seiten von Medien wie „Welt“, „Süddeutsche Zeitung“ und „Spiegel“.

Für Außenstehende sind die „Doppelgänger“ nur schwer zu erkennen. Das gilt umso mehr, wenn Künstliche Intelligenz sowohl die Qualität der Fälschungen laufend verbessert als auch die Zahl der Fake-Konten und -Nachrichten in die Höhe treibt.

Auf diese Art schürt Russland Verunsicherung in der Bevölkerung, macht Stimmung gegen die Regierung, destabilisiert unser Land und treibt die Menschen gezielt Russland-freundlichen Parteien wie der AfD zu.

Russland applaudiert der AfD und unterstützt die Partei

Dass die AfD das Ende der Sanktionen gegen Russland ebenso fordert wie eine Wiederöffnung der Gas-Pipelines North Stream 1 und 2, zudem Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnt, all das hört man in Russland gern.

Da ist es nur logisch, wenn Russland mit der Manipulation der Massen über Cyber-Attacken nicht nur Einfluss auf die Stimmung im Land, sondern ganz gezielt auch auf den Ausgang von Wahlen nehmen will.

Mir macht dieses Szenario Angst. Es mag nach einem miesen Science-Fiction-Roman klingen, ist aber längst Realität. Im August 2020 legte der Geheimdienstausschuss des US-Senats einen fast 1.000 Seiten starken Bericht zur US-Präsidentenwahl von 2016 vor.

Demnach hat der russische Militärgeheimdienst GRU seinerzeit in sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook, YouTube und Instagram mit Hackerattacken versucht, die Wahl zugunsten von Donald Trump zu beeinflussen. Millionen von Einträgen wurden zugunsten von Trump geschrieben, Falschmeldungen verbreitet und das digitale Wahlsystem der USA attackiert.

Das ist acht Jahre her. Ich fürchte, die russischen Cyber-Soldaten sind seither noch professioneller geworden. Es dürfte heute ungleich schwieriger sein als 2016, sie zu demaskieren.

In den Sozialen Medien Wahres und Falsches auseinanderzuhalten, ist für Laien kaum mehr möglich. Das aber ist in Zeiten, in denen die Zahl derjenigen stetig steigt, die ihre Informationen nur noch aus Sozialen Medien und ihren digitalen Stammtischen beziehen, eine existenzbedrohende Gefahr für unsere Demokratie.

Im Juni sind Europawahlen, im Herbst folgen drei Landtagswahlen und 2025 die Bundestagswahl.

Höchste Zeit, sich energisch zu wehren

Innenministerin Faeser forderte angesichts der enttarnten russischen Desinformationskampagne ein „energisches Vorgehen“. Ihr Parteikollege, Verteidigungsminister Boris Pistorius, wird nicht müde, zu mahnen, Deutschland müsse „kriegstüchtig“ werden. Es drohe ein Krieg gegen Russland.

Wer sich das Ausmaß der russischen Desinformationsflut ansieht, kann nur zum Schluss kommen: In der Cyberwelt führt Russland längst Krieg gegen unsere Demokratie, unsere Freiheit, unsere Werte, unseren Frieden, unsere Stabilität, unseren Wohlstand, letztlich gegen unser ganzes Land. Es wird Zeit, dass wir uns mit ganzer Kraft dagegen wehren.

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