Für manche ist Pier Paolo Pasolini nur ein polarisierend-provokanter Filmregisseur. In Roberto Ciullis Annäherung „Pasolini. Io so – Mitteilungen an die Zukunft“, die er am Freitag am Theater an der Ruhr in Mülheim herausgebracht hat, geht es hingegen um den Italiener als politischen Intellektuellen und Poeten. Um einen, der die Verbindung zwischen der heimischen Politik und dem organisierten Verbrechen offengelegt und prophetisch den eigenen Tod vorausgesehen hat.
Überhaupt ist der Tod Dreh- und Angelpunkt der Inszenierung. Im ersten Teil entfaltet sich eine Art Doku-Drama. Es beginnt mit den Abendnachrichten des italienischen Fernsehens vom Tag, an dem Pasolini bestialisch ermordet wurde. Auf großer Leinwand und in Schwarz-weiß. Maria Neumann, Klaus Herzog, Albert Bork, Bernhard Glose und Ferhat Keskin, die später alle auch Pasolini die Stimme geben, berichten im Wechsel vom Tathergang und dem skandalösen, von Vertuschungen und Ermittlungsverweigerung gekennzeichneten juristischen Nachspiel.

Licht ins Dunkel bringt nur der Getötete selbst, vor allem mit seiner Kolumne „Io so“ (Ich weiß) von 1974 für die Zeitung „Corriere della Sera“. Darin gibt Pasolini an, die Namen der Verantwortlichen für diverse Bombenanschläge zu kennen, und schreibt dieses Wissen seiner Vorstellungskraft als Intellektueller und Schriftsteller zu, „der die Bruchstücke eines zusammenhängenden politischen Gesamtbildes miteinander verbindet, der dort Logik einsetzt, wo Willkür, Wahnsinn und Geheimnis zu herrschen scheinen.“ Der Theatermagier Ciulli setzt das als Schulsituation um, lässt den Text von einem Lehrer diktieren.
Im zweiten Teil über Pasolini als leidenschaftlichen Künstler und Menschen ist Ciulli in seinem Element. Da steigt ein Engel zum Grab Pasolinis herab. Seine Freundin Maria Callas darf eine Arie singen, während sein Leichentuch zum Tischtuch wird. Danach findet ein ausgelassenes Beisammensein fröhlicher Clowns statt. Gaststar Eva Mattes hat zwei Kurzauftritte: Sie gibt Pasolinis Mutter als dralle italienische Mamma im langen schwarzen Kleid und fleht zuletzt singend um Erbarmen für ihren toten Sohn.
Weitere Aufführungen
Termine: 23. / 27. / 28. 2., 13. 3.2025; Karten: Tel. (0208) 599 01 88.
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