Porsche-Mitarbeiter rücken bei Diesel-Affäre ins Visier

Untersuchung des Cayenne-Modells

Der Abgas-Skandal bei Volkswagen zieht weitere Kreise. Nach Audi ist nun auch der Sportwagenbauer Porsche offiziell Gegenstand der Ermittlungen. Unterdessen geht das Rätselraten um die Verwicklung des früheren VW-Vorstandschef Martin Winterkorn in den Skandal weiter.

STUTTGART

10.07.2017, 17:42 Uhr / Lesedauer: 2 min
Auspuff eines Porsche Cayenne: Der Abgas-Skandal weitet sich auch auf Porsche aus.

Auspuff eines Porsche Cayenne: Der Abgas-Skandal weitet sich auch auf Porsche aus.

Im Zuge der Abgas-Affäre rückt nun auch die Volkswagen-Tochter Porsche stärker ins Visier der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Die Behörde nahm Ermittlungen wegen einer möglichen Abgas-Manipulation an Diesel-Fahrzeugen von Porsche auf, wie ein Sprecher am Montag mitteilte. Sie richteten sich gegen unbekannte Mitarbeiter des Autobauers und eines US-Tochterunternehmens. Es werde der Vorwurf des Betrugs und der strafbaren Werbung geprüft. Nähere Angaben machte die Staatsanwaltschaft zunächst nicht. Sie hatte im April 2016 Vorermittlungen aufgenommen.

Porsche kündigte an, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten. Das Unternehmen nehme die Prüfungen der Staatsanwaltschaft ernst und werde alles dafür tun, um die Angelegenheit vollumfänglich und schnellstmöglich aufzuklären, sagte ein Sprecher. „Unabhängig von der jetzigen Entscheidung der Staatsanwaltschaft hat Porsche schon zuvor das Gespräch mit der Staatsanwaltschaft Stuttgart gesucht und gefunden, steht mit ihr im Austausch und unterstützt die Ermittlungen in jeder Hinsicht.“ Der Mutterkonzern VW wollte sich auf Anfrage nicht äußern.

Cayenne-Modell steht im Fokus der Untersuchungen 

Im Abgas-Skandal spielte Porsche bisher eine Nebenrolle. Der Autobauer bezieht seine Dieselantriebe von der VW-Tochter Audi. Der Audi-Motor ist im Modell Cayenne verbaut. Nach der Entdeckung neuer auffälliger Diesel-Abgaswerte bei Audi war daher im Juni das Kraftfahrt-Bundesamt angewiesen worden, Untersuchungen am Porsche-Modell Cayenne durchzuführen. In Deutschland ist außerdem der kleinere Porsche-Geländewagen Macan Teil eines „freiwilligen“ Rückrufs von 630 000 Fahrzeugen verschiedener Marken, bei denen amtliche Zweifel an der Abgastechnik bestehen - aber nicht der Vorwurf einer illegalen Einrichtung erhoben wird.

Audi-Manager sitzt in Untersuchungshaft

Vergangene Woche war ein Audi-Manager auf Antrag der Staatsanwaltschaft München II festgenommen worden. Bis zu seiner Beurlaubung 2015 war er einer der führenden Audi-Motorenentwickler und ist offenbar stark in die Abgasaffäre verwickelt. Ihm werden Betrug und unlautere Werbung vorgeworfen. Außerdem ist er einer von acht Mitarbeitern des VW-Konzerns, gegen den die US-Justiz Strafanzeige gestellt hat. Er sitzt in Untersuchungshaft und will mit den Behörden kooperieren.

Staatsanwaltschaft Braunschweig sieht keinen Haftgrund gegen Winterkorn

In Deutschland ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Braunschweig wegen Betrugsverdachts gegen fast 40 Beschuldigte, darunter der frühere VW-Vorstandschef Martin Winterkorn. Ihnen droht derzeit aber kein Haftbefehl. „Es hat sich für uns im Laufe der bisherigen Ermittlungen kein Haftgrund ergeben“, sagte ein Behördensprecher. Keiner der Beschuldigten habe bislang beispielsweise erkennbare Tendenzen gezeigt, sich dem Ermittlungsverfahren zu entziehen. Ermittelt wird zudem wegen Marktmanipulation. Daneben gibt es in Europa unzählige Klagen von Aktionären und Autobesitzern gegen VW.

Medienberichte: Winterkorn wusste vor der Öffentlichkeit vom Diesel-Skandal 

Einem Bericht der „Bild am Sonntag“ zufolge hat Winterkorn mindestens zwei Monate vor Bekanntwerden des Diesel-Skandals von den Manipulationen erfahren. Ein VW-Abgasspezialist habe Winterkorn und VW-Markenchef Herbert Diess am 27. Juli 2015 ausführlich die Betrugssoftware erklärt, mit der weltweit etwa elf Millionen Fahrzeuge manipuliert wurden. Die Zeitung beruft sich auf „Hunderte Zeugenbefragungen, FBI-Berichte, interne E-Mails und geheime Präsentationen“.

Volkswagen wollte sich dazu mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht äußern. Der frühere Vorsitzende des Abgas-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Herbert Behrens (Linke), nannte die Aussagen des von der Zeitung zitierten Kronzeugen am Montag „sehr glaubwürdig“.

dpa