Reisender Steinreiniger im Steuer-Visier Es geht um „astronomisch“ hohe Einnahmen

270.000 Euro Steuerschaden: Steinreiniger aus Süd streitet alles ab
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Ein Handwerker (25) aus Recklinghausen soll als von Haustür zu Haustür „reisender Steinreiniger“ einen Steuerschaden in Höhe von knapp 270.000 Euro angerichtet haben. Vor dem Bochumer Amtsgericht wies der Angeklagte die Anschuldigungen über seinen Verteidiger weit von sich.

Professionelle Steinreinigung, Dachbeschichtungen, Nanoversiegelungen – bis zu 30 Jahre Garantie: Die Staatsanwaltschaft wirft dem Recklinghäuser vor, mit diesen oder ganz ähnlichen Versprechen als Handwerker im Reisegewerbe deutschlandweit von einer Haustür zur nächsten gezogen zu sein. Die Anklage beinhaltet Steinreinigungsaufträge für nicht selten vierstellige Euro-Beträge. Als Orte wurden unter anderem Recklinghausen, Herne, Regensburg und Kassel genannt.

270.000 Euro Steuerschaden

In der Zeit vom Mai 2019 bis Oktober 2020 soll der Recklinghäuser zahlreiche Arbeitsaufträge an Land gezogen, dabei beträchtliche Bar-Einkünfte erzielt, diese jedoch nicht ordnungsgemäß versteuert haben. Als Steuerschaden nennt die Anklageschrift exakt 269.864 Euro.

„Die Vorwürfe werden in Bausch und Bogen bestritten“, erklärte Rechtsanwalt Axel von Irmer. Auch wenn es richtig sei, dass der Recklinghäuser im Zusammenhang mit umstrittenen Steinreinigungsarbeiten zuletzt im Juni 2023 in Regensburg vor Gericht gestanden habe.

Geldstrafe akzeptiert

„Er ist in Bayern einmal vor einem Haus mit einem Hochdruckreiniger angetroffen worden“, berichtete der Dortmunder Verteidiger. Auch habe der 25-Jährige damals Geld (5.000 Euro) angenommen und weitergegeben – an wen, das bleibe sein Geheimnis. Akzeptiert worden sei von ihm eine Geldstrafe in Höhe von 1.800 Euro.

In dem Prozess in Regensburg sei aber ausdrücklich festgehalten worden, dass der Handwerker aus Süd weder „Unternehmer“ noch „Chef“ gewesen sei. Dafür sprach insbesondere, dass der bei diesem Auftrag verwendete Firmen-Name „Haus & Gartenservice ...“ abweichend von dem Namen des Angeklagten gewesen sei.

Verdächtiger Werbeflyer

Dass die Bochumer Staatsanwaltschaft nun – basierend auf bloßen Schätzungen – hergehe, dem Angeklagten kurzerhand eine eigene Unternehmerposition zurechne, vermeintliche Einnahmen und Schäden „astronomisch“ hochrechne, sei geradezu absurd, so der Verteidiger weiter.

Ansatzpunkt dafür sei offenbar ein aufgetauchter Werbeflyer einer Steinreinigungs-Firma mit dem identischen Namen des Angeklagten gewesen. Dieser Name sei aber in der Reisegewerbe-Branche keinesfalls einzigartig, hieß es.

Inhaltlich verhandelt wurde in Bochum noch nicht. Damit die Beweisaufnahme starten kann, sollen nun noch zusätzliche Akten von anderen Staatsanwaltschaften und Gerichten angefordert und hinzugezogen werden.

Die Anklage lautet unter anderem auf Steuerhinterziehung.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 13. August 2023.

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