Nach 110-Kilo-Abnehmerfolg Alissa Springer kämpft um Folge-OPs – Versicherung bleibt stur

Nach großem Abnehmerfolg : Alissa Springer kämpft um Folge-Operationen
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Aus eigener Kraft über 100 Kilo abzunehmen – das gelingt nicht vielen Menschen. Eine, die es geschafft hat, ist Alissa Springer aus Recklinghausen. Die 20-Jährige hat durch Sport und eine Umstellung ihres Essverhaltens den Sprung geschafft und die Zeit, in der sie 164 Kilo bei einer Größe von 1,78 Metern wog, hinter sich gelassen.

Doch was so erfreulich klingt, hat auch Schattenseiten ins Leben der jungen Frau gebracht. Wie wir bereits berichtet haben, leidet Alissa Springer seit ihrem enormen Abnehmerfolg an einer Essstörung. Ihre Magersucht versucht sie aktuell mit therapeutischer Hilfe zu heilen.

Aber noch ein anderes Problem belastet die 20-Jährige: Durch ihren Gewichtsverlust hat ihre Haut an Spannung verloren, sodass an Bauch, Beinen, Rücken und Armen Hautlappen entstanden sind. Außerdem hat sie mit den überschüssigen Kilos auch ihre Oberweite verloren. „Laut den Gutachtern habe ich Körbchengröße Minus A“, erzählt Alissa Springer verlegen.

OP-Kosten sind für Familie nicht stemmbar

Der Körper, in dem sie sich nun endlich wohlfühlen sollte, ist von den vergangenen Jahren gezeichnet. Statt selbstbewusst zu sein, schämt sich die angehende Ergotherapeutin für ihr Äußeres. „Ich war im Sommer nicht einmal im Freibad und auch Jungs möchte ich so nicht kennenlernen“, sagt sie.

Besonders die fehlende Oberweite belaste sie. Früher habe sie selten modische Kleidung in ihrer damaligen Größe XXXXL gefunden, nun verstecke sie gerade ihren Oberkörper oft hinter hochgeschlossenen Shirts.

Ihr Wunsch: eine operative Rekonstruktion der Brust. Doch die Kosten für die Operation müssten Alissa Springer, die in ihrer schulischen Ausbildung kein Gehalt bekommt, und ihre Familie selber tragen – ebenso die Kosten für die Entfernung der überschüssigen Haut an Rücken und Armen. Die Krankenkasse habe den Antrag abgelehnt.

„Das sind 5000 bis 6000 Euro, das können wir als Familie nicht stemmen“, erklärt Uschi Springer, Alissas Mutter. Sie könne nicht verstehen, warum ihre Tochter für ihren Erfolg nicht belohnt werde. „Menschen, die mit einer Magenband-Operation abnehmen, bekommen die Anschluss-OPs auch bezahlt.“

Der Vorher-Nachher-Vergleich: Links ist Alissa Springer aus Recklinghausen mit 164 Kilo Gewicht zu sehen, rechts im Bild ist ein Foto von heute, das sie mit reduziertem Gewicht zeigt
Als Jugendliche wog Alissa 164 Kilo. In anderthalb Jahren hat sie ihr Gewicht auf gut 54 Kilo reduziert. © Privat/Janine Jähnichen

Gutachten verliefen alle erfolglos

Immerhin: Nach einem langen Kampf mit der Krankenkasse sei die Operation der überschüssigen Haut an Bauch und Beinen übernommen worden. 3,5 Kilo Haut hätten die Ärzte allein an ihrem Bauch entfernt, erzählt Alissa Springer.

Doch für die Operationen an Brust, Rücken und Armen fehle die medizinische Notwendigkeit, heißt es. 2021 war der Antrag auf eine Kostenübernahme von der Knappschaft-Bahn-See abgelehnt worden. „Aus sozialmedizinischer Sicht besteht keine ausreichende Begründung für eine medizinische Notwendigkeit zur Durchführung der Eingriffe“, erklärt die Pressestelle der Krankenkasse.

Dem hatte Alissa Springer im Januar 2022 widersprochen und seitdem einen Gutachter gesucht, der die Kostenübernahme befürwortet. Doch bisher erfolglos.

Denn laut Alissa Springer und ihrer Mutter würden die Gutachter lediglich prüfen, ob die junge Recklinghäuserin wegen der Hautlappen an Rückenproblemen oder Hautreizungen leide. Beides sei nicht ausreichend der Fall. Die psychischen Folgen, die ihr veränderter Körper mit sich bringt, würden außer Acht gelassen und der Brustaufbau als Schönheitsoperation angesehen.

Aus der Pressestelle der Knappschaft-Bahn-See heißt es dazu: „Alle Gutachten gelangen zu der Feststellung, dass sich keine medizinische Indikation zur Durchführung der begehrten Straffungsoperation sowie eine

Augmentation der Brüste ergibt.“

„Der letzte Gutachter hat sogar mit uns mitgeweint, aber konnte auch nichts ändern“, erzählt Alissa Springer, die sogar eine Klage beim Sozialgericht Gelsenkirchen eingereicht hatte. Diese hat sie mittlerweile allerdings wieder zurückgezogen.

Besonders ärgerlich: Alissas Bruder, der ebenfalls viel abgenommen hat, habe die Hautstraffungen an Brust, Bauch und Rücken ohne Diskussionen von der Knappschaft-Bahn-See bewilligt bekommen, erzählt Uschi Springer. Sie wolle nun weiter für ihre Tochter kämpfen. Auch wenn ihnen langsam die Ideen ausgehen.

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