Die Zahl der in Deutschland lebenden Flüchtlinge hat seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 stark zugenommen. Ende vergangenen Jahres lebten hier 2.846.580 Flüchtlinge. Innerhalb eines Jahres war ihre Zahl um rund 1,1 Millionen Menschen gestiegen, wobei alleine 1.005.815 Geflüchtete aus der Ukraine nach Deutschland kamen.
Unter dem Oberbegriff „Flüchtlinge“ oder „Geflüchtete“ fasst die Statistik Menschen mit unterschiedlichen rechtlichen Aufenthalts-Titeln zusammen, also Asylbewerber, anerkannte Asylbewerber, Kontingent-Flüchtlinge, Geduldete und auch Menschen, die sich unerlaubt hier aufhalten.
Interessant dabei: Die Zahl der Menschen, die in Deutschland im Jahr 2022 einen Asylantrag gestellt haben, ist zwar auch gestiegen (gegenüber 2021 um rund 90.000 auf 252.000), aber bei weitem nicht im gleichen Maß wie die Zahl der Geflüchteten insgesamt. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass Geflüchtete aus der Ukraine keinen Asylantrag stellen müssen.
Seit dem starken Anstieg der Flüchtlingszahlen hat sich die gesellschaftliche Diskussion um die Aufnahme von Flüchtlingen weiter aufgeheizt. Viele Städte und Gemeinden sehen sich nicht mehr in der Lage, noch mehr Menschen aufzunehmen und zu versorgen. Bund und Länder streiten sich immer wieder um die Finanzierung der Kosten für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge.
Wenn in dieser Situation dann Geflüchtete mit dem Gesetz in Konflikt geraten und einer Straftat verdächtigt werden, ist der Weg nicht mehr weit, ganze Gruppen von Zugewanderten unter Generalverdacht zu stellen. Umso wichtiger ist es, sich auf die Fakten zu konzentrieren.
Dabei hilft ein Blick auf das „Bundeslagebild Kriminalität im Kontext von Zuwanderung“. Seit 2015 erstellt das Bundeskriminalamt einmal im Jahr ein solches Lagebild. Seit kurzem liegt die Auswertung der Zahlen für das Jahr 2022 vor. Wir fassen an dieser Stelle die zentralen Erkenntnisse zusammen.
In 9 Prozent aller aufgeklärten Fälle gelten Flüchtlinge als tatverdächtig
Zunächst ein Blick auf die Gesamtsituation. Ende 2022 lebten rund 84,4 Millionen Menschen in Deutschland, darunter waren 2.846.585 Flüchtlinge. Das bedeutet einen Flüchtlingsanteil von 3,4 Prozent.
Im Jahr 2022 wurde für 3.003.914 Straftaten (ohne ausländerrechtliche Verstöße wie beispielsweise Verstöße gegen Aufenthaltsvorschriften) ein Verdächtiger oder eine Verdächtige ermittelt.
Der Anteil der aufgeklärten Straftaten, an denen mindestens ein Zuwanderer beteiligt war, lag 2022 laut Bundeslagebild bei 9,0 Prozent – exakt so hoch wie im letzten Vor-Corona-Jahr 2019. Schaut man auf einzelne Delikte ergibt sich ein unterschiedliches Bild. Besonders hohe Werte ergeben sich bei Diebstahl und Straftaten gegen das Leben, geringere Werte bei Sexual- und Rauschgiftdelikten.
57,2 Prozent aller tatverdächtigen Zuwanderer waren jünger als 30 Jahre. Der überwiegende Teil war männlich. Wenn man dagegen auf alle Tatverdächtigen schaut, so liegt der Anteil der unter 30-Jährigen lediglich bei 42,6 Prozent, also deutlich niedriger.
Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass die Zuwanderer im Schnitt deutlich jünger sind als im Altersdurchschnitt der Gesamtbevölkerung. Das bedeutet: Ohnehin wäre zu erwarten, dass tatverdächtige Zuwanderer im Durchschnitt jünger sind als die Tatverdächtigen in der Gesamtbevölkerung.
Der Anteil der aus der Ukraine geflüchteten Menschen an den Tatverdächtigen ist niedrig, denn: 35,3 Prozent aller in Deutschland lebenden Flüchtlinge stammen aus der Ukraine. Der Anteil von Ukrainern an den tatverdächtigen Flüchtlingen liegt allerdings nur bei 6,5 Prozent.
Dabei muss man allerdings auch beachten, dass der Anteil der weiblichen Flüchtlinge aus der Ukraine außerordentlich hoch ist. Er liegt bei 64 Prozent Frauen und nur bei 36 Prozent Männern. Das hängt vor allem damit zusammen, dass wehrdiensttaugliche Männer zwischen 18 und 60 Jahren die Ukraine nicht verlassen dürfen.
Rechnet man die ukrainischen Flüchtlinge heraus, kamen aus allen anderen Ländern dieser Welt insgesamt 1.178.043 Männer und 682.843 Frauen als Flüchtlinge nach Deutschland. Das bedeutet: Hier liegt der weibliche Anteil bei 36,7 und der männliche Anteil bei 63,3 Prozent. Da Männer öfter straffällig werden als Frauen, ist es nachvollziehbar, dass der Anteil von Menschen aus Ländern außerhalb der Ukraine an allen Tatverdächtigen höher ist als in anderen Ländern.
Bei den aus den Maghreb-Staaten (Algerien, Marokko, Tunesien) Geflüchteten verhält es sich genau andersherum. Der Anteil der Tatverdächtigen unter Flüchtlingen aus diesen Ländern ist besonders hoch. Sie machen zwar nur 0,6 Prozent aller Geflüchteten aus, aber ihr Anteil an den tatverdächtigen Flüchtlingen liegt bei 8,5 Prozent.
Bei Zuwanderern aus Georgien verhält es sich ähnlich: 0,6 Prozent Anteil an Geflüchteten, 3,9 Prozent Anteil an tatverdächtigen Geflüchteten.
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Ein Drittel der tatverdächtigen Zuwanderer wird von der Polizei gleich für mehrere Straftaten verantwortlich gemacht, schreibt das Bundeskriminalamt und: „Zuwanderer und Zuwanderinnen aus den Maghreb-Staaten sowie Libyen und Georgien wiesen einen besonders hohen Anteil an Mehrfachtatverdächtigen aus.
55.929 Flüchtlinge wurden Opfer von Straftaten
Das Bundeskriminalamt hat auch festgehalten, wie oft Zuwanderer ihrerseits im Jahr 2022 Opfer von Straftaten werden. Insgesamt zählte das BKA 1.151.908 Opfer. Davon waren 55.929 Flüchtlinge. Das bedeutet einen Flüchtlingsanteil von 4,9 Prozent an allen Opfern von Straftaten. Zum Vergleich die Täterseite: 7,4 Prozent aller Tatverdächtigen waren Zuwanderinnen und Zuwanderer.
Besonders hoch war der Anteil der Zuwanderer unter den Opfern im Bereich Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen mit 10,1 Prozent, besonders niedrig bei Sexualdelikten (2,4 Prozent). Wurde ein Zuwanderer als Opfer einer Straftat registriert, handelte es sich in den meisten Fällen um Körperverletzungsdelikte (74,9 %).
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