Rassistische Kommentare sollen gelöscht werden
Maas trifft Facebook
Rund 27 Millionen Menschen in Deutschland nutzen Facebook. Inzwischen werden auf Facebook auch immer mehr Neonazis und Rassisten laut, verbreiten bislang oft ungehindert in deutscher Sprache ihre Hass-Parolen. Ein Grund für den Bundesjustizminister mit dem Unternehmen zu sprechen.

Bundesjustizminister Heiko Maas trifft eine Delegation der Unternehmensführung von Facebook in Deutschland und Europa.
Bundesjustizminister Heiko Maas will, dass Facebook künftig mehr strafrechtlich relevante, rassistische Kommentare in dem sozialen Netzwerk löscht. Der SPD-Minister traf sich am Montag zu einem Gespräch mit Vertretern des Unternehmens in Berlin.
Unmittelbar vor dem Treffen kündigte Facebook Maßnahmen an, um die Verbreitung von Hass-Botschaften einzudämmen. Dazu gehört eine Kampagne, bei der Gegenargumentation zu Rassismus und Fremdenfeindlichkeit mit Hilfe internationaler Experten gefördert werden soll. Außerdem strebt Facebook eine Partnerschaft mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia (FSM) an. "Die Gemeinschaftsstandards von Facebook verbieten bereits Hassrede gegen geschützte Gruppen und die Aufforderung zu Gewalt gegen andere", betonte das Online-Netzwerk.
Facebooks Strategie: Diskutieren statt Löschen
Aus Sicht der Adressaten dieser Hass-Botschaften war dieser Schritt längst überfällig. Ob die Kritik an Facebook durch diese Maßnahmen ganz verstummen wird, ist allerdings noch offen. Denn das Unternehmen hält "diskutieren statt löschen" oft für den besseren Weg. Im Facebook-Jargon nennt sich das "Counter Speech" (Gegenrede). Debatten auf Facebook dürften auch in „robuster Diktion“ geführt werden, heißt es.
"Es ist richtig, auf die Betreiber sozialer Netzwerke einzuwirken, damit Hate-Speech und Aufrufe zu schweren Straftaten gelöscht werden", sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck. Damit allein sei es aber nicht getan. "In vielen Fällen bemühen sich Polizei und Staatsanwaltschaften nicht darum, Täter kriminalistisch zu ermitteln und anzuklagen", kritisierte Beck.
Hass-Parolen gegen Politiker, Künstler und Privatpersonen
Nur wo endet die Meinungsfreiheit, auf die sich Facebook gerne beruft und wo beginnt die rassistische Hetze? "Das, was da zum Teil gepostet wird, verstößt nicht nur gegen deutsches Recht, sondern auch gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Facebook", sagt Konstantin von Notz, netzpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. Und: "Da gibt es Leute, die beschreiben öffentlich ihre Folter- und Vergewaltigungsfantasien, das ist einfach unfassbar." Mehrere Abgeordnete seiner Fraktion haben wegen Hass-Parolen bei Facebook, die konkret gegen sie gerichtet waren, bereits Strafanzeige gestellt.
Hetze und Gewaltandrohungen bei Facebook treffen allerdings nicht nur Politiker, sondern auch Künstler wie den Schauspieler Til Schweiger, der sich für eine großzügige Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen hat. Selbst ehrenamtliche Helfer, die Schlafmatten für Asylbewerber zum Münchner Hauptbahnhof bringen, müssen mit verbalen Attacken rechnen.
Facebook wird erst nach Beanstandung durch User aktiv
Fest steht auf jeden Fall, dass das Löschen der Hass-Botschaften nicht so einfach ist, wie das Herausfiltern von Kinderpornografie, für das Facebook laut Medienberichten Bilderkennungssoftware verwendet. Außerdem wird das Unternehmen bei rassistischen Hass-Parolen nicht von sich aus aktiv, sondern schreitet erst dann ein, wenn ein Inhalt von Usern beanstandet wird.
Zudem gibt es Begriffe, die je nach Zusammenhang als rassistisch zu werten sind oder eben auch nicht. Wenn einer Politikerin schriftlich angedroht wird, man wolle sie "zusammen mit den blöden Kanaken aufhängen", dann ist das ganz klar eine rassistisch motivierte Androhung von Gewalt. Der Song „Sexy Kanake“ von Fresh Familee (1994) fällt aber ganz sicher nicht in diese Kategorie.
In den "Standards" von Facebook heißt es: "Wir entfernen explizite Inhalte, wenn sie zum sadistischen Vergnügen oder zum Verehren oder Verherrlichen von Gewalt geteilt werden." Außerdem lösche Facebook "sämtliche Hassbotschaften". Damit sind Inhalte gemeint, durch die Menschen aufgrund ihrer Rasse, Herkunft, Religionszugehörigkeit oder sexuellen Orientierung direkt angegriffen werden. So weit die Theorie.