Peking dämpft Ärger der Bevölkerung gegen Frankreich

Olympia-Ausrichter China hat angesichts antifranzösischer Emotionen in der Bevölkerung zu Toleranz und Mäßigung aufgerufen. Auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bemühte sich am Mittwoch um diplomatische Entspannung.

Peking/Sydney/Paris (dpa)

23.04.2008, 15:54 Uhr / Lesedauer: 2 min

Aktivisten von "Reporter ohne Grenzen" bei einer Aktion während des Fackellaufs in Paris am 7. April.

Aktivisten von "Reporter ohne Grenzen" bei einer Aktion während des Fackellaufs in Paris am 7. April.

Frankreich war nach den Zwischenfällen beim Fackellauf in Paris zum Ziel einer nationalistischen Kampagne in China geworden. Die australische Hauptstadt Canberra bereitete sich mit meterhohen Sperrzäunen entlang der 16 Kilometer langen Strecke für den Fackellauf an diesem Donnerstag auf Proteste vor. Exiltibeter kündigten Kundgebungen an. Regierungstreue Chinesen wollten bis zu 10 000 Leute mobilisieren und eine Störung des Fackellaufs wie in London, Paris oder San Francisco verhindern. Es gab Warnungen vor Zusammenstößen.

Nach Protesten gegen die französische Einzelhandelskette Carrefour in China und Aufrufen zum Warenboykott verbreitete das Pekinger Handelsministerium am Mittwoch eine Erklärung zur Ehrenrettung des Unternehmens: Carrefour habe sich für die Olympischen Spiele in Peking und gegen eine Unabhängigkeit Tibets ausgesprochen. Dem Unternehmen war im Internet unterstellt worden, die Exiltibeter zu unterstützen, was Carrefour zurückgewiesen hatte. Das Ministerium hob hervor, dass das Unternehmen in 112 Kaufhäusern in China 40 000 Chinesen beschäftige und 95 Prozent seines Umsatzes mit chinesischen Waren mache. Das Außenministerium sowie Staatsmedien und Portale im Internet riefen ferner dazu auf, das Volk solle seinen Patriotismus «vernünftig» äußern, Toleranz zeigen und nicht radikal werden.

Vor dem Fackellauf in Canberra äußerten Exiltibeter in Radiointerviews angesichts der emotional aufgeladenen Stimmung ihre Sorge über mögliche Zusammenstöße mit chinesischen Studenten. Für Aufregung sorgte Chinas Botschafter, der ankündigte, dass die wegen ihrer ruppigen Art kritisierten chinesischen Fackelwächter die Flamme nötigenfalls «mit ihren Körpern» verteidigen werden. Premierminister Kevin Rudd hatte angewiesen, dass die Chinesen im Bus bleiben und nur australische Sicherheitskräfte eingesetzt werden. Rudd hat friedliche Proteste ausdrücklich willkommen geheißen. Für Demonstranten, die renitent oder gewalttätig werden, gebe es aber kein Pardon.

In Vietnam wurde ein prominenter Blogger festgenommen, der im Internet über die Fackelproteste berichtet hatte. Die Fackel kommt am 29. April nach Ho-Chi-Minh-Stadt. Nguyen Van Hai, der unter dem Namen Dieu Cay bloggt, sei wegen Verdachts auf Steuerhinterziehung festgenommen worden, berichtete eine Zeitung. Er gehört zu einer Gruppe, die zu Protesten beim Fackellauf aufgerufen hat. Nepals Behörden schickten einen amerikanischen Bergsteiger und Tibet- Sympathisanten am Mount Everest nach Kathmandu zurück. Bei ihm sei ein Banner mit der Aufschrift «Freies Tibet» gefunden worden, berichtete eine Zeitung. Nepal hat Gipfelbesteigungen bis zum 10. Mai aus Angst vor Protesten gegen den Fackellauf verboten. Soldaten und Polizisten wurden am Camp 2 über dem Basislager stationiert.

In Chinas Staatsmedien wurde die persönliche Botschaft von Frankreichs Präsident Sarkozy an die chinesische Fackelträgerin und Rollstuhlfahrerin Jin Jing positiv hervorgehoben, die bei den Zwischenfällen in Paris die Fackel gegen Angriffe verteidigen musste. Frankreichs Senatspräsident Christian Poncelet hatte das Schreiben bei einem Besuch in Shanghai persönlich übergeben. Als Gesandter Sarkozys wird an diesem Donnerstag der ehemalige Premierminister Jean-Pierre Raffarin in Peking erwartet. Zudem schickt Sarkozy seinen Berater Jean-David Levitte am Wochenende in die chinesische Hauptstadt.

Sarkozy wolle seinem chinesischen Amtskollegen Hu Jintao eine persönlich gewidmete Biografie des französischen Generals Charles de Gaulle schenken, sagte Raffarin der Zeitung «Le Parisien». Dies sei ein Zeichen einer «Politik der Freundschaft». «Die französische China-Politik ändert sich nicht», sagte Raffarin. «Es gibt eine starke Bindung zwischen Frankreich und China.» Raffarin distanzierte sich von der «unangemessenen» Entscheidung des Stadtrats von Paris, den Dalai Lama zum Ehrenbürger zu ernennen. «Das ist eine rein lokale Angelegenheit ohne jede nationale Auswirkung.» Raffarin sagte seine Teilnahme an der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele zu. Ob Sarkozy komme, entscheide sich erst später.

Die Kontroverse um Tibet sowie Handelsfragen und der Klimaschutz stehen im Mittelpunkt zweitägiger Konsultationen des europäischen Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso und neun EU-Kommissaren, die an diesem Donnerstag in Peking erwartet werden.

Ankunft der Olympischen Flamme in der australischen Hauptstadt Canberra.

Ankunft der Olympischen Flamme in der australischen Hauptstadt Canberra.

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