„My Fair Lady“ lernt Deutsch für die Einbürgerung Neu gedeutetes Musical unterhält bestens

„My Fair Lady“ lernt Deutsch für die Einbürgerung
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15 Jahre nach „Chess“ hat sich das Essener Aalto-Theater am Samstag mal wieder an ein Musical gewagt: Mit „My Fair Lady“ entschied man sich dort für Frederick Loewes nur so vor eingängigen, vielfach operetten- und revuehaften Melodien sprudelnden Broadway-Klassiker von 1956. Ilaria Lanzinos temporeiche und mit raffinierten Tanzeinlagen (Choreografie: Till Nau) prunkende Inszenierung erzählt dabei eine neue Geschichte.

Eigentlich geht es ja um das mit einer Wette verbundene Experiment, aus dem einfachen Londoner Blumenmädchen Eliza mittels Spracherziehung eine Lady zu machen. Ilaria Lanzino lässt die junge Frau nach Deutschland kommen, wo sie eingebürgert werden will. Sie gerät an den rigorosen Phonetik-Professor Henry Higgins, der ihr hier nun keinen Jargon austreiben, sondern korrektes Deutsch beibringen soll.

Villa und Wartesaal

Der Clou der deutschsprachigen Produktion, der sie zugleich etwas disparat erscheinen lässt, besteht in der Gegenüberstellung der nobel-nostalgischen Welt des im Morgenmantel auftretenden Professors und einem überfüllten grauen Wartesaal einer deutschen Einwanderungsbehörde. Als Eliza dann ihre sprachlichen Fortschritte in der feinen Gesellschaft zeigen soll, trifft sie zugleich auf Briten mit Ferngläsern und extravaganten Hüten beim Pferdederby von Ascot und Wagnerianer mit Flügelhelmen, die sich mit Hojotohos begrüßen.

Die so lange Musical-abstinenten Essener Philharmoniker tragen den Abend unter Tommaso Turchetta mit süffig-eingängigem, rhythmisch flexiblem Spiel. Dazu begeistert die junge Aalto-Sopranistin Mercy Malieloa als Eliza mit leichter, gefälliger Stimme und sympathischer Natürlichkeit.

Starke Hochzeitsszene

Gerry Hungbauer zeigt als Higgins leider zu wenig, dass er auch singen kann. Seine Lieder sind meist nur ein rhythmisches Sprechen – und das oft nicht im Einklang mit dem Orchester. Überzeugender macht das Rainer Maria Röhr als Oberst Pickering.

Karel Martin Ludvik legt mit Tänzern und Aalto-Chor eine starke Hochzeitsszene hin. Als Elizas Vater hat er den leichteren Einbürgerungsweg gewählt: die Heirat mit einer Deutschen.

Termine: 8. / 15. / 19. / 26. 10., 11. / 25. 11., 15. / 20. / 31. 12.2023, 20. / 21. / 28. 1., 3. 2.2024; Karten: Tel. (0201) 812 22 00.

www.theater-essen.de

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