Russland greift die Ukraine an – Intensiver Beschuss im Osten und Westen des Landes

Russland-Ukraine-Konflikt

Mit Raketenangriffen und Grenzübertritten russischer Truppen in allen Landesteilen ist der russische Angriff auf die Ukraine gestartet. In der Region Kiew soll es die ersten Opfer geben.

Kiew

24.02.2022, 05:50 Uhr / Lesedauer: 3 min
Ein ukrainischer Soldat spricht in ein Walkie-Talkie an der Trennlinie zwischen dem von der Ukraine und dem von pro-russischen Separatisten gehaltenen Gebiet in der Nähe von Svitlodarsk in der Ostukraine. Russland hat Angriffe auf die Ukraine gestartet.

Ein ukrainischer Soldat spricht in ein Walkie-Talkie an der Trennlinie zwischen dem von der Ukraine und dem von pro-russischen Separatisten gehaltenen Gebiet in der Nähe von Svitlodarsk in der Ostukraine. Russland hat Angriffe auf die Ukraine gestartet. © picture alliance/dpa/AP

Der Angriff auf die Ukraine hat begonnen. Der russische Präsident Wladimir Putin hat am frühen Donnerstagmorgen in einer TV-Ansprache angekündigt, eine „Militäroperation“ in der Ostukraine zu starten. Ersten Meldungen des „Spiegel“ zufolge gab es danach aber Gefechte und Explosionen im ganzen Land. Auch die Hauptstadt Kiew war von Raketenangriffen betroffen.

Kremlchef Wladimir „Putin hat gerade eine große Invasion der Ukraine gestartet. Friedliche ukrainische Städte werden attackiert. Das ist ein Angriffskrieg“, teilte der Minister am Donnerstag bei Twitter mit.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat im ganzen Land den Kriegszustand ausgerufen. Das teilte er am Donnerstag in einer Videobotschaft mit. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte zuvor eine Militäroperation gegen das Nachbarland angeordnet.

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew waren am Donnerstagmorgen Explosionen zu hören. Nahe dem Flughafen der Stadt sei es zu Schüssen gekommen. Das berichtet die Agentur Interfax. Das ukrainische Innenministerium bestätigte, Kiew sei mit Marschflugkörpern und ballistischen Raketen angegriffen worden.

Ebenfalls das Ziel der Angriffe war die Stadt Donezk im Osten des Landes. Dort erschütterten Explosionen die Stadt, die unmittelbar in der Nähe des bislang von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebietes liegt. Nach Charkow, ebenfalls eine Stadt in der Nähe der russischen Grenze sollen bereits russische Truppen vorgedrungen sein.

Rauch und Flamme in der Nähe des Flusses Dnjepr am 24. Februar 2022 (bestmögliche Qualität). Die russischen Truppen haben ihren erwarteten Angriff auf die Ukraine gestartet. Präsident Putin hat sich über internationale Verurteilungen und Sanktionen hinweggesetzt und andere Länder gewarnt, dass jeder Versuch einer Einmischung zu «Konsequenzen führen würde, die Sie noch nie gesehen haben.»

Rauch und Flamme in der Nähe des Flusses Dnjepr am 24. Februar 2022 (bestmögliche Qualität). Die russischen Truppen haben ihren erwarteten Angriff auf die Ukraine gestartet. Präsident Putin hat sich über internationale Verurteilungen und Sanktionen hinweggesetzt und andere Länder gewarnt, dass jeder Versuch einer Einmischung zu «Konsequenzen führen würde, die Sie noch nie gesehen haben.» © picture alliance/dpa/Mary Ostrovska/AP

Auch im Norden der Ukraine an der Grenze zu Belarus rücken russische Einheiten vor. Ukrainische Grenzschützer meldeten den Angriff. Der Sender CNN berichtete, russische Truppen hätten in einer Kolonne von Militärfahrzeugen die Grenze zwischen der Ukraine und Belarus überschritten. Russische und belarussische Truppen hatten in den vergangenen Wochen auf belarussischem Gebiet mehrere Militärmanöver abgehalten.

Der Generalstab der ukrainische Armee gab an, dass es vor allem Angriffe von Gebieten und Siedlungen entlang der ukrainischen Staatsgrenze sowie auf mehreren Flugplätzen gegeben habe. Das teilte der Generalstab auf Facebook mit. Auch der Flughafen Kiew-Boryspil gehöre zu den beschossenen Ortschaften.

Ukrainisches Innenministerium: Sieben Soldaten getötet

Der ukrainische Katastrophenschutz berichtete zudem von Angriffen in der Region Lwiw im Westen des Landes. „Die Verteidigungskräfte des Staates sind in voller Kampfbereitschaft und halten Verteidigungspositionen“, so der Generalstab. Die Situation sei „kontrollierbar“. Berichte über eine russische Landungsoperation in der südukrainischen Stadt Odessa seien falsch.

Wie der „Spiegel“ berichtet soll es die ersten Opfer in der Region Kiew gegeben haben. Einem Berater des ukrainischen Innenministeriums zufolge sei eine Person in der Stadt Browary getötet und eine weitere verletzt worden.

Ukrainischen Angaben zufolge sollen mindestens 7 Soldaten getötet und 15 weitere verletzt worden sein. Zudem würden 19 Soldaten vermisst, teilte das Innenministerium in Kiew am Donnerstagmorgen mit. Eine Brücke über den Fluss Inhulez in der Südukraine sei zerstört worden.

Als Reaktion auf den russischen Angriff schloss die Ukraine ihren gesamten Luftraum für den Zivilverkehr.

Deutschland kündigte schwere Konsequenzen gegen Russland wegen des angekündigten Einmarsches in die Ukraine an. „Die russische Aggression wird politisch, wirtschaftlich und moralisch einen beispiellosen Preis haben“, sagte die deutsche UN-Botschafterin Antje Leendertse bei einer kurzfristig anberaumten Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates.

Bei der Kriegsankündigung Russlands gegenüber der Ukraine handle es sich um eine militärische Eskalation, „wie wir sie in Europa seit Generationen nicht mehr erlebt haben“, so Leendertse weiter. Es handle sich um einen „schamlosen Völkerrechtsbruch.“

Scholz: Russischer Angriff „durch nichts zu rechtfertigen“

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verurteilte den russischen Angriff als eklatanten Bruch des Völkerrechts. „Er ist durch nichts zu rechtfertigen“, erklärte Scholz am Donnerstag in einer ersten Reaktion, die vom Bundespresseamt verbreitet wurde. Russland müsse diese Militäraktion sofort einstellen.

Auch US-Präsident Joe Biden fand deutliche Worte: Er habe den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bereits über die weiteren geplanten Maßnahmen gegen Russland von Seiten der USA und der westlichen Verbündeten unterrichtet, inklusive „harter Sanktionen“, erklärte Biden.

Dies werde er heute auch mit seinen Amtskollegen aus der Gruppe der sieben wichtigsten Wirtschaftsnationen besprechen, sagte Biden. Selenskyj habe ihn gebeten, die Staatenlenker aufzufordern, sich klar gegen Präsident Wladimir Putins „schamlose Aggression auszusprechen und dem ukrainischen Volk beizustehen“, erklärte Biden. „Wir werden der Ukraine und dem ukrainischen Volk weiter Hilfe und Unterstützung zukommen lassen“, erklärte Biden.

Biden hatte den von Russland „vorsätzlich“ begonnenen „Krieg“ zuvor bereits verurteilt und weitere Sanktionen angekündigt. Die USA und ihre Verbündeten würden Russland entschlossen dafür „zur Rechenschaft ziehen“, erklärte er.

Nato-Chef verurteilt Ukraine-Angriff

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg verurteilte den russischen Angriff auf die Ukraine auf das Schärfste. Der „rücksichtslose“ Angriff bringe „die Leben zahlloser Zivilisten“ in Gefahr, erklärte Stoltenberg am Donnerstag.

UN-Generalsekretär António Guterres appelierte an Moskau. „Präsident Putin, im Namen der Menschlichkeit: Bringen Sie Ihre Truppen zurück nach Russland“, sagte Guterres nach einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York am Mittwochabend (Ortszeit). „Dieser Konflikt muss jetzt beendet werden.“ Guterres sprach von dem möglicherweise schwersten Konflikt in Europa seit Jahrzehnten und seinem „traurigsten Tag“ als UN-Generalsekretär. Die Folgen für die Weltwirtschaft seien unvorhersehbar. „Für mich ist klar, dass dieser Krieg keinen Sinn macht. Es verstößt gegen die Grundsätze der (UN)-Charta.“

Zuvor hatte Kremlchef Wladimir Putin im Konflikt mit der Ukraine einen Auslandseinsatz des russischen Militärs in den Regionen Luhansk und Donezk offiziell angeordnet. „Ich habe beschlossen, eine Sonder-Militäroperation durchzuführen“, sagte Putin am Donnerstagmorgen in einer Fernsehansprache. „Ihr Ziel ist der Schutz der Menschen, die seit acht Jahren Misshandlung und Genozid ausgesetzt sind.“

mit dpa

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