Familienminister Joachim Stamp ist laut Umfrage nicht einmal der Hälfte der Wähler bekannt, Schulministerin Yvonne Gebauer kommt zwar mit 77 Prozent auf eine vergleichsweise größere Bekanntheit, dafür rangiert sie in Sachen Vertrauen auf dem unrühmlichen letzten Platz.

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Der FDP droht am Wahltag das Schicksal der Grünen - NRW-Bürger trauen Parteien wenig zu

rnNRW-Check zur Landtagswahl

Die Schulpolitik wird in NRW zur Belastung im Landtagswahlkampf. Das belegt die Umfrage „NRW-Check“ eindrucksvoll. Sie zeigt auch, wie groß die Skepsis gegenüber den Parteien ist.

von Maximilian Plück

NRW

, 10.02.2022, 04:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Während die Omikronwelle ungebremst durch die Schulen rollt, die Wut über das Testchaos zunimmt und die Landesregierung die flächendeckende Einführung von Luftfiltern ablehnt, steigt die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Management der Pandemie. Wie der „NRW-Check“ des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der 39 nordrhein-westfälischen Tageszeitungen zeigt, sind 73 Prozent der Befragten mit der Schulpolitik im Allgemeinen unzufrieden.

Für das FDP-geführte Schulministerium von Yvonne Gebauer ein katastrophaler Befund. Zumal auch die Aufschlüsselung nach der Wählerklientel zeigt, dass 73 Prozent der FDP-Anhänger unzufrieden sind. Zugleich erklären 63 Prozent, dass die Bildungspolitik für ihre eigene Wahlentscheidung wichtig bis sehr wichtig sei.

Noch unzufriedener sind die Befragten mit dem Corona-Management des Landes in Sachen Schule: Dort gaben 74 Prozent an, weniger oder gar nicht zufrieden zu sein – am kritischsten wird sie in der Altersklasse der 30- bis 44-Jährigen sowie der über 60-Jährigen gesehen, was den Schluss nahelegt, dass besonders Eltern und Großeltern von Grundschülern verärgert sind.

„Ich bin überzeugt davon, dass diese Landtagswahl – genauso wie im Übrigen die letzte – in den Klassenzimmern entschieden wird“, sagt der Präsident des nordrhein-westfälischen Lehrerverbands, Andreas Bartsch. „Da wir in den vergangenen Monaten eine Schulpolitik hatten, die oft nicht durch dringen konnte, die immer reagiert und nie agiert hat, wird sich das in der Wahlentscheidung vieler Eltern, Großeltern und Kollegen niederschlagen.“

Bartsch ist der Ansicht, dass NRW der Pandemie immer hinterhergelaufen sei. „Vor allem die Kommunikation war mäßig. Und es ist völlig unverständlich, dass sich diese Landesregierung derart widerspenstig in Sachen Luftfilter zeigt. Deren Anschaffung wäre eine klare, weitreichende Entscheidung.“ Aber es gebe immer noch Koalitionspolitiker, die das in Zweifel zögen. „Wir werden die Luftfilteranlagen auf Dauer benötigen“, sagt der Lehrer-Präsident.

Nur noch 63 Prozent für allgemeine Impfpflicht

Die Pandemie bleibt zwar in den Augen des Großteils der Bevölkerung (56 Prozent) das drängendste Problem des Landes, aber im Vergleich zur Befragung aus dem Dezember waren es acht Prozentpunkte weniger. Auf Platz zwei folgt das Thema Bildung mit 23 Prozent (plus neun Punkte ).

Einschätzungen über die oftmals milden Verläufe der Omikron-Welle haben dagegen zu einer deutlichen Verschiebung bei der Bewertung der Corona-Maßnahmen geführt: Hatten sich im Dezember noch 63 Prozent der Befragten schärfere Maßnahmen gewünscht, sagen das mittlerweile gerade noch 30 Prozent. Demgegenüber stieg die Zahl derer, die die Maßnahmen für angemessen halten, von 18 auf 39 Prozent. Für überzogen halten sie inzwischen 25 Prozent – im Dezember waren das nur 15 Prozent.

Diese Zurückhaltung macht sich etwa bei der Impfpflicht bemerkbar. Im Dezember gaben noch 73 Prozent der Wähler in NRW an, sie seien für eine verpflichtende Impfung. Inzwischen sind es nur noch 63 Prozent der Befragten. Auch die Zustimmung zu einem Lockdown bei weiter steigenden Infektionszahlen hat nachgelassen, wenn auch mit 51 Prozent immer noch jeder zweite einen solch harten Einschnitt befürworten würde.

ZUR SACHE

DAS IST DER „NRW-CHECK“ DER TAGESZEITUNGEN

  • Aktuelle Umfrage: Für den „NRW Check“ befragten die Meinungsforscher von Forsa vom 26. Januar bis zum 2. Februar insgesamt 2006 wahlberechtigte Bürger in NRW.
  • Folgeumfragen: Bis zur Landtagswahl am 15. Mai 2022 werden im März und April/Mai zwei weitere Befragungswellen folgen, in denen neben der „Sonntagsfrage“ und der Zufriedenheit mit der Landesregierung auch die Meinung der Menschen zu den wichtigsten landes- und bundespolitischen Themen erhoben wird.
  • Auftraggeber: Hinter dem „NRW-Check“ stehen 39 Zeitungstitel mit einer täglichen gedruckten Auflage von rund zwei Millionen Exemplaren und einer durchschnittlichen wöchentlichen Gesamtreichweite in gedruckten wie digitalen Angeboten von rund 9,8 Millionen Lesern – unter anderem Ruhr Nachrichten, Hellweger Anzeiger, Dorstener Zeitung, Münsterland Zeitung, Halterner Zeitung und das Medienhaus Bauer.

Angesichts der wöchentlich organisierten Spaziergänge von Gegnern der Maßnahmen, aufgeheizten Diskussionen im Netz und Bedrohungen von Ärzten und Kommunalpolitikern steht die Frage nach dem gesellschaftlichen Zusammenhalt im Raum. Die Mehrheit der Befragten geht davon aus, dass dieser in den vergangenen zwei Pandemie-Jahren nachgelassen hat. Nur zehn Prozent gehen von einer Stärkung aus, ein Drittel der Befragten sieht keine wesentlichen Änderungen.

Querdenker werden zudem mit einer großen Mehrheit von 71 Prozent als gesellschaftliche Minderheit wahrgenommen. 24 Prozent sieht dagegen die Gesellschaft in zwei gleich große Lager gespalten. Ein regionaler Wert sticht hier besonders hervor: Im Bergischen Land ist die Bevölkerung mit 41 Prozent überdurchschnittlich stark der Auffassung, dass die Gesellschaft in zwei Lager geteilt ist.

„Die Skepsis ist beunruhigend groß“

Bemerkenswert ist, dass die Nordrhein-Westfalen bei der Beurteilung der Langzeitfolgen der Pandemie für den gesellschaftlichen Zusammenhalt pessimistisch er sind als der Bundesschnitt: 55 Prozent der Bürger an Rhein und Ruhr gehen davon aus, dass das Miteinander langfristig beschädigt sein wird, das sind zwei Prozentpunkte mehr als im Bund. Von einer Aussöhnung von Gegnern und Befürwortern der Maßnahmen gehen gerade einmal 34 Prozent der NRW-Bürger aus, im Bund sind es immerhin 39 Prozent.

Ein weiterer beunruhigender Punkt für die Landespolitiker: 51 Prozent der Bürger trauen keiner Partei im Land zu, mit den Problemen in NRW fertig zu werden. „Die Skepsis ist beunruhigend groß“, sagt Thomas Poguntke, Direktor des Instituts für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung an der Universität Düsseldorf. Das Zutrauen, dass die politischen Akteure große Probleme wie die Pandemie bewältigen könnten, sei offenbar bei vielen nicht vorhanden.

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„Die kann auf Dauer die Zustimmung zur Demokratie beschädigen.“ Das gilt Poguntke zufolge auch für die große Herausforderung de s Klimawandels. „Das zeigt sich beispielsweise auch daran, dass es um das Zutrauen der Grünen-Wähler in ihre eigene Partei ja offenbar nicht zum Besten bestellt ist. Die Grünen stehen als Regierungspartei enorm unter Druck, beim Klimawandel auch abzuliefern. Dieser Druck dürfte durch die radikaleren Anhänger der Klimabewegung noch einmal erhöht werden.“

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DAS IST DER „NRW-CHECK“ DER TAGESZEITUNGEN

  • Aktuelle Umfrage: Für den „NRW Check“ befragten die Meinungsforscher von Forsa vom 26. Januar bis zum 2. Februar insgesamt 2006 wahlberechtigte Bürger in NRW.
  • Folgeumfragen: Bis zur Landtagswahl am 15. Mai 2022 werden im März und April/Mai zwei weitere Befragungswellen folgen, in denen neben der „Sonntagsfrage“ und der Zufriedenheit mit der Landesregierung auch die Meinung der Menschen zu den wichtigsten landes- und bundespolitischen Themen erhoben wird.
  • Auftraggeber: Hinter dem „NRW-Check“ stehen 39 Zeitungstitel mit einer täglichen gedruckten Auflage von rund zwei Millionen Exemplaren und einer durchschnittlichen wöchentlichen Gesamtreichweite in gedruckten wie digitalen Angeboten von rund 9,8 Millionen Lesern – unter anderem Ruhr Nachrichten, Hellweger Anzeiger, Dorstener Zeitung, Münsterland Zeitung, Halterner Zeitung und das Medienhaus Bauer.
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