Rohes für den Hund: An «BARF» scheiden sich die Geister
Was macht den Hund zum ganzen Kerl? Etliche Besitzer halten nicht viel von den Versprechungen der Futterhersteller - und von ihren Produkten schon gar nicht.
Berlin/Frankfurt/Main (dpa/tmn)
von Von Florian Oertel, dpa
, 13.05.2010, 09:28 Uhr / Lesedauer: 3 min
Lecker, rohes Fleisch! Hunde sind dankbare Abnehmer von «BARF»-Kost. Doch Halter müssen sich beim Zusammenstellen große Mühe geben. (Bild: dpa/tmn)
«BARF» heißt das Stichwort, unter dem sie die Ernährung ihrer Vierbeiner selbst in die Hand nehmen. Experten zollen dem Konzept, hinter dem nicht zuletzt der Wunsch nach möglichst artgerechter Nahrung steht, durchaus Anerkennung. Aber sie betonen: Wer «barfen» will, muss sich jede Menge Mühe geben. Sonst hat der Hund das Nachsehen.
Für das Kürzel «BARF» gibt es mehrere Entschlüsselungsvarianten. Eine ist «Biologische Artgerechte Rohe Fütterung». Wahrscheinlicher, weil international verwendbar, ist aber «Bones And Raw Food»: Knochen und rohes Fleisch. Das sind die zentralen, aber nicht die einzigen Bestandteile. So sind etwa auf der Webseite «barf-fuer-hunde.de» etwa auch Gemüse, Obst, Eier, Getreide und Milchprodukte aufgeführt. Barfer stellen das Futter selbst aus frischen Zutaten zusammen.
«Dahinter steht der Wunsch, Hunde möglichst natürlich zu ernähren», so Astrid Behr vom Bundesverband Praktizierender Tierärzte (BPT) in Frankfurt. Vorbild ist der wilde Urahn des Hundes: der Wolf. Er frisst naturgemäß keine gekochte Nahrung, sondern vorrangig Beutetiere. Und das bedeutet eben: rohes Fleisch und Knochen, aber etwa auch Innereien und pflanzlichen Mageninhalt.
Hinzu kommt ein gewisses Misstrauen der BARF-Anhänger gegenüber herkömmlicher Nahrung: «Das Ergebnis der Fütterung von industriell hergestellten Fertigfutterprodukten an Hunde wird immer deutlicher durch den enormen Zuwachs an sogenannten Zivilisationskrankheiten in unserer Hundepopulation», heißt es dazu unter «barfers.de», einer weiteren von etlichen Webseiten zum Thema. Sie liefern teils sehr detaillierte Informationen über die spezielle Ernährung, die auf Ian Billinghurst, einen Tierarzt aus Australien zurückgeht.
«Es kursieren Hunderte verschiedener Barf-Rezepte im Internet», sagt Prof. Jürgen Zentek vom Institut für Tierernährung an der FU Berlin. Er bestätigt auch, dass die vielen Fertigfutter-Produkte «von unterschiedlichster Zusammensetzung» sind. Und es komme gelegentlich vor, dass ein Hund dieses oder jenes nicht verträgt. Trotzdem muss man dem Tierernährungs-Experten zufolge festhalten: Mit einem qualitativ hochwertigen Fertigfutter ist ein Hund gut ernährt, und es liefert ihm die Nährstoffe, die er braucht.
Hier liegt aus Kritiker-Sicht der Knackpunkt: Es sei beim Barfen nicht einfach, sicherzustellen, dass der Vierbeiner die Menge an Nährstoffen beziehungsweise die nötigen Nährstoffe in der richtigen Zusammensetzung abbekommt, sagt Katrin Umlauf, Biologin vom Deutschen Tierschutzbund in Bonn. «Der Kalzium-Phosphor-Haushalt zum Beispiel muss stimmen.» Das ist wichtig für die Muskeln und den Knochenbau.
Nach Behrs Worten ist auch die Fütterung von Knochen kritisch zu sehen: Frisst der Hund zu viele davon, ziehe das schnell Verstopfung nach sich. Darüber hinaus könnten Splitter seinen Darm verletzten. Dem halten Barfer entgegen, von ungekochten Knochen gehe in dieser Hinsicht kaum Gefahr aus, weil sie weniger leicht splittern.
In jedem Fall müssen Barfer penibel auf Hygiene achten, wie Prof. Zentek betont. Sonst werden beim Umgang mit dem Rohfleisch womöglich Krankheitserreger übertragen - Salmonellen zum Beispiel. Sie können gar nicht so sehr dem Tier und dafür umso mehr dem Halter gefährlich werden. «Wir sagen: Wenn jemand Futter selbst zubereiten will, soll er es kochen», umreißt Astrid Behr die Position ihres Verbandes.
Gekochtes oder rohes Fleisch - was kann ein Hundekörper besser für sich verwerten? Laut Zentek gibt es dazu nur wenige wissenschaftlich ermittelte Werte, die zudem schon älteren Datums sind. Trotzdem lasse sich sagen: Weder das eine noch das andere hat nennenswerte Vor- oder Nachteile. «Die Unterschiede, die sich gezeigt haben, liegen wohl vor allem in der jeweiligen Methode begründet. Ich denke, das ist eher eine philosophische Frage.»
Was heißt das letztlich für Halter, die sich fragen, ob BARF etwas für ihre Hunde sein könnte? «Wenn man es richtig macht, ist das eine Alternative», sagt Prof. Zentek - es richtig zu machen, sei aber mit viel Aufwand verbunden. «Für uns ist klar: Nur erfahrene Halter sollten Futter selbst zubereiten», sagt Katrin Umlauf. Und was in solchen Fällen grundsätzlich gelte, gelte beim Barfen umso mehr: «Man sollte den Ernährungsplan unbedingt mit dem Tierarzt absprechen.»
Weitere Infos zum BARF-Prinzip I: www.barf-fuer-hunde.de
Weitere Infos zum BARF-Prinzip II: www.barfers.de