Nur Italien trotzt der Titel-Langeweile in Europa
Meisterschaftsrennen in den Top-Ligen
In Spanien, England und Frankreich sind die Titel so gut wie vergeben. Allein Juves Fehltritt sorgt für Spannung in der bedrückten Stimmung der Serie A. Und in Griechenland droht das totale Chaos.

Auf dem Weg zur Meisterschaft in Spanien: Lionel Messi und der FC Barcelona. © dpa
SPANIEN
Das Fernduell der Starstürmer Cristiano Ronaldo und Lionel Messi um die Torjägerkrone in der Primera Division wird wieder ganz heiß. Gleich vier Treffer konnte Ronaldo am Sonntag zum 6:3 seines Klubs Real Madrid über den FC Girona beisteuern. Damit kommt der Portugiese auf 22 Tore. Messi hat beim 2:0 des FC Barcelona gegen Bilbao einmal getroffen - es war sein 25. Liga-Tor in dieser Saison. „Hoffentlich kann er Messi noch einholen“, sagte Real-Trainer Zinedine Zidane über Ronaldo. Messis Treffer war laut Uefa sein 500. Tor als Nummer 10 von Barça, für die Katalanen spielt er seit 2009. Barcelona hat mit diesem erneuten Sieg und der Niederlage des Zweiten Atlético Madrid gegen Villarreal nun den Meistertitel halb in der Tasche. Der FCB führt die Tabelle mit 75 Punkten an. Real Madrid ist mit 60 Punkten Dritter - vier Zähler hinter Atlético Madrid.
GRIECHENLAND
Wäre da nicht der irre Auftritt von Ivan Savvidis, Besitzer von Paok Saloniki, der im Spitzenspiel gegen AEK Athen wutentbrannt das Spielfeld stürmte und dabei seinen Revolver griffbereit hatte, würde wohl niemand über den international unbedeutenden griechischen Fußball sprechen. Und es könnte sogar noch weiter abwärts gehen mit der Superliga, die traditionell unter leeren Stadien, Manipulationsskandalen und gewaltätigen Fans leidet. Nach dem abstrusen Revolver-Auftritt hat Ministerpräsident Alexis Tsipras den gesamten Ligabetrieb bis auf Weiteres unterbrochen, Fifa und Uefa erwägen, alle griechischen Teams von internationalen Wettbewerben auszuschließen, es droht also ein Fußball-Grexit.
FRANKREICH
Die große Langeweile herrscht auch in der französischen Ligue 1. Paris Saint-Germain, das zuletzt neun Spiele in Serie gewann, führt die Tabelle nach 31 Spieltagen mit 83 Punkten an - 17 Zähler vor dem amtierenden Meister AS Monaco. In Edinson Cavani (24 Tore), Neymar (19) und Kylian Mbappé (13) verfügen die Hauptstädter über gleich drei der besten zehn Torjäger der Liga. Kritik an der Mannschaft von Trainer Unai Emery gibt es dennoch. So ätzte Nizzas Stürmerstar Mario Balotelli am Wochenende: „Paris ist wie Guingamp, es ist ein Team aus der Ligue 1. Du kannst großartige Spieler kaufen, aber kein großartiges Team“, sagte der Italiener. Für Unruhe sorgen auch die angeblichen Abwanderungsgedanken von Neymar. Der Brasilianer soll den Verein französischen Medienberichten zufolge nach nur einem Jahr wieder in Richtung Spanien (Real Madrid) verlassen wollen. Spannend bleibt dagegen der Kampf um den dritten Champions-League-Rang. Dank eines Last-Minute-Treffers von Memphis Depay gewann der Vierte Olympique Lyon am Sonntag beim Tabellendritten Olympique Marseille mit 3:2 und hat nur noch zwei Punkte Rückstand.
ENGLAND
Lange dauert es nicht mehr, bis Pep Guardiola nach Spanien und Deutschland das nächste Meisterschaftskreuz auf der Landkarte machen kann: 17 Punkte liegt Manchester City vor dem Stadtrivalen United, der Sekt steht schon kalt. Die Spannung liegt freilich woanders. Denn neben dem bereits gesicherten Ligapokal und der absehbaren Meisterschaft will City mit dem Königsklassen-Titel das Triple perfekt machen. Nächste Hürde: der FC Liverpool. Und dort kann sich Jürgen Klopp noch nicht so recht freuen, denn zwischen den CL-Duellen mit City hat ihm die Liga das Derby beim FC Everton auf Samstagmittag, 12.30 Uhr, gelegt. „Wer auch immer den Spieltag gemacht hat, hat nicht gedacht, dass wir weiterkommen. Und dann: Ups!“, wetterte der ehemalige BVB-Coach über das „Frühstücksderby“. Dabei hat Klopp momentan wenig zu meckern: Platz drei in der Liga und mit dem Ägypter Mohamed Salah - zuletzt Vierfach-Torschütze gegen Watford - den besten Knipser Europas mit 36 Pflichtspieltoren!
ITALIEN
Ein Fehltritt von Juventus Turin macht die Serie A am 29. Spieltag wieder spannend und das Titelrennen wieder offen. Die Siegesserie von Italiens Rekordmeister war am Wochenende nach zuvor nach zwölf Siegen in Serie ausgerechnet mit einem müden 0:0 beim abstiegsbedrohten Aufsteiger SPAL Ferrara gerissen, während Verfolger SSC Neapel den CFC Genua mit 1:0 bezwang und den Abstand auf zwei Punkte verkürzte. Worüber spricht man sonst noch in Italien, das von der Normalität aber noch weit entfernt ist. Im sonst so fußballverrückten Italien herrscht eine ungewohnte, eine bedrückte Stimmung nach dem überraschenden Todesfall von Nationalmannschafts-Kapitän Davide Astori, der den italienischen Fußball in eine Schockstarre versetzte. Und da wäre noch Ciro Immobile. Dem haftet aus seiner Dortmunder Zeit in der Saison 2014/15 ein durchaus begründetes Versager-Image an. Immobile kam vom FC Turin zum BVB, scheiterte komplett, verstolperte so manche hundertprozentige Chance und trat später auch noch böse nach („Die Deutschen sind kalt“). Nach einem kurzen Abstecher in Spanien - der 28-Jährige lief für den FC Sevilla auf - ist Ciro Immobile mittlerweile bei Lazio Rom untergekommen und avanciert dort zum Star. In dieser Saison hat der italienische Nationalspieler 24 Tore in 25 Spielen erzielt, neun vorbereitet. Immobile trifft in der Liga, im Pokal und in der Europa League. Eigentlich also genau der richtige Mann für Borussia Dortmund.