Nach Friedensgipfel: Ist Putin der Sieger?

Presseecho fällt skeptisch aus

Nach rund 17 Stunden Verhandlungen stand in Minsk der Friedensplan für das Kriegsgebiet Donbass. Weist er den Weg Richtung Frieden? Oder geht das Blutvergießen mit inzwischen mehr als 5000 Toten weiter? Misstrauen beherrscht die Kommentarspalten. Viele bemängeln auch, dass die Krim gar kein Thema in der Diskussion mehr ist.

BERLIN

13.02.2015, 13:03 Uhr / Lesedauer: 2 min
Nach der Einigung im Ukraine-Konflikt werden die Verhandlungen in der internationalen Presse eher kritisch bewertet. Der russische Präsident Vladimir Putin gilt vielen als der eigentliche Gewinner der Verhandlungen.

Nach der Einigung im Ukraine-Konflikt werden die Verhandlungen in der internationalen Presse eher kritisch bewertet. Der russische Präsident Vladimir Putin gilt vielen als der eigentliche Gewinner der Verhandlungen.

Noch wird geschossen in der Ostukraine, doch ab Samstagabend sollen die Waffen schweigen. Dann zeigt sich, ob die Kämpfer den neuen Friedensplan von Minsk respektieren. Die internationale Presse bewertet das von Kanzlerin Angela Merkel mit ausgehandelte Abkommen überwiegend skeptisch. Kremlchef Wladimir Putin habe seine Interessen durchgesetzt, meinen viele Kommentatoren.

Wenig Euphorie

Die ukrainischsprachige Tageszeitung "Ukraina Moloda" bezweifelt, dass das neue Abkommen den ersehnten dauerhaften Frieden bringt. "Die Antwort lautet aller Wahrscheinlichkeit nach: Nein", schreibt das Blatt. Im wesentlichen werde das schon im September geschlossene und dann ignorierte erste Minsker Abkommen wiederholt. Geendet habe das Ganze in "weiterem Tod und Terroranschlägen auf der leidgeprüften ukrainischen Erde".

Die russische Tageszeitung "Wedomosti" meint, der neue Friedensplan sei für Putin sehr vorteilhaft. "Über die Krim spricht niemand mehr, und auch für den Donbass sind jetzt besondere Bedingungen gesichert." Für den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko sei die Lage schwieriger, denn das Parlament in Kiew könnte etwa die geplante Verfassungsreform verhindern. "Sicher ist dem Präsidenten zudem auch der Vorwurf: den Donbass verraten und übergeben zu haben."

Keiner redet mehr über Krim

Die ukrainische Tageszeitung "Den" bilanziert, das Abkommen von Minsk habe die Instabilität im Donbass "gleichsam eingefroren". Faktisch stimmten die Vereinbarungen mit den Forderungen Putins überein.

Die linksliberale Pariser Tageszeitung "Libération" erklärt den russischen Präsidenten ebenfalls zum "großen Sieger". Putin könne sich freuen, weil das Abkommen praktisch die zuletzt erreichten Bodengewinne der prorussischen Separatisten festschreibe. "Und das Wort "Krim" taucht in dem neuen Text nirgendwo auf."

Ähnlich sieht es die linksgerichtete Zeitung "Pravo" aus Tschechien: "Ohne Russland bewegen sich in der Ukraine in Zukunft nicht einmal die Blätter an den Bäumen - sowohl militärisch als auch politisch." Auf der heimischen Bühne könne der Kremlchef damit weiter Punkte sammeln.

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Die liberal-konservative dänische Tageszeitung "Berlingske" (Kopenhagen) kommentiert, mit der Vereinbarung habe Europa akzeptiert, "dass die europäischen Grenzen verschoben und Gebiete durch den Einsatz von roher militärischer Gewalt eingenommen werden können." Auch die russische Annexion der Krim sei jetzt eine Tatsache, die Europa offenbar akzeptiert hat, und ein sehr großes Gebiet im Osten der Ukraine kommt damit - nicht offiziell, aber real - unter Moskaus Kontrolle."

Kritik an Merkel und Hollande

Die russische Tageszeitung "Moskowski Komsomolez" hinterfragt die Motive Merkels und des französischen Präsidenten Francois Hollande. Mit ihrer Vermittlungsoffensive wollten sich beide selbst "reinwaschen". Dabei hätte das Duo den "ukrainischen Alptraum" schon in seinen Anfängen stoppen können, meint das Blatt. "Auf einen Nobelpreis hat dieses Paar Merkel-Hollande schon sicher keinen moralischen Anspruch mehr."

Die rechtsgerichtete Budapester Tageszeitung „Magyar Nemzet“ zollt Merkel und Hollande dagegen Anerkennung. "Vor allem gilt das für den französischen Präsidenten, der die Initiative übernahm, nachdem sich die deutsche Bundeskanzlerin erst mit Verspätung von ihrem tief verinnerlichten atlantischen Standpunkt gelöst hatte, der sie den Weg aus den Augen verlieren ließ."

Die niederländische Zeitung "de Volkskrant" empfiehlt der EU und den USA, die Sanktionen gegen Russland weiter unverändert in Kraft zu lassen. Eine Aufhebung würde bedeuten, "den Einbrecher, der das Haus mit der Beute verlässt, auch noch zu belohnen". 

Von dpa