Rauswurf vor Firmenübernahme? Der Fall Reinoldus wird zum Wirtschaftskrimi

Der Fall Reinoldus wird zum Wirtschaftskrimi
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Dem Bruch zwischen der Reinoldus Rettungsdienst gGmbH und ihrem bisherigen Geschäftsführer Magnus Memmeler ist eine gewisse Vorgeschichte vorausgegangen. Erzählt wird sie auf unterschiedliche Weise – in der Belegschaft, inzwischen aber auch von der Führungsebene.

Magnus Memmeler äußerte sich auf Anfragen unserer Redaktion bislang sehr zurückhaltend zu den Gründen der Kündigung. Zunächst sprach er von einem Wunsch nach beruflicher Veränderung, dann ließ er eine gewisse Unzufriedenheit in der Zusammenarbeit mit Reinoldus und dem Gesellschafter Peter Schroeter erkennen. Was sie ausgelöst hat, behielt Memmeler wiederum für sich. Dann allerdings wurde unserer Redaktion eine lange E-Mail zugeleitet, die Memmeler bereits am 10. Februar an Schroeter geschickt hatte.

Memmeler schrieb Schroeter einen „Brandbrief“

Wer das Dokument in Umlauf gebracht hat, ist nicht nachvollziehbar. Zumindest bestätigen beide Seiten, Schroeter und Memmeler, die Echtheit. Schroeter kam zudem auch der Bitte nach, sich inhaltlich zu den kritischen Punkten jener E-Mail zu äußern.

Das Schreiben von Geschäftsführer Memmeler an Gesellschafter Schroeter hat etwas von einer Warnung in Bezug auf die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Memmeler zeigt Punkte auf, die er als Fehlentwicklung bewertet. Reinoldus sei ein starkes Unternehmen mit viel Potenzial, wenn es richtig geführt werde, betont er. Allerdings beklagt er, dass er in seiner Rolle als Geschäftsführer sich auf verschiedenste Weise gestört fühle – vor allem von Schroeter.

Reinoldus-Gesellschafter Peter Schroeter in einer Bildmontage vor einem Einsatzfahrzeug des privaten Rettungsdienstes.
Reinoldus-Gesellschafter Peter Schroeter spricht von Unwahrheiten, die vielleicht absichtlich in die Welt gesetzt werden, um der Firma zu schaden. Es gebe Hinweise darauf, dass „ein Dritter“ die Übernahme von Reinoldus ins Auge gefasst habe. © Reinoldus Rettungsdienst

Im vergangenen Jahr „nahezu zahlungsunfähig“?

Den Schilderungen des Geschäftsführers zu Folge habe Schroeter in den zurückliegenden Jahren unangemessen viel Geld aus der Firma gezogen, zum einen durch sein regelmäßiges Gehalt, zum anderen durch Kapitalentnahmen. Dies sei zum Teil ohne konkrete vorherige Ankündigung geschehen und habe mitunter die Liquidität der gGmbH in eine schwierige Situation getrieben.

Memmeler schrieb, dass im Juli des vergangenen Jahres die Krankenkassenbeiträge der Belegschaft nicht bedient werden konnten, weil dem Unternehmen dafür etwa 30.000 Euro fehlten. „Obwohl ich Dir diesen Hinweis von Juni bis August wiederholt gegeben habe, musste ich Dich Anfang August verwundert und verärgert fragen, was Du an beinahe Zahlungsunfähig nicht verstanden hattest, weil Du dem Unternehmen erneut eine gute Liquidität unterstellt hast, die schlicht nicht gegeben war“, hält Memmeler Schroeter in dem Schreiben vor.

Schroeter: Reinoldus konnte und kann pünktlich zahlen

Schroeter widerspricht dieser Darstellung. In der Antwort auf eine Anfrage unserer Redaktion schreibt er: „Diese Aussage ist falsch. Herr Memmeler war in seiner E-Mail offensichtlich aus Unkenntnis nicht in der Lage, die Liquidität des Gesamtunternehmens korrekt zu erfassen und einzuschätzen. Das Unternehmen hat ein Stammkapital von 500.000 Euro und keinerlei Bankverbindlichkeiten. Seit Bestehen des Unternehmens wurden und werden alle Verbindlichkeiten, Lohnverpflichtungen und Sozialabgaben innerhalb der vereinbarten Zahlungsziele und darunter beglichen.“ Und auch zu der E-Mail im Ganzen erklärt Schroeter: „Dieser E-Mail-Verkehr (...) enthält lediglich Vorwürfe und Anschuldigungen, die bei genauer Betrachtung nicht erwiesen sind, bzw. rechtlich nachvollziehbar begründet werden können.“

Memmeler freigestellt für „schädliches Fehlverhalten“

Schroeter selbst äußert sich nun etwas offener zu den Hintergründen der Memmeler-Kündigung – und formuliert dabei einen schwerwiegenden Verdacht. Er räumt ein, dass die Kündigung der Zusammenarbeit zunächst von Memmeler ausgesprochen worden ist. So schreibt Schroeter nun: „Es ist korrekt, dass Herr Memmeler zunächst eigenständig gekündigt hat und (sich) bis zu diesem Zeitpunkt nach wie vor in fester Anstellung befindet.“

Doch er schreibt auch: „Unmittelbar im Anschluss hierauf erhielten wir allerdings Hinweise auf erhebliches, gegen das Unternehmen und einzelne Mitarbeiter gerichtetes Fehlverhalten, die sich schnell verdichteten und derzeit einer rechtlichen Prüfung unterzogen werden. Diese machten eine sofortige Abberufung erforderlich.“

Ein Rettungswagen des Reinoldus Rettungsdienstes bei einem Einsatz in Holzwickede. Eine Rettungssanitäterin steht neben dem Fahrzeug.
Der Reinoldus Rettungsdienst gehört zu den wichtigen Leistungserbringern des Rettungsdienstes in der Region. Dieses Bild etwa entstand bei einem Verkehrsunfall in Holzwickede. © Carsrten Fischer

Was konkret Memmeler vorzuwerfen ist, führt Schroeter nicht weiter aus. Und der stellt klar: „Ich schätze Herrn Memmeler persönlich sehr und hoffe, dass sich die Verdachtsmomente nicht bewahrheiten.“

Allerdings erkennt Schroeter in der gegenwärtigen Situation Versuche, dem Unternehmen durch Verbreitung von Unwahrheiten Schaden zuzufügen. Und auch, wenn etwaige Verdächtigungen „ausschließlich auf Spekulationen und Hinweisen fußen würden“, nennt Schroeter zumindest „Hinweise darauf, dass eine dritte Person an einem günstigen Kauf unseres Unternehmens interessiert ist“.

Inwiefern ein solcher Versuch in einem Zusammenhang mit den „Fehlverhalten“ steht, mit denen Schroeter Memmelers Abberufung erklärt, werde ebenfalls geprüft.