Nato-Übung „Air Defender“ startet Bislang normaler Betrieb an NRW-Flughäfen

Nachtflugverbot in Düsseldorf wird aufgeweicht
Lesezeit

Das militärische Großmanöver „Air Defender 23", das am heutigen Montag (12. Juni) startet, hat bisher wenige Auswirkungen auf den zivilen Luftverkehr in Nordrhein-Westfalen haben. „Normaler Betrieb“, meldete der Flughafen Köln/Bonn bis Montagmittag. Auch in Düsseldorf laufe alles planmäßig und ohne Störungen, wie ein Sprecher der dpa sagte.

Eine Prognose für die nächsten Stunden sei aber nicht möglich. „Mit Verspätungen ab den frühen Abendstunden ist aber weiter zu rechnen“, sagte Sprecher Süleymann Ucar auf Anfrage. Reisende sollen sich frühzeitig bei ihrer Fluggesellschaft oder dem Reiseveranstalter über den Flugstatus informieren.

Im Vorfeld hatte das NRW-Verkehrsministerium vor möglichen Folgen für die Flughäfen in NRW gewarnt. Wegen der Sperrung von drei Luftkorridoren über Deutschland kann es in der zivilen Luftfahrt zu Verspätungen kommen. Alle Flughäfen in NRW müssten mit Verschiebungen von Starts und Landungen rechnen. Die Übung, die bis zum 23. Juni andauern soll, fällt außerdem ausgerechnet auf den Start der Sommerferien in NRW. Diese starten am 22. Juni.

Um die Probleme abzumildern, habe das Land Ausnahmeregelungen beschlossen. So dürfen vereinzelt nach Prüfung durch die Flugaufsicht auch trotz der Nachtflugverbote Maschinen in Düsseldorf, Weeze am Niederrhein und Dortmund landen. Voraussetzung ist aber, dass die Verspätungen im Zusammenhang mit der Militärübung stehen.

Die Flughafen Köln/Bonn, Münster/Osnabrück und Paderborn haben keine eingeschränkten Flugzeiten in der Nacht. „Der Landesregierung ist bewusst, dass die Anwohner damit zusätzlichen Lärm hinnehmen müssen“, sagte Krischer. Dabei habe die Landesregierung das öffentliche Interesse der Flugreisenden mit den Interessen der Anwohner abwägen müssen. An dem Sinn der Militärübung gibt es aus Sicht der Landesregierung laut Krischer keine Zweifel.

Mit den Flughäfen sei der Minister sich einig, dass der Betrieb so weit wie möglich ungestört stattfinden müsse, damit sich Verspätungen nicht aufschaukeln. „Aus vielen Gesprächen habe ich aber auch mitgenommen, dass vieles noch unkalkulierbar ist“, sagte Krischer den Abgeordneten.

Air Defender: Einschränkungen so weit wie möglich reduzieren

Am Manöver „Air Defender“ nehmen vom 12. bis zum 23. Juni unter deutscher Führung 25 Nationen und 10 000 Soldaten mit 250 Flugzeugen teil, darunter 70 Maschinen aus Deutschland. Die Nato ist beteiligt. Dabei werden große Luftstreitkräfte verlegt. Die Übungsflüge sollen in drei eng definierten Lufträumen stattfinden, die wochentags jeweils im Wechsel genutzt werden.

Die Übungsflüge sollen in drei eng definierten Lufträumen stattfinden, die wochentags jeweils im Wechsel genutzt werden. Dabei soll ein Übungsraum Ost über Mecklenburg-Vorpommern und der Ostsee jeweils von 10.00 bis 14.00 Uhr als einziger auch für Tiefflüge reserviert sein. Der Raum Süd erstreckt sich von Lechfeld in Bayern nach Rheinland-Pfalz und soll von 13.00 bis 17.00 Uhr genutzt werden, bevor an den Raum Nord über der Nordsee von 16.00 bis 20.00 Uhr abgegeben wird. Passagiere ziviler Flüge können also vor allem in den frühen Morgenstunden sowie am Wochenende auf pünktliche Starts und Landungen hoffen.

Luftwaffen-Generalleutnant Günter Katz hatte zuletzt gesagt, die große Übung über Teilen Deutschlands solle keine schweren Beeinträchtigungen für Passagierflüge zur Folge haben. „Wir sind bemüht, die Einschränkungen so weit wie möglich zu reduzieren“, sagte er.

Luftverkehr: Personal soll aufgestockt werden

Wenige Wochen vor der Luftwaffenübung hat die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) der Einschätzung der Bundeswehr widersprochen, wonach mit keinerlei Flugausfällen zu rechnen sei. „Die Militär-Übung Air Defender wird natürlich massive Auswirkungen auf den Ablauf der zivilen Luftfahrt haben“, sagte GdF-Chef Matthias Maas.

Die Deutsche Flugsicherung will während der Übung ihr Personal aufstocken, verpasste aber Insidern zufolge im Herbst, eine allgemeine Urlaubssperre für die Lotsen zu verhängen. Zum eigentlichen Übungsbetrieb kommen noch Transferflüge von und zu außerhalb gelegenen Stützpunkten hinzu. Letztendlich könne das Manöver daher Auswirkungen auf sämtliche zivile Flughäfen in Deutschland haben, sagen die Kritiker. Wo Militärs üben, müssen die zivilen Maschinen umgeleitet werden - in ohnehin eng besetzte Luftsektoren, die nach und nach ebenfalls volllaufen. „Wo reguliert wird, sind Verspätungen unvermeidlich", sagt ein erfahrener Lotse.

Das Tübinger Analysehaus A3M erwartet für die Flughäfen in Frankfurt und Berlin größere Probleme, weil sie in oder an den Übungsgebieten gelegen sind. Im Laufe des Tages könnten sich Verspätungen bei einzelnen Flugzeugen addieren und so auch an anderen Einsatzorten für Verspätungen sorgen. Auch Ausfälle und Flugverlegungen hält man für möglich.

Kritiker Maas verweist auf ein von der europäischen Flugsicherungsorganisation Eurocontrol errechnetes Szenario, das bis zu 50.000 Verspätungsminuten je Manövertag ausweist. Das entspricht bei rund 10.000 Flugbewegungen einem Tag mit schweren Gewittern und würde deutlich im roten Bereich liegen. Bis zu 100 Flugzeuge könnten unter diesen Bedingungen ihr Umlaufziel zur Nachtschließung diverser Flughäfen nicht erreichen - mit unangenehmen Folgen für Passagiere und Unternehmen, deren Maschinen dann morgens nicht mehr am richtigen Ort starten könnten. Die bundeseigene Flugsicherung bestreitet das mit ihren Daten gefütterte Szenario nicht, verweist aber auf weitere Eurocontrol-Modelle mit deutlich geringeren Auswirkungen.

Keine Entschädigung bei Ausfällen

Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, bestätigte gegenüber der WAZ, dass betroffene Reisende nicht mit Ausgleichszahlungen rechnen können. Als Begründung heißt es, dass die Fluglinien „Air Defender“ als „außerordentlichen Umstand“ werten.

Bei Ausfällen, die in Zusammenhang mit der Übung stehen, „wird die Fluggesellschaft für Ersatzbeförderung sorgen oder – falls gewünscht – den Flugpreis erstatten“, so von Randow. Bei Annullierungen oder Verspätungen sind Airlines eigentlich verpflichtet, in manchen Fällen Unterkunft und Verpflegung zu zahlen.

bani/rej mit dpa

Nato-Übung in Deutschland während Sommerferien-Start: „Massive Auswirkungen auf zivile Luftfahrt“

Das ändert sich im Juni: Fahrgastrechte, Bauförderung, Kulturpass

Urlaubsländer in Europa im Preisvergleich: Wo der Sommerurlaub am günstigsten ist